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He’s up there with the Pope. Patti Smith

William S. Burroughs (1914-1997), Ikone der amerikanischen Beat Generation, hat die Öffentlichkeit vor allem durch sein Image des exzessiven, drogensüchtigen Literaten fasziniert, der in einer bizarren Wilhelm-Tell-Nummer versehentlich seine Frau erschoss. Als revolutionärer Verfasser des radikalen Romans Naked Lunch und homosexueller Intellektueller bewundert und für seine Schusswaffenbegeisterung kritisiert, begründete er – inspiriert vom Maler Brion Gysin – eine neue Form des Schreibens: die Cut-up-Methode. Bei dieser Technik werden Textfragmente intuitiv zu offenen, assoziativen Erzählstrukturen zusammenfügt, um die Grenzen der Sprache zu erweitern und das menschliche Bewusstsein zu beschreiben. „Life is a cut-up”, so William S. Burroughs, „as soon as you can walk down the street your consciousness is being cut by random factors. The cut-up is closer to the facts of human perception than linear narrative.” Der visionäre Autor sprach 1971 von der „elektronischen Revolution“, er beeinflusste Gegenkulturen von der Acid-Szene bis zu Punk und erlangte in der jungen New Yorker Kunstszene der 1980er und 1990er Jahre späte Popularität.

Neben legendären Shotgun Paintings wirft die Ausstellung mit Cut-ups in unterschiedlichen Medien einen Blick auf den Cross-over-Charakter des Werks von William S. Burroughs zwischen Literatur, Bild und Sound, das weite Bereiche der Massenkultur, Musik und Techniken des digitalen Samplings beeinflusst hat. Der Bogen der Ausstellung spannt sich von Textbildcollagen, Fotomontagen, Audioassemblagen und Experimentalfilmen über dokumentarisches Fotomaterial und seltenen Büchern bis hin zu abstrakter Malerei. Die Cut-up-Methode als zentrales Element seiner künstlerischen Sprache hat Burroughs früh auf Tonbandexperimente angewendet, die Künstler späterer Jahre unterschiedlichste Möglichkeiten eröffnet und vor allem auf lyrische Formen bei den Beatles, Frank Zappa, Lou Reed, David Bowie, Brian Eno, Patti Smith, Laurie Anderson und Sonic Youth Einfluss genommen hat.

Die Ausstellung ist darüber hinaus das Porträt eines großen Schriftstellers, der für die Beatniks mit ihrer freidenkerischen Neudefinition amerikanischer Lebensweise die inspirierende Persönlichkeit darstellte. William Seward Burroughs wurde 1914 in St. Louis, Missouri, geboren. Nachdem er sein Studium an der Harvard University 1936 abgeschlossen hatte, besuchte er für kurze Zeit die medizinische Fakultät der Universität Wien. In den 1940er-Jahren lernte er in New York eine Gruppe von Studenten der Columbia University kennen, darunter Jack Kerouac und Allen Ginsberg, Protagonisten der späteren Beat Generation. Naked Lunch, 1959 in Paris erschienen, begründete seine Stellung als zentrale Figur der Literatur jener Zeit. 1947 ging Burroughs nach Mexiko-Stadt und lebte, bis er 1974 nach New York zurückkehrte, mit wenigen Unterbrechungen im Ausland, in Tanger, Paris und London. 1960 entstanden die ersten Cut-up-Tonbänder und Collagen, und Burroughs wurde zu einer Bekanntheit der Untergrundszene der 1960er- und 1970er-Jahre. Die Geschichten, die sich um sein Leben ranken und den autobiografischen Charakter seiner Romane prägen, sind immer kontrovers geblieben, sein Schaffen hat aber auf vielen Kanälen abseits des Schreibens die Ausdrucksformen der Populärkultur durchdrungen.

Die Cut-up-Methode war für Burroughs nicht nur eine Technik und ein Stilmittel, das den Zufall mit einbezog und Autorschaft postmodern definierte, sondern ausgehend vom literarischen Experiment der Ausdruck seiner kritischen Stimme und eine revolutionäre Waffe gegen jede Art von Kontrolle durch autoritäre Strukturen und Glaubensvorstellungen. Als Dekonstrukteur des Sprachsystems interessierte sich Burroughs für die Abhängigkeit der alltäglichen, politischen Öffentlichkeit vom Wort als einem manipulierenden Virus, das sich durch die Medien der Informationsgesellschaft zieht.

KuratorInnen: Colin Fallows, Synne Genzmer

Katalog: Hg. KUNSTHALLE wien, Colin Fallows, Synne Genzmer; mit Texten von Colin Fallows, Synne Genzmer, Barry Miles, Jon Savage sowie dem ersten und letzten Interview mit William S. Burroughs von Allen Ginsberg bzw. Lee Ranaldo; ca. 288 Seiten; ca. 160 Farbabbildungen; Deutsch/Englisch; Verlag für moderne Kunst Nürnberg

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Cut-ups, Cut-ins, Cut-outs:
Die Kunst des William S. Burroughs
Kuratoren: Colin Fallows, Synne Genzmer