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Jan 20-Mar 09, 2024

Von Anfang an (from the beginning)
Johannes Bendzulla, Ralf Brög, Jakob Forster, Lothar Götz, Toulu Hassani, Tomas Kleiner, Albrecht Schäfer, Jörn Stoya, Emma Talbot

Papierarbeiten können den Betrachter näher an den Künstler und sein Denken heranführen, gewähren oft einen nahezu intimen Einblick in das Schaffen, die Entstehungsprozesse und Annäherungen an Motive. Diese Bandbreite wird in der Ausstellung mit dem Titel ,Von Anfang An (from the beginning)’ gezeigt. Die Auswahl der Künstler und ihre hier gezeigten Arbeiten zeigen verschiedenen Ansätze und Herangehensweisen mit dem Medium Papier.

Papierarbeiten sind bei Emma Talbot Ausgangspunkt für ihre Malereien auf Seide, wie auch für ihre 3-dimensionalen Arbeiten und Animationen. Erinnerte Bilder und Gefühle bringt Talbot täglich zu Papier, wobei sie versucht das Erlebte so genau wie möglich wiederzugeben. Emma spricht von einem ungefilterten Vorgehen bei dem sie ohne Hirarchie und Zensur ihren inneren Bildern folgt. Die entstandenen Zeichnungen werden immer wieder gesichtet und analysiert. Einzelnen Motiven geht sie auf die Spur, um mittels umfangreicher Recherche die aufgetauchten Themen und Zusammenhänge zu vertiefen. Später werden Elemente aus Zeichnungen zu größeren Arbeiten und komplexen Bildgeschichten zusammengefasst.

Jörn Stoya’s neue Arbeiten genannt ,Instrumentals’ reflektieren Verbindungen von künstlerischen Arbeiten über Jahrhunderte und unterschiedlichste Klimazonen und Kulturen hinweg. Die Grundlage der Arbeiten sind japanische Holzschnitte aus dem 18. Jahrhundert, entweder im Original oder als Originalreprint. Diese sind genau wie etwa Radierungen von Albrecht Dürer unlimiert, d.h. der Idee der Verbreitung verpflichtet. Erworben hat Stoya die Drucke von einem Auktionshaus in Michigan. Sie haben also einen ziemlichen Weg, nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich hinter sich. Der Künstler hat diese Papiere in seiner für ihn typischen Art mit leuchtendem und purem Pigment bearbeitet. Er sieht das Resultat eher als eine Art Zusammenarbeit als eine Aneignug. Instrumentals nennt man Musikstücke ohne Sologesang oder Einzelstimme, in denen aber verschiedene Instrumente zusammenerklingen können.

Tomas Kleiner’s Zeichnungen sind oft von Beginn an Begleiter seiner größer angelegten Installationen und performativen Arbeiten. Das Spektrum reicht von eher technischen Planungs- oder Konstruktionsskizzen, zu Materialkollagen bis hin zur freien Struktursuche. Meist sind es poetisch leichte, manchmal humorvolle Arbeiten, die in eigens hergestellten Rahmen präsentiert werden.

Albrecht Schäfer arbeitet seit einigen Jahren mit der vergleichsweise schnellen Technik der Monotypie die als Gegenpol zu seinen Gemälden zu sehen ist, die meist über einen langen Zeitraum hin entstehen. Monotypien sind Abdrucke eines auf einer oder mehrerer Druckplatten gemalten Bildes auf ein Blatt Papier. Wie dunkel und mit welcher Struktur etc. eine Fläche gedruckt wird, hängt von der Zusammensetzung der Farbe, dem Auftrag auf die Platte und deren Oberfläche, dem exakten Druck der Walze, des Druckfilzes, der Feuchtigkeit des Papiers, der Temperatur des Raumes und weiteren Faktoren ab, so dass der Künstler jedesmal vom Ergebnis überrascht ist, obwohl er alle Parameter selbst bestimmen kann. Das Arbeiten wird dadurch maßgeblich zu einem Dialog mit dem eigenwilligen Material und mit der zuweilen sehr widerständigen, analogen Druckerpresse.

Toulu Hassani nutzt die Zeichnung auf Papier um sich ihren arbeits- und zeitintensiven Malereien anzunähern und im Vorfeld oder während des Malprozesses Entscheidungen zu erproben. Die unterschiedlichen Raster, die auch ihren Malereien zu Grunde liegen werden auf Papier getestet, ebenso Richtungswechsel, Auflösung des Rasters und ,Störungen’ anderer Art. In selteneren Fällen, wie hier bei den Arbeiten mit dem Titel above horizon (excerpt) handelt es sich um Papierarbeiten, die von bereits realsierten Arbeiten abgeleitet wurden.

Lothar Götz arbeitet immer auch auf Papier. Das Zeichnen mit Bleistift und Buntstift gehört zu seiner täglichen Arbeit im Studio. In dieser Ausstellung werden erstmalig Studien/Entwürfe zu raumbezogenen Arbeiten im privaten und öffentlichen Raum gezeigt. In 3 Vitrinen werden realisierte Entwürfe aber auch verworfene Zwischenschritte und nicht zur Realsisation gebrachte Projekte zu sehen sein.

Es sind ungewöhnliche Motive die Jakob Forster mit Buntstift zu Papier bringt. So zeigen die Arbeiten der Anti-Aging Serie Blisterverpackungen, wie sie für Schokolade und Pralinen verwendet werden. Wie eine Serie von Gemälden, auf denen Form und Muster von Pappbechern, wie man sie tagtäglich für den Gebrauch von Getränken auf der Straße verwendet dargestellt sind, handelt es sich hierbei ebenfalls um Gefäße. Der Künstler sagt: ,Die Arbeiten der Anti-Aging Serie thematisieren Wertspeicherung künstlerischer Arbeit im Material in Reaktion auf (die Erfahrung von) Energieverlust durch (Lohn-)Arbeit und die damit einhergehende Kompensation mit und Abhängigkeit von Kaffee und Schokolade.’

Bei den Schleifmittel-Zeichnungen von Ralf Brög handelt es sich um eine eigenständige, relativ neue Werkgruppe, die wie seine anderen Werkgruppen einen konzeptionellen Ansatz haben. Das verwendete Malmittel ist traditionelle Ölfarbe, der Grund Schleifpapier oder Schleifgewebe. Die Palette der Schleifpapiere verdankt Ihre Farbigkeit der verwendeten natürlichen oder auch synthetischen Kornwerkstoffe. Ebenfalls festgelegt ist die Größe des Bogenformats (230 x 280 mm). So dass gesagt werden kann, dass die spezifischen Materialeigenschaften des Bildträgers zu spezifischen Qualitäten der Serie werden.
Wenn Brög nun von Zeichnung spricht und nicht von Malerei, könnte es damit zu tun haben, dass das Dargestellte als skulpturale oder objektorientierte Ideen in noch unbestimmtem Umfeld zu lesen ist. Dabei wirkt der monochrome Schleifmittel-Raum als Verweis auf konkreten, materialisierten Raum im Unterschied zum illusionistischen Bildraum der Malerei.

Bei Johannes Bendzulla’s Bildobjekten und Papierarbeiten wird die Frage aufgeworfen, ob das Bildmotiv wirklich real, beispielsweise ein Blatt Papier ist, oder ob es sich um eine perfekt gedruckte Abbildung einer Papierstruktur handelt? Der Künstler interessiert sich besonders für die Verschränkung von grundlegenden analogen Medien mit digitalen Bildstrategien. Vor allem Zeichnung und Malerei sind dabei von Bedeutung. Leinwand und Farbe, Papier und Bleistift, die Konventionen des Tafelbilds und des gerahmten Blattes – all das bildet sein Grundvokabular, welches dann mit „unmöglichen” bzw „unrealistischen” digitalen Eingriffen verfremdet wird. So verwischt er die Grenzen zwischen analoger und computergenerierter, mathematischer Bildästhetik.
Trompe L’oeil basierte Strategien verwendet Bendzulla ebenfalls häufig, weil das Spiel mit der „Täuschung” und „Ent-Täuschung” der BetrachterInnen für ihn fundamentale Fragen der Weltwahrnehmung berührt.