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TelcomGallery ist ein ironischer Vorschlag, wie Kunst mittels kommerzieller Telekommunikationsstrategien verkauft werden könnte. Videoszenen, die an berühmte Gemälde angelehnt sind, können auf einem Screen aktiviert werden, indem mit dem eigenen Mobiltelefon eine kostenpflichtige Nummer gewählt wird. Das Mobiltelefon dient auch als Fernbedienung und als Kopfhörer für die Klangspur des Videos. Zudem erkennt das System eingehende Audiosignale, was einen Einfluss auf die Videoszenen haben kann. Rückrufe oder SMS erinnern Stunden oder Tage später an das Kunsterlebnis.

Wie Gemälde in einer Ausstellung werden auf einem Flachbildschirm Videobilder gezeigt. Die Szenen werden aber nicht einfach abgespielt, sondern müssen per Mobiltelefon von den BesucherInnen über eine gebührenpflichtige Telefonnummer abgerufen werden. Die Aufforderung hierzu und die entsprechende Telefonnummer sind auf dem sich im Ruhezustand befindlichen Standby-Loop, der die TelcomGallery kurz vorstellt, eingeblendet. Der grafisch animierte Auftritt wirkt museal dezent, hat aber auch etwas Reisserisch-Kommerzielles und präsentiert sich, als ob es nie eine andere Verkaufstrategie für Kunst gegeben hätte. Erfolgt ein Anruf, wird die BesucherIn auf dem Bildschirm schriftlich und hörbar über das Mobiltelefon bei der TelcomGallery willkommen geheissen. Auf dem Telefon sind per Tastendruck sämtliche Szenen anwählbar (z.B.„Für das Bild Des Malers Inspiration, drücken Sie nun bitte die Taste 1“). Ausserdem kann die Sprache gewählt werden, in der die Besucher/innen über die Anrufgebühren informiert werden und Angaben zu Interaktionsmöglichkeiten erhalten.

Im Anschluss werden auf Video nachgestellte Aufnahmen bekannter Gemälde eingeblendet. Geschichtliche oder mythologische Hintergründe, Symbolik sowie der sozio-politische Kontext werden durch subtile Andeutungen aber auch durch komische Inszenierungen eingebracht. Durch minimale Aktionen wird der Inhalt der Bilder mit audiovisuellen Mitteln erweitert und mediengerecht unterhaltsam gemacht, ohne jedoch das Statische des Momentes der Malerei zu verlassen.

Die Interaktion der UserInnen entsteht somit durch ihre Ausdauer – die Dauer ihres Anrufes. Zudem wird das per Mobiltelefon übermittelte Audiosignal in einigen Szenen interpretiert und kann diese in abstrakter Form beeinflussen. Das System kann ausserdem die Nummern der Anrufenden speichern und für unerwartete Rückrufe der Gemälde sorgen, die sie besucht haben.

Über das Mobiltelefon sind die zur jeweiligen Videosequenz gehörigen Geräusche und Sounds zu vernehmen. Auch hier bleibt der gestalterische Umgang zurückhaltend. Das Mobiltelefon mit der typischen schlechten Tonqualität wird als audiovisuelles Mittel eingebunden.

Die Probleme beim Verkauf von Videokunst sind hinlänglich bekannt. TelcomGallery macht einen konkret zu verstehenden Vorschlag, Videoarbeiten mit Telecom-Verkaufstrategien zu verkaufen. Durch die eigenartig unsinnliche Situation – Kunst durch das Wählen von Nummern auszuwählen und pro Minute zu bezahlen – wird aber auch ironisch der Verkauf von Kunst per se hinterfragt. Die gezeigten Videosequenzen sind sehr statisch – sind mehr Gemälde als Filmszenen. Sie erzählen weder Geschichten noch weisen sie einen hohen Gehalt an Ereignissen auf, wodurch sie sich nicht für potentielle Vermarktungsstrategien von Film und Fernsehen eignen würden. Es werden bekannte Kunstwerke nachgestellt, um den Wortbestandteil „-kunst“ in „Videokunst“ zu unterstreichen und einen Bezug zur gängigen Galerienwelt zu schaffen.

KONZEPT, SZENENENTWICKLUNG, BILDGESTALTUNG, INTERAKTION: Jan Torpus REGIE, SZENENENTWICKLUNG: Nils Torpus AUDIODESIGN: Niki Neecke TELEKOMMUNIKATION, INTERAKTION: Universität Basel, Abteilung Informatik Prof. Dr. Helmar Burkhart, Martin Guggisberg, Phoung Nguyen, Florian Müller, Dominik Werthmüller, Lukas Hofstetter BELEUCHTUNG: Christa Wenger BÜHNE UND KOSTÜM: Heidy-Jo Wenger MASKE: Angelika Walthert SCHAUSPIELERISCHE INTERPRETATION: Thomas Hostettler, Nils Torpus, Herwig Ursin, Gisela Weibel MIT UNTERSTÜTZUNG VON: SiteMapping (Bundesamt für Kultur), Fachausschuss für Audiovision und Multimedia BS/BL, GGG Basel, Migros-Kulturprozent

Jan Torpus hat in den letzten Jahren mit technologisch hochentwickelten und ästhetisch ausgereiften interaktiven Arbeiten auf sich aufmerksam gemacht. In seiner Videoinstallation affective cinema (2001/02) steuerten die mittels eines Hautwiderstands-Sensors gemessenen Emotionen des Zuschauers Bild- und Klang-Veränderungen des Videos. Sein augmented reality-Projekt lifeclipper fand international Beachtung (u.a. Berichte in BBC, El Pais, La Liberation). In der Ausstellung im [plug.in] kann man sich an Dokumentations-Stationen auch über diese Arbeiten informieren.

[plug.in] mit TelcomGallery zu Gast an der Liste Young Art Fair, Warteckareal Basel 13.6.-18.6. Künstlergespräch im [plug.in], 29. Juni 20 Uhr

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Jan Torpus: TelcomGallery