KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Berlin

KINDL – ZENTRUM FÜR ZEITGENÖSSISCHE KUNST | Am Sudhaus 2
12053 Berlin

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Etel Adnan & Simone Fattal
Voices without borders
27. August 2023 – 1. Januar 2024
Eröffnung am 26. August 2023, 18 – 21 Uhr

Voices without borders ist ein intimer Dialog zwischen den Künstlerinnen Etel Adnan und Simone Fattal, zwei bedeutenden Stimmen der arabischen Welt. Die Ausstellung im KINDL reflektiert die Multidisziplinarität im individuellen und gemeinsamen Œuvre der beiden Künstlerinnen und gibt Einblicke in das künstlerische und literarische Werk der Lebenspartnerinnen. Der Titel der Ausstellung, Voices without borders, spiegelt ihre gemeinsame, tiefe Beziehung zur Literatur. Mit Adnan und Fattal präsentiert das KINDL Komplizinnen im feministischen, politischen und künstlerischen Engagement, die mit Sinn für Radikalität und im Glauben an die Kraft der Worte wirkten. Die Ausstellung konstelliert erstmals umfänglich Gemälde, Leporellos, Tapisserien, Grafiken und Skulpturen der beiden Künstler*innen. Leben und Werk der beiden „Universalgelehrten“ werden außerdem in einem Schaukasten zu Fattals Verlag The Post-Apollo Press sowie in zwei Dokumentarfilmen von Marie Regan und Deena Charara unter der Mitwirkung von Etel Adnan im M1 VideoSpace beleuchtet.

Etel Adnan (1925 in Beirut – 2021 in Paris) war Dichterin, Malerin und Philosophin und ist eine wichtige Figur der arabischen Moderne. Ihr Leben war von der Kindheit in einer multikulturellen Familie und später, als Philosophiestudentin im Libanon, in Paris und der San Francisco Bay Area, auch von Reisen, vor allem nach Mexiko und Nordafrika, geprägt. Seit ihrer Kindheit war sie fasziniert vom Schreiben und der Poesie. Ab 1952 lehrte sie für zwanzig Jahre Philosophie am Dominican College in San Rafael in Kalifornien, wo sie das Medium der Malerei für sich entdeckte. Der Berg Tamalpais, den sie dort von ihrer Wohnung aus sehen konnte, wurde schnell zu ihrem Hauptmotiv. Zeitlebens versuchte sie sein Wesen in ihrer Malerei zu fassen und umkreiste dieses Thema in ihrer Literatur und Malerei in unendlichen Variationen. Die Grenzen zwischen Sprache und Malerei wurden für sie immer durchlässiger und als Reaktion auf den Algerienkrieg löste sie sich von der Sprache der Kolonialmacht Frankreich: „Ich musste nicht mehr auf Französisch schreiben, ich malte einfach auf Arabisch.“ Im Medium des Leporellos bringt Adnan Malerei, Kalligraphie und Dichtung unmittelbar zusammen und im Buch Arabische Apokalypse lässt sie grafische Zeichen direkt in den literarischen Textverlauf einfließen. Ein weiteres in der Ausstellung verhandeltes Thema ist die Bedeutung des Weltraums und der Raumfahrt im Denken und Arbeiten von Etel Adnan.

1972 lernten Etel Adnan und Simone Fattal sich in Beirut kennen und gingen eine lebenslange Partnerschaft ein. 1980 verließen die beiden das Land aufgrund des Libanesischen Bürgerkriegs und zogen nach Kalifornien.

Simone Fattal (* 1942 in Damaskus, lebt in Paris) ist Künstlerin, Übersetzerin und Verlegerin und bewegt sich zeitlebens zwischen Malerei, Bildhauerei und Poesie. Aufgewachsen in Beirut, studierte sie Philosophie an der Sorbonne in Paris, bevor sie in den Libanon zurückkehrte, wo ihre Bilder in zahlreichen Ausstellungen gezeigt wurden. 1982 gründete Fattal den Verlag The Post-Apollo Press, um Etel Adnans Roman Sitt Marie Rose zu veröffentlichen, den diese 1978 als Reaktion auf die Schrecken des Bürgerkriegs schrieb – heute ein Klassiker der Antikriegsliteratur. Mit The Post-Apollo Press wurde sie zu einer wichtigsten Förder*innen zeitgenössischer Poesie. Zwischen 1982 und 2018 veröffentlichte sie über 60 Werke von Autorinnen und Dichterinnen aus der arabischen Welt, aus den USA und Europa. Ursprünglich im Medium der Malerei zuhause, näherte sich Fattal in Kalifornien der Bildhauerei an und entwickelte ein reiches Werk von Keramikskulpturen, Drucken und Collagen mit Bezügen u.a. zur sumerischen Mythologie, zur altägyptischen Formensprache und zur Philosophie.

Im Kontext der ersten umfassenden monografischen Ausstellungen zum Werk von Etel Adnan in Deutschland erarbeiteten das Lenbachhaus in München und die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, in Kooperation mit dem KINDL eine umfassende Publikation zum Werk von Etel Adnan, mit Beiträgen u. a. von Sébastien Delot und Simone Fattal, hrsg. von Sébastien Delot, Susanne Gaensheimer und Matthias Mühling im Hirmer Verlag, München.