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DIE WUNDERKAMMER DES SEHENS
Aus der Sammlung Werner Nekes
Museumsgebäude Neutorgasse

Am Beginn des 21. Jahrhunderts, in einer Zeit, da die menschlichen Lebens- und Sehgewohnheiten stärker denn je zuvor durch die visuellen Medien bestimmt sind, lädt das Landesmuseum Joanneum seine BesucherInnen zu einer Zeitreise in eine "Wunderkammer des Sehens" ein. Hier ist zu entdecken, was es an Sehmaschinen und künstlich erzeugten Bilderwelten in Zeiten lange vor Fotografie, Film, Fernsehen und digitalem Bild gegeben hat. Man wird dabei feststellen, dass die Geschichte des Films nicht mit der ersten Kinematographenvorstellung der Brüder Lumière 1895 in Paris begonnen hat, sondern dass die Vorläufer von Kino und TV in der seit der Antike bekannten Camera Obscura, in der Laterna Magica, in Guckkasten, Perspektivtheater, Dio- und Panorama und in der frühen Fotografie zu finden sind, aber speziell in allerlei Apparaturen des 19. Jahrhunderts, die eine erstaunliche Illusion von Räumlichkeit und Bewegung im Bild schaffen. Man wird auch erfahren, dass die Entwicklung der visuellen Medien seit dem 16. Jahrhundert bis heute nicht eine lineare ist, sondern dass sie sich auf mehreren parallelen bzw. auf sich überschneidenden Wegen vollzogen hat.

Die Exponate aus Wissenschaft, Kunst, Schaustellerei und privatem Gebrauch geben dem Besucher die Möglichkeit, sich mit der Geschichtlichkeit dessen, was und wie wir heute sehen, auseinanderzusetzen und darüber zu reflektieren, wie die Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts die "Medien" ihrer Zeit erlebt und empfunden haben. Dabei mag es für uns überraschend sein, auf welch einfache Art und Weise früher optische Phänomene erzeugt und dem Publikum präsentiert worden sind und welche Reize sie auf dieses ausgeübt haben. Sehr vieles davon ist auch heute noch ungemein attraktiv und aktuell.

Aufbauend auf den Erkenntnissen der Zentralperspektive, den Erfindungen der Optik und der Möglichkeit, in der "dunklen Kammer" Abbilder der Außenwelt sichtbar zu machen, ist im 18. Jahrhundert verstärkt eine Entwicklung in Gang gekommen, die dem Bedürfnis des Menschen nach Schauen der Welt, nach Bildhaftigkeit, aber auch nach Illusion Rechnung getragen und die unterschiedlichen Formen der Erfüllung dieser Bedürfnisse zunehmend popularisiert hat. Die Ausstellung zeigt sowohl die "Hardware" - die Geräte - als auch die "Software" - die Bilder all dieser Erfindungen zur Wiedergabe von Raum, Zeit und Bewegung und anhand zeitgenössischer Darstellungen die Art und Weise, wie diese angewendet worden sind.

Die Austellungsobjekte stammen aus der bedeutendsten Privatsammlungen zur Geschichte der optischen Medien, nämlich der des renommierten deutschen Experimentalfilmers Werner Nekes. Um das Gezeigte sinnlich erlebbar zu machen, wird die Ausstellung durch die Präsentation einzelner Sequenzen der von Werner Nekes produzierten Filmfolge "Media Magica" bereichert, in der er die attraktivsten Stücke seiner Sammlung in beeindruckender und amüsanter Weise wieder zum Leben erweckt. Zur unmittelbaren Anschauung stehen den BesucherInnen Nachbauten optischer Spielzeuge zur Verfügung, an denen sie die Funktionsweise dieser "Zaubergeräte" selbst interaktiv erproben können. Wer erfahren will, wie das perspektivische Sehen das Gehirn betrügt, kann sich in einem Ames-Raum verblüffen lassen. Und wer noch nicht wusste, dass Graz auf dem Kopf steht, wird dies in einer begehbaren Camera Obscura mit eigenen Augen sehen können.