Juul Kraijer + Jitka Hanzlová

Juul Kraijers Zeichnungen zeigen Bilder die unserer alltäglichen Erfahrungswelt so gar nicht zu entsprechen scheinen und die ob dieser Fremdartigkeit irritieren. Die Künstlerin zeichnet weibliche Gestalten, deren Körper auf dem Papier seltsame Metamorphosen erleben. Eine junge Frau, unbekleidet und von zwei Händen gehalten, ist über und über mit kleinen Fröschen bedeckt. Im Kopfprofil dargestellt ist eine andere junge Frau, die in ihrem Haar das Geäst eines Laubwaldes trägt, in dem kleine Vögel an kokonartig geformten Nestern hängen. Diese subtilen Zeichnungen entstehen auf Büttenpapier mit Kohle oder Pastell, mitunter ergänzt durch farbige Tusche. Im Kompositionsprozess wird eine Linienführung durchaus mehrfach überarbeitet oder durch die Hinzusetzung einer Schattierung kontrastiert. Die weichen Konturen der Zeichnungen verstärken den beinahe immateriellen Charakter der Dargestellten. Manchen dieser weiblichen Wesen ist eine Anmut zu eigen, die altmeisterliche Mariendarstellungen assoziieren lässt. Andere wiederum vermitteln eine Kraft, deren Ausdruck geradezu dämonisch erscheint. Der Ratio des Betrachters verweigern sich diese rätselhaften Bilder, die vielmehr auf die intimsten Empfindungen von Seele und Körper zu zielen vermögen. Ohne jegliche Koordinaten in Zeit und Raum, gestaltet die Künstlerin die sinnliche Thematik ihrer Zeichnungen in einer zeitlosen Universalität.

1970 geb. in Assen/NL, 1989-1994 Academie voor Beeldende Kunsten, Rotterdam. Ausst. u.a. 1998 Unisono 6, Stedelijk Museum, Schiedam (E), 2001 Recent Acquisitions in The Department of Drawing, Museum of Modern Art, New York; Kabinet over Holland, Stedelijk Museum, Amsterdam (E), 2002 Contemporary Art from the Netherlands, Europäische Zentralbank, Frankfurt a.M., 2003 Het oog van de vrouw, Slot Zeist & De Vishal, Haarlem (K), 2004 Il Bello e le Bestie. Del divenire animale, Museo di Arte Moderna e Contemporanea, Rovereto (K); Cobra Museum voor Moderne Kunst, Amstelveen (E), 2005 Slow Art. Zeitgenössische Kunst aus den Niederlanden und Flandern, Museum Kunstpalast, Düsseldorf. Lebt in Rotterdam.

Jitka Hanzlová hat für ihre Ausstellung im Kunstverein Arnsberg neuzehn Arbeiten aus der zwischen 1997 und 2000 entstandenen Projektserie Female ausgewählt. Die kleinen, hochformatigen Farbfotografien zeigen Mädchen und Frauen verschiedener Altersstufen und Nationalitäten als Halb- oder Dreiviertelfigur. Die Künstlerin ist den unterschiedlichen Persönlichkeiten, deren Gesichter sie faszinierten, zumeist zufällig begegnet. Um die Erlaubnis gebeten, haben sie sich bereit erklärt, der ihnen fremden Frau für einen Moment Porträt zu stehen. Sie haben ganz unterschiedliche Haltungen eingenommen und ihr Gesichtsausdruck variiert zwischen Unsicherheit und ungebrochener Lebensbejahung. Doch allen gemeinsam ist der im Grunde vertrauende Blick, der einen einfühlsamen und respektvollen Umgang der Fotografin mit ihren Modellen voraussetzen lassen kann. Entstanden sind beindruckende Porträts individueller, intensiver Weiblichkeit. Die sozialen Bindungen der ausgewählten Personen sind dabei für die Bilder ohne Bedeutung, die Titel benennen allein den Vornamen der jeweils Abgebildeten und auch der Ort der Aufnahme bleibt im engen Ausschnitt des Hintergrundes weitgehend neutral. Das eigentliche Interesse der Künstlerin galt der Darstellung der ursprünglichen Emotionalität dieser Frauen und ist es ihr gelungen diese als ein Moment weiblicher Schönheit zu authentisieren.

1958 geb. in Náchod/CR, 1983 Asyl in Deutschland, 1987-94 Studium Kommunikationsdesign/Fotografie Universität/GH Essen. Ausst. u.a. 1996 Manifesta I, Europäische Biennale, Museum Chabot, Rotterdam (K), 1998 Portrait, National Technical Museum, Prag, 2000 bewohner, Fotomuseum Winterthur (E,K); Female, Deichtorhallen, Hamburg u. 2001 Stedelijk Museum, Amsterdam (E,K); Instant City, Museo Pecci, Prato (K), 2002 Contemporary Art Project, Seattle Art Museum (K), 2003 Citibank Photography Prize, The Photographer's Gallery, London, Kunstpalast Düsseldorf u. Madrid (K), 2004 Die Welt als Ganzes, Centro de la Imagen, Mexico City (K), European Eyes on Japan, Prefectural Gallery, Kanagawa (K). Lebt in Essen.

Juul Kraijer + Jitka Hanzlová
Kuratorin: Dagmar Behr