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Die Arbeiten des polnischen Künstlers Wilhelm Sasnal zeichnen sich durch eine kritische Aufnahme und Rezeption medial vermittelter Bilder und einer neuen Realitätsabbildung aus. Seine Malerei überträgt Eindrücke der gegenwärtigen Umgebung und hinterfragt die gewohnte Sicht der Dinge.

Die Wandmalerei Bunker verweist in ihrem Ursprung auf den polnischen Comic-Zeichner Art Spiegelman, der in seinem autobiografischen Comic Maus, die Zeit des 2. Weltkrieges in Polen fabelartig darstellt. Der grafische Moment der bei Spiegelman stets schraffierten Hintergründe von Innenräumen dient dem Künstler als Matrix für seine Bunker-Malerei. In steten Rapport von 3 cm ziehen sich schwarze Linien über die Wände und entheben sich durch die physisch-visuelle Erfahrbarkeit von dem Gemälde oder der reinen Zeichnung führen diese aber auch gleichermaßen fort. Bereits 2001 hat Wilhelm Sasnal sich malerisch an Spiegelman angelehnt und Details aus dessen Comic übernommen, durch Wegnahme von Figuren und Text das Quellbild auf das Interieur reduziert (Maus, 2001, Öl auf Leinwand, 115 x 130 cm) und somit den Raum an sich ins Zentrum gerückt. Diese Übertragung findet in Bunker ihre empirische Fortsetzung. Die physische Präsenz zugleich des Raumes und der zeichnerischen Malerei kulminiert in der Wirklichkeitserfahrung des Betrachters. Dieses oszillierende Spiel mit Rückgriffen und Sichtbarmachen von vertrauten Strukturen, dem Bruch dieser und ein widerkehrendes Hinterfragen von Bildern der Umgebung zeigt sich auch in dem Zyklus zur Person Martin Luthers. In nahezu ikonenhafter Manier bildet er Luther, dessen Mutter und Vater ab und schafft somit ein zunächst vertrautes Bild Geistlicher, das ebenso wie Bunker Bezug nimmt auf die eigene Herkunft, wie auch Identität Polens. Das überwiegend katholische Land, dessen christliche Persönlichkeit sich in dem gegenwärtigen Papst Johannes Paul II. findet, wird mit dem Gegenentwurf Martin Luthers kontrastiert. Wie Spiegelmann die polnischen Juden im 3.Reich als Mäuse darstellt und somit der stringenten Kritikfähigkeit entmündigt, setzt Sasnal den katholischen Polen die evangelische Ikone Martin Luthers entgegen und schafft gleichzeitig eine modernes Heiligenbild, indem er in seiner Rezeption auf ihm vertraute Bildhaftigkeit zurückgreift. Das Hinterfragen von struktureller Wirklichkeit führt auch zu den Überlegungen hinsichtlich des Realitätsgehaltes der Kunst an sich. Die beiden Arbeiten Cracked zeigen Bruchlinien unter der dunklen Ölfarbe, die sich durch diese abheben und den Bildern einerseits ein Struktur geben, die an Glas und dessen Splitterung erinnert, gleichzeitig aber auch über die ebene Malerei hinausgeht. Die Kathedrale (untitled) als ein schwarzes Monument vor einem grob dukturierten blauen Hintergrund oder das Detail des Schriftzuges über dem Zentralbahnhof von Warschau (untitled (zawa srod)) zeigen unterschiedlichste Wiederaufnahmen von Architektur. Das Ausschnitthafte von zawa srod (Warszawa Srodkowa) erinnert in seiner Art an Kurt Schwitters ‚MERZ’ (ComMERZbank), aber auch die Nutzbauten der Nachkriegszeit durch seine schlichten Dachlinien. Dem gegenüber zeigt sich der Sakralbau wie ein dunkler Schatten aus der fiktiven Erinnerung oder Abstraktion. In diesen Rezeptionen vertrauten Bildmaterials schafft Wilhelm Sasnal eine ganz eigene, immer wieder sich unterschiedlichster Mittel und Arten bedienende Realität, die ebenso innerhalb seiner Werke, wie auch der aufgegriffenen changiert. Tan Morben