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Vor der Kamera entfaltet der Mensch seine zweite Natur Marco Ambrosi gehört nicht zu den Fotografen, die mit versteckter Kamera die Nachtseite der bürgerlichen Gesellschaft absuchen, um uns mit ausgesuchten Kuriositäten zu verblüffen. Der aus Verona stammende italienische Fotograf setzt vielmehr auf ästhetische Inszenierung einzelner Personen. Die Galeria Awangardowa in Breslau widmet nun, vom 14. bis zum 28 Februar, dem bekannten Fotografen eine umfangreiche Einzelpräsentation seiner Porträtserie von afrikanischen Emigranten aus Verona. Die Bilder sind gewissermaßen ein visueller Essay über die Begegnung zweier Kulturen. Der europäischen und der afrikanischen. Ambrosi präsentiert farbige Imigranten, die bereits in der Geburtsstadt des Künstlers (Verona) assimiliert sind, indem er sie aus ihrem soziologischen Kontext herausnimmt. Er zeigt sie nicht bei der Arbeit oder in ihrem häuslichen Umfeld. Auch nicht bei alltäglichen Verrichtungen, wie kochen und essen sowie Freizeitaktivitäten. Ihre Kultur bewahrend, sitzen die Imigranten aus Nigeria oder Ghana in einer für europäische Tradition bekannten Pose im Atelier des Fotografen, und lassen sich ablichten. Nacheinander stellen sich die farbigen Bewohner von Verona ins Rampenlicht. Dabei spielt das Alter und das Geschlecht keine Rolle. Kleine Kinder werden in einen eleganten Smoking gekleidet, Frauen mit typisch für die afrikanische Kultur gekleideten Kostümen posieren vor der Kamera und Männer in Anzügen aus Tigerfell setzen sich in Szene. Einige haben ein künstliches lächeln für den Fotografen aufgelegt, andere wiederum zeigen sich natürlich und leger im Sessel liegend.

Die Thematik verblüfft. Afrikaner die in Italien leben. Die Frage, ob man sich als Afrikaner seine Kultur und Identität bewahrt, drängt sich gewissermaßen auf. Bei Ambrosi wirken die Menschen, als ob es eine Identität zwischen den Welten gäbe. Weder in der einen noch in der anderen Kultur behaftet, schlagen sie eine kulturelle Brücke zwischen beiden, wie so viele andere die fern ihrer Heimat leben. Nur das es bei der afrikanischen Kultur letztendlich schwieriger ist, denn die Gegensätze scheinen hier noch stark zu sein als beispielsweise innerhalb Europa.

Geboren wurde Ambrosi 1959 in Verona. Mit Anfang zwanzig begann er sich für das Medium Fotografie zu interessieren. Nach den anfänglichen Architekturaufnahmen konzentrierte Ambrosi sich zunehmend auf Still-leben die er dann digital bearbeitete. Dies holte ihm im Laufe seines Werdegangs Aufträge bekannter italienischer Werbeagenturen ein. So machte er Bilder für die Firmen Honda, Stefanel, Zanussi, Opel und Phillips. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Porträts der Stadtbewohner Veronas außergewöhnlich modern, als ob sie italienischen Modemagazinen entnommen wären. Gestoßen ist er durch Zufall auf seine Modelle. Gegenüber seinem Atelier in einer Kirche treffen sich regelmäßig Aussiedler aus Südafrika um am Wochenende gemeinsam zu beten, zu singen und zu tanzen. Einige Zeit beobachtete Ambrosi die Zeremonien, die sich in seiner Nähe abspielten bis er schließlich selbst interessiert daran teilnahm. Zuerst entstanden einige Porträts im Interieur der Kirche. Dann fragte der Fotograf einige ob sie gern Porträtaufnahmen von sich im Atelier machen würden.

Mit einer einzigen Requisite, einem alten stilistischen Sessel, setzt er seine Modelle in den Mittelpunkt. Durch die Art wie die Personen sich in dem Sessel präsentieren, ihre Posen, Kleidung als auch Gesichtsausdruck bringt Ambrosi ihre individuellen Züge zum Vorschein. Die Porträts sind kein Fragment einer bestimmten Gesellschaftsgruppe. Hinter den Gesichtern die Ambrosi für uns einfängt, sehen wir etwas, was für den Fotografen nicht manipulierbar ist, die eigene Identität eines Einzelnen. So stellte schon Diane Arbus, die bekannte Porträtfotografin, treffend fest „ „Mit unserer äußeren Erscheinung geben wir der Welt gewissermaßen ein Zeichen damit sie in gewisserweise von uns denkt. Aber da ist immer eine Differenz zwischen dem, was man über sich mitteilen möchte, und dem was man unwillkürlich von sich preisgibt.“

Berenika Partum

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Marco Ambrosi
Porträts in Schwarz
Ort: Galeria Awangarda