press release

Esther Schipper freut sich eine Präsentation von Christoph Keller mit dem Titel ANARCHEOLOGY im /Ground Floor/ der Galerie anzukündigen.

Teil seiner laufenden Untersuchung der Wissenschaftsgeschichte und wie Wissen gesammelt und geordnet wird, führt der Künstler sein Projekt zum Thema der westlichen Anthropologie, insbesondere der westeuropäischen Beschäftigung mit der Region um den Amazonas fort. Keller hat großformatige Bilder auf der Basis von digitalen Scans von Laub geschaffen, das er in Brasilien gesammelt hat. Arbeiten aus der Serie Herbarium Amazonas, zeigen Blätter in verschiedenen Stadien der Austrocknung. Der Verfall sowohl der organischen als auch der von Menschenhand gemachten Stoffe (auf welchen man die Blätter in den Scans liegen sieht) weist auf die Unmöglichkeit hin, entropische Prozesse jeglicher Art aufzuhalten. Ebenso verweist es auf die Einsicht, dass nichts unversehrt konserviert werden kann, vor allem nicht Stadien kultureller Entwicklung.

Bilder eines grünen Farnwedels und eines Blattes mit pelzartiger Oberfläche, gescannt in weit größerer Bandbreite und mit mehr Detail als das menschliches Auge es wahrnehmen oder ein fotografischer Prozess es je wiedergeben könnte, sind auf einer Wand installiert, die mit einer Tapete mit bunten vertikale Linien tapeziert ist. Das unregelmäßige Muster ist durch die falsche Kalibrierung eines digitalen Scanners entstanden, der sodann ein autopoetisches Bild von Farbstreifen produziert, das man vielleicht als Selbstporträt einer Maschine bezeichnen könnte. Die Kombination schafft ein visuelles Äquivalent der Vermischung von Natur, Technologie und ihres Versagens.

In einem kleinen Kellerraum der Galerie wird ein neuer Film mit dem Titel Anarcheology gezeigt. Der Wechsel von Bilder menschenleerer tropischer Landstriche und von Textpassagen schafft ein eindringlicher Essayfilm über die westliche Beschäftigung mit anderen Kulturen und über die Begegnung von schriftlicher Sprache und mündlicher Überlieferung.

Mit diesen Arbeiten verweist der Künstler auf eine post-archäologische Situation, in der die Erzählungen, die Objekte und Bilder in einen historischen Kontext einbinden, untersucht werden. So erinnert zum Beispiel sein Sammeln von Laub in der Region des Amazonas an den Gestus vorangegangener westeuropäischer Naturforscher, die während ihrer Reisen naturkundliche Proben (Flora, Fauna, Tiere, lebendig und tot) sammelten um sie dann in Naturkundemuseen ihrer eigenen Ländern zu deponieren. Als Bestandteil eines größeren Projekts der Klassifizierung und Vermessung der Welt im Zuge der Aufklärung, können diese Sammlungen als Beginn der modernen Idee der Naturwissenschaft betrachtet werden. Es ist diese Definition einer Disziplin durch ihren Ansatz, in diesem Fall, durch die Wissenschaftlichkeit ihrer Methode, auf die Keller in seinen Arbeiten zur Wissenschaftsgeschichte kontinuierlich verweist. Kellers Werke untersuchen wie die Organisation des Wissens unser Denken beeinflusst und in die gelegentlich willkürliche Unterscheidung resultieren kann, was als Wissenschaft betrachtet wird und was nicht.

Christoph Keller, geboren 1967 in Freiburg/Breisgau, studierte Mathematik, Physik und Hydrologie in Freiburg, Berlin und Santiago de Chile, als auch Kunst und Film an der Universität der Künste, Berlin und der Hochschule für Medien, Köln.

Auswahl Einzelausstellungen und Projekte: Small Survey on Nothingness, Schering Stiftung, Berlin (bis 4. Oktober 2014); Expedition Bus–Shaman Travel, Präsentation, abc Berlin (2012); Aether–between cosmology and consciousness, Nouveau Festival du Centre Pompidou, Paris (2011); Voyages Extraordinaires, CRAC Alsace Lorraine, Altkirch (2010); Observatorium, Kunstverein Braunschweig (2008). Auswahl Gruppenausstellungen: Marie Voignier / Olaf Breuning / Christoph Keller - os trópicos, curated by Tobi Maier (bis 28. September 2014) Centro Cultural CAIXA São Paulo; The Reluctant Narrator curated by Ana Teixeira Pinto, Berardo Museum, Lisabon (15. October 2014-11. January 2015); Realität und Fiktion, Villa Schöningen, Potsdam (2013); Ghostbusters–or how to stress photography, Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen (2013); Virtuosity–A Concert on Skill and Disruption, Strength and Nonchalance, Morale and Cheating, Berliner Philharmonie, Berlin (2013); L’Institut des archives sauvages, Villa Arson, Nizza (2012) and A Terrible Beauty Is Born, Biennale de Lyon (2011).

Christoph Keller lebt und arbeitet in Berlin.