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Otto Piene
Wege zum Paradies
7. Februar – 12. Mai 2024

Otto Piene (1928−2014) verfolgte mit seiner Kunst hochgesteckte Ziele: Nicht nur erweiterte er seinen künstlerischen Schaffensbereich mit schwebender Sky Art und medialen Projektionen buchstäblich bis in den Himmel, auch sollten seine Werke einen Beitrag zu einer harmonischeren, friedlicheren und nachhaltigeren Welt leisten.

Thematisch strukturiert zeichnet die monografische Ausstellung Otto Piene. Wege zum Paradies die Vision des Künstlers entlang der wichtigsten Projekte und Werkserien seines Œuvres nach. Dabei stehen Werke unterschiedlicher medialer Gattungen miteinander und insbesondere mit seiner stetigen Praxis des Skizzierens und Zeichnens im Dialog. Leitend sind hierbei die Begriffe des Zeichnens und Entwerfens sowohl im engeren und weiteren Sinne, buchstäblich und übertragend als Mittel seiner visionären künstlerischen Praxis, bei der er auch auf neue Medien und neueste technologische Entwicklungen zurückgriff.

In der medienübergreifenden Perspektive führt die Ausstellung die zwei oft separat betrachteten Perioden seines Schaffens zusammen und bietet vielschichtige Lektüren seines Œuvres an. Die Präsentation – darunter auch mehrere immersive Installationen und selten gezeigte Werke – lädt dazu ein, Otto Pienes Kunst jenseits einer Kritik an naiver Technikbegeisterung oder romantischem Idealismus als ein unsere Vorstellungswelt weitendes und transformatives Werkzeug in einer zunehmend unsichereren Welt wiederzuentdecken.

Die monographische Ausstellung stellt den Wunsch Otto Pienes, eine harmonischere, friedvollere und nachhaltige Welt zu gestalten in den Mittelpunkt. Sie adressiert die Vision des Künstlers, die Grenzen der traditionellen Medien der Kunst zu sprengen und sie auf atmosphärische Gefilde hin neu zu entwerfen. Anstatt sein Œuvre chronologisch zu präsentieren, bietet die Ausstellung eine Neubetrachtung von Pienes Kunst inklusive seiner multi- und intermedialen Projekte entlang wiederkehrender Motive und Themen. So verbindet sie Perioden seiner schöpferischen Tätigkeit miteinander, die oft als distinkt angesehen worden sind, insbesondere Zero in Düsseldorf (1957–1966) und die technologiebasierte Sky Art, die in den 1960er-Jahren, nach seinem Umzug in die Vereinigten Staaten, entstand.

Wege zum Paradies stellt neben den wichtigen, bekannten Werken Pienes selten gesehene Arbeiten und unveröffentlichte Dokumente vor und ist die erste grossangelegte Museumsausstellung, die seine konstante Praxis des Skizzierens und Zeichnens im Zusammenhang mit seiner Malerei, Plastik, Installation, Performance und Medienkunst näher in Betracht zieht. Arbeiten und Projekte aus seinen wichtigsten Serien und Themenbereichen – Rasterbilder und Rauchzeichnungen, kinetische Skulpturen, Lichtinstallationen, Sky Art, Experimente mit Fernsehen und Intermedia (u. a.) – treten so in einen Dialog miteinander und mit seinen Zeichnungen. Die Begriffe «Zeichnen» und «Entwerfen» erweisen sich dabei als fruchtbar, um neue Interpretationen von Pienes Werk anzuregen und zu einer besseren Vorstellung von der grossen Bandbreite seiner Kunstpraxis zu gelangen.

