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Eröffnung am Freitag, den 26. August 2016, um 19 Uhr Es spricht Dr. Tobias Hoffman, Direktor am Bröhan-Museum Berlin

Die Berliner Künstlerin Linde Burkhardt entwickelt in den Räumlichkeiten der Kienzle Art Foundation eine höchst interessante Parallele zum Vorgehen der Archäologen, der Theatermacher, Comic-Zeichner und Psychodramatiker.

Rein formal betrachtet, kehrt sie das Verfahren der zeitgenössischen Literatur-Comics um, in dem Romanvorlagen, das heißt komplexe Erzählungen, in Bildvisionen umgesetzt werden. Zu einem Teil reagieren die Literatur-Comics auf die allgemeine Erfahrung, die mit der Verfilmung von Romanen gemacht wird. Immer häufiger wird geäußert, dass die Verfilmung einer Erzählung deren Wirkung beschneide, weil durch das real life-Agieren die Phantasie des Lesers eingeschränkt werde. (Phantasie entspricht der Fähigkeit zur Hypothesenbildung, siehe oben.) Der Literatur-Comic vermeidet diese Einschränkung, indem er zwischen den einzelnen Bildern genügend Raum für schweifende Phantasien des Leserbetrachters bewusst offen lässt. Linde Burkhardt will die Räume zwischen den einzelnen Bildfeldern auf antik-griechischen Vasen mit ihren Mädchendarstellungen zu neuen Assoziationsfeldern erweitern. Sie lässt Figuren aus den zweidimensionalen Darstellungen aussteigen. Der Ausstieg aus dem Bilde wird aber nicht in eine Erzählung übersetzt, sondern eben in einen Wechsel der Modalität. Aus zweidimensionalem wird dreidimensionales Geschehen, für das es aber keine definierte erzählerische Vorlage gibt. Vielmehr muss der Ausstieg aus dem Bild, die Erweiterung des Bildes zu einem realen environment, in einer Vielzahl von Zuordnungen der aus dem Bilde gestiegenen Figuren erfolgen. Diese treten in immer erneute, experimentell entwickelte Beziehungen zueinander; die dabei entstehenden Gruppen können vom Betrachter auch als psychologische Beziehungsgefüge interpretiert und durch die Interpretation zu immer weiter gehenden Konstellationen gefügt werden.