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WIESBADEN BIENNALE 2018 "Hinterland"
23.08.2018 — 02.09.2018

Als 1992 das Festival „Neue Stücke aus Europa“ in Deutschlands ehemaliger Hauptstadt Bonn entstand, befand sich Europa in einer Zeit des Aufbruchs. Die Biennale wurde zu einem der wichtigsten Austauschorte europäischer Autoren. Zum Diskursort, an dem europäische Verständigung und Lebensrealität hautnah erlebt werden konnte. Mit Martin Hammer und Maria M. Ludewig hat im Jahr 2016 eine junge Generation die Leitung übernommen. Als WIESBADEN BIENNALE entwarfen sie das Festival neu und besannen sich gleichzeitig auf dessen Ursprünge. Unter dem Titel „This is not Europe“ stand in der ersten Ausgabe die kritische Frage nach einer möglichen gemeinsamen Erzählung Europas im Zentrum. Im Jahr 2018 wird die WIESBADEN BIENNALE den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Neben internationalen Gastspielen widmet sich das Festival im Rahmen des Großprojektes HINTERLAND der spannungsreichen Beziehung zwischen Metropolen und den Regionen abseits der großen Zentren. International renommierte Künstler*innen entwickeln großformatige Arbeiten im öffentlichen Raum, die das historische Stadtbild an seinen neuralgischen Punkten in Frage stellen.

Vom 23.8. bis zum 2.9.2018 findet die zweite WIESBADEN BIENNALE in Kooperation mit dem Schlachthof Wiesbaden, Museum Wiesbaden, Nassauischen Kunstverein Wiesbaden e.V. und der Caligari Filmbühne in der leer stehenden City Passage, im Staatstheater Wiesbaden und an einer Vielzahl temporärer Spielorte im Stadtgebiet statt.

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Hinterland – das ist das Gebiet abseits der Metropolen, in den USA nennt man es Fly-Over-Country, und ein Versprechen: weniger Regeln, weniger Sicherheit, mehr Freiheit – ein Wasteland. Hier gilt das Gesetz der Stärkeren; wer nicht standhält, wird verdrängt. Hier ist es unwirtlich, dreckig und unaufgeräumt. Platz gibt’s genug. Utopien werden gelebt und verworfen. Moralische Gewissheiten und Gesetze sind weit weg. Es könnte die Keimzelle sein für den kommenden Aufbruch oder die Brutstätte für Gewalt und Verbrechen. Wollen Sie es kennenlernen?

Hinterland ist längst mehr als ein geografischer Ort, es ist die Rückseite der politischen Korrektheit. Es ist die aufgestaute Wut über die scheinbar unveränderbaren Zustände, die als ungerecht und bedrückend empfunden werden. Hinterland ist eine mentale Haltung, die sich ausbreitet. Wenn die Innenstädte zum Wasteland werden, steigende Mieten Bewohnerinnen an die Ränder verdrängen, dann ist Hinterland die Erfahrung der Ohnmacht, die Resignation vor dem Unabänderlichen der alltäglichen Erfahrung. Wer trifft die gesellschaftlich relevanten Entscheidungen? Sind es noch politische Repräsentantinnen oder schon längst multinationale Investmentfonds mit Briefkästen im Steuerparadies?

Wie wäre es, das Hinterland zu besetzen? Es sich einfach anzueignen? Ein Neustart mitten im Dreck des Ungewissen. Würden wir es aushalten der eigenen Wut zu begegnen? Haben wir den Mut dem angeschossenen wütenden Tier des gefallenen Stolzes ins Auge zu sehen? Was, wenn es wirklich das Ende einer alten Zeit ist und der Westen als das gute, große Vorbild für alle ausgedient hat? Kommen die Sünden der Vergangenheit nun aus ihren Löchern und fordern uns heraus? Welchen Preis werden sie von uns verlangen? Welcome to Hinterland! Die Zukunft hat längst begonnen!

Die WIESBADEN BIENNALE holt das Hinterland symbolisch in die Landeshauptstadt und bespielt mit der leerstehenden City Passage ein innerstädtisches „Wasteland“. Wie auch schon 2016 präsentiert das Festival sowohl internationale Gastspiele als auch groß angelegte Neuproduktionen im öffentlichen Raum. