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Die Malerin Anne Kern und die Bildhauerin Ursula Güttsches stellen gemeinsam in der galerie drei aus

Die erste Ausstellung der Dresdner Sezession 89 im neuen Jahrzehnt widmet sich mit einem Wortspiel als Titel - „GesteinsArt" - dem Schaffen zweier junger Künstlerinnen, die sich der Poesie und Materialwertigkeit von Stein verschrieben haben, die aber nicht geologischen Formationen auf der Spur sind, sondern jede auf ihre Weise mit Gestein umzugehen weiß. Die Malerin Anne Kern und die Bildhauerin Ursula Güttsches hatten sich unabhängig voneinander für eine Ausstellung in der galerie drei beworben. Sie kennen und schätzen sich, und nun führte die glückliche Hand der Ausstellungskommission beide zusammen.

Anne Kern (Jg. 1981) ist eine Malerin. Für die in der Sächsischen Schweiz Aufgewachsene gehören das Naturerlebnis, der Sandsteinfels ganz einfach zu ihrer Biografie dazu. „Die Zurückgezogenheit in der Natur empfinde ich als Bereicherung und Freiheit. Es ist eine Sehnsucht nach Stille und Ruhe in einer Zeit der Schnelllebigkeit und Hektik. Ich denke, dass meine Bilder etwas von diesem Gefühl, dieser Sehnsucht vermitteln. Sie sind aus der Zeit gefallen, entrückt, seltsam still und verlassen", schrieb sie in einem Statement zu ihrer Diplomausstellung mit dem Titel „Kernzone". In Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst galt sie als Exotin. Das Malen nach Fotografien gehört dort zum guten Ton. Man ergötzte sich daran, dass Anne Kern der alten Schule frönte und sich mit Leinwänden in die Natur stellte und malte, indem sie Licht, Farben, Stimmung unmittelbar aufnahm und verarbeitete. Sie hat die wechselnden Tages- und Jahreszeiten in sich aufgesogen - Wärme und Kälte, die verwirrenden Spiele des Sonnenlichts erlebt, nasskalte nebulöse Fata Morganen, die mannigfaltig schön gebrochenen Farben von Baumrinden, Asten, Laub und Dickicht beobachtet und dabei das Verwandeln, das Werden, Wachsen und Vergehen, den geheimen Kreis von Naturereignissen studiert. Und sie hat gespürt, dass die Veränderungen in der Natur auch mit wechselnden psychischen Stimmungslagen der menschlichen Seele gleichzusetzen sind.

Die Arbeiten haben dennoch nichts Beschönigendes einer verklärenden Naturseligkeit an sich. Sie verraten eine sensible Beobachtungsgabe und geben atmosphärische Erscheinungen wieder, wobei sich die Ursprünglichkeit einer Freiluftmalerei mit der Widerspiegelung innerer Visionen verbindet. Ursula Güttsches fasziniert der „skulpturale Blick" der Künstlerin, der besonders auf den Kohlezeichnungen zum Tragen kommt. So wie sie die Kohlestifte benutzt, könnte man meinen, es handle sich um Frottagen von Gesteinsoberflächen. Jedoch weit gefehlt. Der Fels wächst unter ihren Fingern zu einem lebendigen Wesen, das wandelbar bleibt.

Beeindruckend auch, wie sie die horizontalen Gesteinstrennungen mit den Vertikalen von Baumgruppen verbindet. Die Farbigkeit ist mystisch dunkel mit Lichtern von Sonne und Gestein durchsetzt.

Ursula Güttsches (Jg. 1971), die geborene Rheinländerin, kam 1996 nach Dresden, um nach absolviertem Grafikdesignstudium endlich „figürliche Bildhauerei" zu studieren. Ein Auslandssemester in England führte sie bereits in die freie Grafik. Dort erkannte man ihr Talent für das Dreidimensionale und schickte sie einfach zu den Bildhauern. Sie bearbeitete ihren ersten Stein und goss ihre erste Bronzeskulptur. In Dresden angekommen, nahm sich ihrer, die ganz unter dem Einfluss von Alberto Giacometti arbeitete, Prof. Helmut Heinze an und nach dessen Emeritierung Prof. Detlef Reinemer. Seit 1999 ist sie dem sächsischen Sandstein verfallen.

Auf einer Reise nach Malta kam sie in Berührung mit prähistorischen Idolen. Diese Formkultur prägte sich ihr ein, und sie erinnerte sich auch der Erfahrungen, die sie in England machte, als ihre Hände erstmals in Berührung mit Sandstein kamen. Die Formkultur füllte sich mit Volumina und schwellenden, weiblichen Rundungen. Das ausgezehrte, vergeistigte in die Höhe Streben eines Giacometti löste irdische, archaische Verwurzeltheit ab, ein harmonisch-symmetrisches Insichruhen ewiger, anonymer Fruchtbarkeit, einer Mutterfigur, die die Welt zusammenhält, der sie als literarische Person in dem Buch „Früchte des Zorns" von John Steinbeck begegnete. Manchmal bedient sie sich in der Titelgebung der Sternenwelt oder greift auf Personen der Mythologie zurück, oftmals sind es poetische Eigenschöpfungen mit mehrdeutigem Assoziationsgehalt. Ihre Skulpturen leben vom Wechselspiel glatter und rauer Flächen, von bearbeiteten und unbearbeiteten Flächen, von geschliffenen Wölbungen und schrundigen Werkzeugspuren, vom Wechselspiel realistischer Details, archaischer Abstraktion und kubischem Minimalismus. Ursula Güttsches arbeitet oft nach Modell, geht von aus Platten gearbeiteten Keramikfiguren aus. Von großer Sinnlichkeit ist, dass sie natürliche Einschlüsse im Stein verstärkt und unterstreicht und aufnimmt für Einzeichnungen mit Grafit und Pigmenten.

(Karin Weber)

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Ursula Güttsches / Anne Kern
GesteinsArt