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Eröffnung: 01.04.2009, 19.00

»For me photography is intrinsically about observation. It’s about being present in and having a certain perspective on the world around me. It’s not so much about creating, or my imagination - as drawing. It’s more about responding.«

Die Amerikanerin Zoe Leonard (1961 in Liberty, New York, geboren), die bereits mehrmals auf der documenta wie der Whitney Biennial vertreten war, zählt zu einer der außergewöhnlichsten Künstlerinnen ihrer Generation. Seit über zwanzig Jahren praktiziert sie mit dem Medium Fotografie ein denkendes Wandern, ein erkennendes Schauen. Auf ihren Streifzügen durch Städte und Landschaften durchforstet sie Natur und Kultur, urbane Räume und museale Stätten auf der Suche nach Zeichen, die über unsere gesellschaftlichen Verhältnisse und ihre unausgesprochenen Widersprüche Auskunft geben. Leonard, die mit 15 die Schule abbrach und sich jahrelang mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt, eignete sich die Fotografie autodidaktisch an.

Im Zentrum ihres Interesses stehen vor allem unscheinbar oder belanglos anmutende Dinge und Alltäglichkeiten, die sie mit großer Beharrlichkeit und oftmals zärtlich anmutenden Respekt durchdringt, um sie zum Sprechen zu bringen. Ihr auf Sammeln und Re-Präsentieren ausgerichtetes Interesse ist einem archäologischen Akt vergleichbar, mit dessen Hilfe die Künstlerin sich die Welt, die sie umgibt, anzueignen und zu verstehen versucht. Dabei untersucht Leonard zentrale Themen unserer Zeit: sie beschreibt die Folgen der Globalisierung für unser Selbstverständnis, sie reflektiert das Verhältnis zu Natur und Geschichte, hinterfragt den Umgang mit Sexualität und berichtet über Kolonialismus, Ausbeutung und Verdrängung.

Ihr auf Reduktion bedachter fotografischer Stil wechselt je nach Motiv nicht nur zwischen Schwarzweiß und Farbe oder zwischen miniaturhaften und fast lebensgroßen Formaten, sondern auch zwischen Aufnahmen, die aus extremen Blickwinkeln aufgenommen wie Schnappschüsse wirken können, und Bildern, die in ihrer formalen Strenge und Perfektion an wissenschaftliche Aufnahmen erinnern.

Zwischen 1998 und 2007 arbeitete Leonard an einem fotografischen Langzeitprojekt, »Analogue«, das heute mehr als 400 Fotografien umfasst. Ausgehend von ihrer unmittelbaren Nachbarschaft in Harlem, auf der Lower East Side Manhattans und später in Brooklyn bis hin zu Orten, die sie in Europa und Afrika aufgesucht hat, beschreibt sie den Übergang des industriellen in das digitale Zeitalter, den Verlust spezifischer lokaler Eigenheiten zugunsten einer sich in ihren visuellen Zeichen immer stärker angleichenden, globalisierten Welt. In der Tradition von Fotografen wie Eugène Atget, Walker Evans oder Bernd und Hilla Becher nutzt Leonard die künstlerischen Möglichkeiten dokumentarischer Fotografie, die Relikte einer vergehenden Welt kurz vor ihrem endgültigen Verschwinden festzuhalten und zu überliefern, ebenso wie die bereits überholten Techniken der analogen Fotografie. »Analogue« wurde erstmals auf der documenta12 in Kassel einem internationalen Publikum vorgestellt, in München wird das gleichnamige Portfolio mit 40 Dye-Transfer-Prints zu sehen sein.

Begleitend ist das Katalogbuch Zoe Leonard. Fotografien mit Texten von Urs Stahel, Elisabeth Lebovici und Svetlana Alpers im Steidl Verlag erschienen.

Die Ausstellung ist die erste Retrospektive der Künstlerin in Europa und nach Stationen im Fotomuseum Winterthur und dem Museo Nacional Centre de Arte Reina Sofia, Madrid, die einzige Präsentation in Deutschland. Sie wird von Zoe Leonard für die Pinakothek der Moderne neu eingerichtet und umfasst rund 120 Arbeiten, die in den letzten 25 Jahren entstanden sind.

Für München kuratiert von Inka Graeve Ingelmann in Zusammenarbeit mit Zoe Leonard

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Zoe Leonard Fotografien
Eine Retrospektive

Kuratorin: Inka Graeve Ingelmann