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Das fortlaufende K

Zlatko Kopljars Film K18 (2014) ist das jüngste Kapitel in einem fortlaufenden Werkkorpus, den der Künstler als eine Sequenz von nummerierten Ks klassifiziert. Kopljars künstlerische Praxis umfasst Videoperformance wie K5 (1999), wo der Künstler ausgestreckt auf einem weißen Tuch liegt, seine Hände bedecken die Ohren, während aus zwei Lautsprechern vor seinem Kopf Krach herauskommt und ihn eine halbe Stunde lang angreift; experimentellen Film wie K13 (2010), ein atmosphärischer Film, der das Wiederauftauchen eines historischen Gebäudes als ein offenbarendes und euphorisches Ereignis präsentiert; architektonische Interventionen wie K4 (2002), wo der Künstler während der Dauer einer Ausstellung, an der er beteiligt war, den Haupteingang zum alten Gebäude des Museums für Zeitgenössische Kunst in Zagreb blockierte; Installationen mit projizierten Bildern wie K12 (2008), eine zweikanalige Videoinstallation, die den Künstler in einer kosmischen Interaktion mit einer spiegelnden weißen Sphäre zeigt, während man ihn auf dem zweiten Bild an einem Ast aufgehängt sieht; und konzeptuelle Fotografie wie K9 Compassion (2003), eine Serie von inszenierten Fotografien, die den Künstler von hinten vor einigen der berühmtesten Orte in New York kniend zeigen, unter anderem beispielsweise vor der Brooklyn Bridge, dem Guggenheim Museum und dem UN-Gebäude.

In fast allen der 17 vorherigen Ks spielte Kopljar die Hautrolle, und von einem K zum nächsten wurde seine Figur immer facettenreicher – sowohl persönlich als auch darstellerisch, spezifisch und symbolisch. In K18 allerdings ist Kopljars Figur nicht mehr aktiv und auch nur für eine kurze Zeit zu sehen. Stattdessen sind die Protagonisten von K18 ein lebloser, schwarzer Wald nach einer Katastrophe, die breiten Wasserkanäle, die durch ihn hindurchführen, im Wald verteiltes matschiges Sumpfland und die fragmentierten Bewegungen der Kamera, die all dies darstellt, begleitet von einem Soundtrack, auf dem Stimmen Milos Djurdjevićs Gedicht „Leg Dich wieder nieder“ (2013) rezitieren. Wie sein Titel andeutet, verbalisiert Djurdjevićs Gedicht die unterschiedlichen Schritte bei der Beerdigung eines Menschen, und zwar aus der Perspektive des Toten wie auch aus der Perspektive der lebenden Teilnehmer an der Beerdigung.

In bestimmten Momenten reflektieren die Stimmen die Bewegungen der Kamera und in anderen Moment nimmt man die bewegten Bilder als die Verräumlichung der jeweiligen Sprechstimme wahr. Der Austausch zwischen Klang und Bild in K18 verwandelt die dargestellte natürliche Umgebung des Waldes in eine mythologische, animistische, anthropomorphisierte Landschaft, die man unweigerlich in den Kontext der deutschen Romantik verortet, d.h., außerhalb von historischer Zeit und dem gesellschaftlichen Raum der Stadt, außerhalb des Blicks des Gesetzes, der Landkarte der Kultur und auch der Grenzen der Vernunft.

In K13 (2010) verbindet Kopljar den Wald und die Stadt und postuliert beide als ihr jeweiliges Gegenstück, während seine Figur den dunklen Wald verlässt und in der leuchtenden Zagreber Glühbirnenfabrik ankommt – eines der Wahrzeichen des östlichen Zugangs zur Stadt. Kopljar tritt in das hell erleuchtete Gebäude ein und trägt dabei einen hellen Anzug, den er in den meisten seiner jüngeren Ks (K13-K18) trägt. Während in K13 der Unterschied zwischen Helligkeit und Dunkelheit als Teil einer dichotomen Spaltung zwischen Kultur und Natur, Stadt und Wald, moderner Zeit und archaischer Zeit definiert wird, gibt es in K18 keine solche Spaltung. In diesem Film ist Light keine Verneinung, sondern eine Fortsetzung der Dunkelheit; es ist eine Leere, eine Pause, ein leeres Loch, eine Lücke. Angekündigt durch einen Schrei und nur von weitem zu sehen, ist K18s erste Lichtfigur ein Quadrat, dessen weißes Leuchten man gleich mit Kopljars hellem Anzug assoziiert, und mit der Figur von Kopljar, die kurz darauf, wenn die Kamera nach unten schwenkt und über das flache Wasser wandert, ausgestreckt daliegt, leblos.

Obgleich der historische Zeitpunkt und der Ort offen bleiben und es auch keine Verbindung zur Außenwelt zu geben scheint, öffnet Kopljars leeres, weißes Leuchten doch eine Reihe von historischen Affinitäten. Weil es leer ist, kann es mit vielen Körpern gefüllt werden und erinnert an viele Körper, die in vielen anderen dunklen Wäldern ausgestreckt gefunden wurden, leblos.