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Betrachtet man Gerben Mulders neuste Arbeiten, lassen sich zweifellos Bezüge zu James Ensors Symbolismus sowie zu bestimmten Werken von Munch herstellen. Gleichzeitig fühlt man sich an ältere Vorlagen wie Bosch und Breughel erinnert — als hielte man eine Lupe auf die kleinteiligen Bilder der eben genannten und entdeckt eine bis dahin unbeachtete Nebenszene. In der Vergrößerung erscheinen die dargestellten Szenen wie Ausschnitte eines fremden Traumes oder auch wie das Wahnbild eines halluzinatorischen Tagtraums. Diese traumhaft erscheinenden Sequenzen entwirft Mulder mit einer heiter grausigen Symbolik, deren Motive antiquiert und kindlich wirken. Besonders den sehr lieblich und naiv anmutenden Figuren verleit er eine groteske und latent Grauen erweckende Kraft. Sie akzeptieren ihre Deformationen als Grundbedingung ihrer Existenz und entwickeln nach kurzer Zeit des Betrachtens ein Eigenleben gleich einer perfekten, animierten Puppe.

Die Bilder lassen an E.T.A. Hoffmanns fantastische Erzählungen denken, deren Leser wie der Bertachter von Mulders Bildern immer im Unklaren bleibt, ob es sich bei dem erschreckenden Ereignis um eine Halluzination, einen inneren, geistigen Zustand des Protagonisten oder um ein äußeres Erleben handelt. Diese Frage wird in Gerben Mulders Bildern nicht aufgelöst. Sie scheinen zu postulieren, dass es diesen Unterschied zwischen dem Innen und dem Außen nicht gibt, stattdessen bewegen sie sich in einem oszillierenden Zustand.

Auffallend ist, das alle Figuren die selben Augen tragen, die auf den ersten flüchtigen Blick aufgesetzt wirken, fast wie eine Brille. Dem Topos, die Augen seien ein Spiegel der menschlichen Seele kommt in Mulders Bilder eine eigenartige Bedeutung zu — denn es handelt sich bei diesen Augen immer um die Augen des Künstlers selbst. Es geht Mulder aber weniger darum, die eigenen Augen einem Anderen zu leihen, als darum, sein eigenes Wahrnehmungsspektrum zu vergrößern. Die Arbeiten beschreiben zum Teil schizophrene Zustände, die jeder aus seinen Träumen kennt: ein Anderer, ein Kind, ein Tier, ein Mann, eine Frau oder einfach irgendein undefinierbares Wesen zu sein, ausgestattet mit den eigenen Augen als Sinnesorgan, welche in Selbstbeobachtung auf den Traum blicken.

Betrachtet man diese Augen für eine Weile, gewinnt man den Eindruck, als würde jemand — in diesem Falle der Künstler selbst — von hinten durch ausgeschnittene Augenhöhlen hindurch sehen — wie durch einen Pappkameraden auf dem Rummelplatz, wo man sich in der Rolle eines Cowboy ablichten lässt. Die Augen in Mulders Bildern ändern sich nicht, als stilistische Konstanten bestätigen sie einen Moment des Realen im traumhaften Zustand.

Diese zumeist kindlich wirkenden Figuren mit ihren weit aufgerissenen Augen entwickeln eine eigenständige Kraft, die zweifellos etwas Unbewusstes, aber auch Übermenschliches hat. Als Wächter des ‘verlorenen Schatzes’ sind sie Überleiter in eine andere Welt, die immer auch in uns ist.

Pressetext

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Gerben Mulder: Lost Treasures