artists & participants
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Gerne wuÌrden wir die Suche nach Identität unserer selbst und unserer Welt aufgeben. Doch ein in uns waltender Zwang drängt uns zur Identifikation, zum Aufstöbern des Ursprungs. Wie können wir diesen aber finden, er wurde doch verworfen? Wir stehen in einem paradoxen Spannungsfeld, dem eine absurde Komik eigen ist: Dem zeitgenössischen Weltbild liegt die Einheit fern. Jedoch können wir uns dieser Idee der Einheit und ihrem Versprechen von Schönheit und VerfuÌhrung nicht entziehen, freilich leben wir dies nur heimlich aus, denn hier betreten wir einen Tabubereich der entzauberten Welt. Wer ihn offen und unverhohlen betritt, gibt sich der Lächerlichkeit preis. Die Einheitssehnsucht erfuÌllt sich stellvertretend im Fetischismus, sucht sich Ersatzobjekte fuÌr unerfuÌllbares Begehren. Nichts eignet besser als das zweckfreie Kunstwerk. Die Repräsentation ist zugleich Projektion und Projektionsfläche fuÌr diesen Einheitsdrang, denn sie umreißt eine autonome Ebene, einen Rahmen fuÌr EinheitssehnsuÌchte. Wie einst der Sandkasten ist er ein Ort des Spiels, der Lust und der Fiktion, wo karikaturenhaft uÌberzeichnet unsere SehnsuÌchte ErfuÌllung finden. Wer sich vollendet, wird zur absoluten Karikatur seiner selbst.
I. Archeology Beim Betrachten des neues Werkkomplex Icons of Evolution von Thomas Julier und Cédric Eisenring stellt sich unvermittelt die Frage: Was ist das? Die Materialität ist vertraut und alltäglich. Auf Sockeln implizieren sie, dass sie Objekte oder Artefakte sind. Mit Sicherheit sind sie gegenständlich. Der Kontext, eine Ausstellung, erklärt sie zur Kunst. Ob sie nun Objekt oder Artefakt sind, hält den Betrachter nicht davon ab, sie weiter zu identifizieren. Ihr Dasein muss sich rechtfertigen. Sie besitzen keine Funktionen, verweisen aber auf solche: Es sind lustige oder erotische Spielzeuge. Es sind Tiere. Es sind organische Formen. Es sind Architekturstudien. Es sind drei dimensionale Muster. Es sind Gegenstände mit AbdruÌcken von Objekten wie Flaschenöffner, Kugelschreiber, Schraubenzieher. Es sind vervielfältigte AbguÌsse eines vorgänglichen Objektes. Moment der Klärung: Etwas wird erkenntlich. Ein Abdruck verweist immer auf ein Original (Ursprung), das entschluÌsselt werden will. Doch die AbdruÌcke sind falsche Fährten, sie erschliessen die Objekte nicht. Es bleibt einzig die Tatsache, dass es von Menschen geschaffene Objekte sind. Wie FundstuÌcke einer Ausgrabung verlangen diese Artefakte des „Jetzt“ nach Bestimmung. Der Betrachter wird zum Archäologen.
II. Improvement Emanuel Rossettis und Mathis Altmanns XXX und WHAAA! betreibt gnadenlose digitale Gleichschaltung. Marmor wird in der Abbildung auf eine flache Struktur reduziert und als Element eines Musters vervielfacht. Die Materialeigenschaft des Marmors wird als reine Fläche, Farbe und Form abstrahiert. Die Ornamente sind losgelöst von einer Symbolsprache. Wallpaper ist entleert, eine Tapete in Reinform, pure Raumverbesserung. Die Architekturskizzen von Emanuel Rossetti sind Pläne fuÌr Pavillons, eine Form der Architektur, die eine spezifische Raumfunktion verneint. Pavillons sind ephemere Räume fuÌr eine ephemere Nutzung, HuÌlsen fuÌr die Träume einer Weltausstellung, die leer zuruÌckbleiben. Auch die Abbildung dieser architektonischen Fiktionen verharrt im Ephemeren, in der digitalen Transparenz: Die Unterscheidung von Innen- und Aussenraum, Garten und Haus, Vorder- und Hintergrund wird in der Fläche aufgelöst. Keine Bildelemente sind undurchlässig oder autonom beständig. Emanuel Rossettis Buildings with Tbilisi Pattern I sind Monumente der Nivellierung.
III. Beauty Martin Soto Climent glaubt schamlos an universale Schönheit. Dinge des Alltags werden prozesshaft gewendet und kombiniert. Soto Climent beharrt darauf, dass Schönheit allgegenwärtig ist. FuÌr ihn ist das Herz, Inbegriff von Liebe und Schönheit, das bedeutendste Stilelement im Design unserer Umwelt. Die Herzform ist ebenso allgegenwärtig wie der rechte Winkel. Der Absatz eines Damenschuhs spiegelt die Form der Liebe, aber auch der Daumen eines Handschuhs ergibt eine Herzform. Im Innersten des modernistischen Designs entdeckt Soto Climent immer wieder die Herzform.
Niels Olsen, 2010
17. 7 - 21.8. 2010 Opening reception: 17. 7. 2010, 7pm at Max Hans Daniel Genthiner Str. 36 10785 Berlin