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Die Ausstellung „Zeichnungen des Lichts“ ist einer ganz besonderen künstlerischen Technik gewidmet, die als eine in Vergessenheit geratene Sonderform der Graphik neu zu entdecken ist: dem Cliché-verre. Erfunden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, verband sich im Cliché-verre ein klassisches Radierverfahren mit der damals neuartigen photographischen Vervielfältigung. Man bedeckte eine Glasplatte mit einer lichtundurchlässigen Schicht, in die mit verschiedenen Instrumenten hineingezeichnet wurde. Das solcherart hergestellte Negativ wurde anschließend im Sonnenlicht auf lichtempfindliches Papier kopiert. So entstand ein photographischer Abzug, ohne dass eine Kamera beteiligt gewesen wäre.

An sich als Mittel zur Kunstreproduktion gedacht, avancierte das Cliché-verre ab Mitte des 19. Jahrhunderts schnell zum eigenständigen künstlerischen Ausdrucksmittel – Frankreich spielte hier eine zentrale Rolle. Es war vor allem der Landschaftsmaler Jean-Baptiste Camille Corot, der maßgeblich zur künstlerischen Etablierung der Technik beitrug. Er kam in den 1850er Jahren auf Anregung eines Photographenkreises im nordfranzösischen Arras damit in Berührung und fertigte bis 1874 insgesamt 66 Clichés-verre. Über den Photographen Eugéne Cuvelier wurde das Verfahren auch den Künstlern der Künstlerkolonie von Barbizon im Wald von Fontainebleau bekannt gemacht. Einer von ihnen war der Maler Charles-François Daubigny, der zweite für die künstlerische Anwendung des Verfahrens wichtige Protagonist, von dem 17 in dieser Technik ausgeführte Arbeiten aus dem Jahr 1862 überliefert sind.

Das Kupferstich-Kabinett Dresden präsentiert mit seiner Ausstellung erstmals einen Überblick über den Bestand französischer Clichés-verre des 19. Jahrhunderts in deutschen Sammlungen. Es ist selbst im Besitz von 25 Blättern von Corot und Daubigny, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Eingang in die Sammlung fanden – zu einem Zeitpunkt, als das Cliché-verre auch von anderen Museen als Sammlungsobjekt entdeckt und einem breiteren Publikumskreis bekannt wurde. Damals kamen durch den Verkauf einer großen Privatsammlung und die Herstellung neuer Editionen auf Basis der alten Glasplatten die nun teilweise in höherer Auflage existierenden Blätter vermehrt in den Kunsthandel.

Der Dresdner Bestand wird zum ersten Mal in Gänze ausgestellt, zusammen mit zahlreichen Leihgaben aus den wichtigsten deutschen graphischen Sammlungen in Berlin, Bremen, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Im Zentrum stehen die Serien der Clichés-verre von Corot und Daubigny, dazu werden weitere Blätter von aus dem Kreis der in Barbizon tätigen Künstler wie Jean-François Millet, Théodore Rousseau, Charles Emile Jacque, Albert Heinrich Brendel und Julius Bakof gezeigt sowie das einzige von Eugène Delacroix gefertigte Cliché-verre. Die Präsentation verschiedener technischer Ausführungen des Verfahrens und diverser Belichtungsmethoden, mit denen jeweils andere Effekte erzielt werden konnten, führen die vielfältigen gestalterischen Facetten des Cliché-verre vor Augen.

Abseits des Kunstzentrums Paris entstanden, zeigen die Blätter überwiegend Landschaften und Aspekte ländlichen Lebens in der Auffassung einer Paysage intime. Über die Kombination mit Radierungen und französischer Landschaftsphotographie der Zeit, etwa von Eugène Cuvelier, Constant Famin oder Gustave Le Gray, sollen sowohl stilistische und motivgeschichtliche Bezüge verdeutlicht als auch die beiden Verfahren gezeigt werden, deren technische Symbiose das Cliché-verre bedeutet. Je ein Gemälde von Corot und Daubigny runden diesen Schwerpunkt ab.

Der spezifische Reiz des Cliché-verre liegt darin, dass es sich der einfachen Klassifizierung entzieht – so wirft es Fragen nach Original und Reproduktion, nach künstlerischem Anteil und technischem Charakter auf, die auch heute noch aktuell sind.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Deutschen Kunstverlag, der neben Aufsätzen einen wissenschaftlich kommentierten Bestandskatalog zu den Clichés-verre des Dresdner Kupferstich-Kabinetts sowie anderer deutscher Sammlungen umfassen wird.

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Zeichnungen des Lichts
Clichés-verre von Corot, Daubigny und anderen aus deutschen Sammlungen
Kupferstich-Kabinett, Residenzschloss, Eingang Sophienstraße

Arbeiten von Camille Corot, Charles-Francois Daubigny, Jean-François Millet, Theodore Rousseau, Charles Emile Jacque, Albert Heinrich Brendel, Julius Bakof , Eugène Delacroix, Eugene Cuvelier, Constant Famin, Gustave Le Gray ...