Die Ausstellung zeigt die Bedeutung von Zeichnen und Entwerfen im engen als auch in einem weiteren Sinn in Pienes Œuvre über die Mediengrenzen hinweg auf − beispielsweise, wenn er mit Rauch und Licht oder gar mit aufblasbaren Plastiken Formen in den Himmel zeichnete. Piene skizzierte in den traditionell dafür vorgesehenen Medien wie etwa in seinen Skizzenbüchern, die er stets zur Hand hatte, experimentierte aber auch mit damals völlig neuen und innovativen Technologien wie Fernsehübertragungen, Dia-Projektionen bis hin zu Lasern. «Entwerfen» steht darüber hinaus auch für das Potenzial, das Piene seiner Kunst zuschrieb: zur Entwicklung der Gesellschaft beizutragen, die Trennung zwischen Kunst und Technologie zu überwinden, ökologischen Verwerfungen zu begegnen und vor allem einen Beitrag zu einer friedvolleren, von der Kunst geeinten Welt zu leisten.

Die thematisch strukturierte Ausstellung leitet die Betrachter:innen quer durch Pienes Schaffen der zweiten Hälfte des 20. bis hinein ins 21. Jahrhundert. Mit Displays, die Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen und Archivmaterial (Fotografien und Videos, Dokumente) kombinieren, werden die zentralen Themenbereiche des Künstlers über die verschiedenen Medien und kreativen Phasen hinweg präsentiert. Des Weiteren bietet Wege zum Paradies mehrere Ausstellungssäle, in denen Lichtprojektionen oder Installationen mit Inflatables das Publikum dazu einladen, seine Kunst räumlich und körperlich zu erfahren. Die Kapitel der Ausstellung entfalten sich in einer Abfolge von elf Räumen, die in puncto Dichte und Atmosphäre variieren und von spannungsgeladenen dunklen Black Boxes zu lichtdurchfluten, luftigen Sälen reichen. Präsentationen in White Cube-Räumen wechseln sich mit immersiven optischen, kinetischen und skulptural-installativen Erfahrungen ab.

"Aber das Helle allein zu lobpreisen, scheint mir nicht mehr genug. Ich gehe das Dunkel selber an, ich durchleuchte es, ich mache es durchsichtig, ich nehme ihm seinen Schrecken, ich mache es zu einem Volumen von Kraft, bewegt von Atem wie mein Körper und ich nehme Rauch, damit es fliegen kann." Otto Piene, «Wege zum Paradies», in ZERO 3, 1961

Entlang dieser variierenden Räume betont die Ausstellung Pienes künstlerischen Anspruch, über Medien hinweg zu denken und seine kreative Tätigkeit als «Wege zum Paradies» zu verstehen. Ein besonderer Schwerpunkt der Schau liegt auf Werken der späten 1960er-, frühen 1970er-Jahre, als Piene von Zero zur Sky Art überging und zwischen den USA und Westdeutschland pendelte. Hierzu zählen die frühen, zentralen immersiven Installationen (The Proliferation of the Sun, 1967; Fleurs du Mal, 1969), aber auch seine innovativen Experimente mit Fernsehen und Lichtprojektion (Black Gate Cologne, 1968; The Medium Is the Medium, 1969; Lichtspur im Haus der Sonne, 1974). Wenig beachtete Werke und neuere Archivfunde (bspw. eine Dokumentation früher Versionen von The Proliferation of the Sun) sind, neben selten zu sehenden Arbeiten, ebenso vertreten. Ausserdem wird die Ausstellung mehreren Werken erneut Atem einhauchen, die seit ihrer erstmaligen Präsentation lange nicht mehr gezeigt wurden (bspw. Anemones: An Air Aquarium, Creative Time, New York, 1976; Windsock Sculptures, MIT, 1969−1970). Mit dem verfolgten transmedialen Ansatz wird Wege zum Paradies ein komplexeres Verständnis von Pienes Werk und seinen Beiträgen zur Kunst des 20. Jahrhunderts ermöglichen. Unser kuratorischer Ansatz betont, wie relevant und beeindruckend gerade heute Pienes wegweisende Strategien des Kombinierens von Kunst mit Technologie und eines öffentlichen, sozialen und umweltbezogenen Potenzials der Kunst sind.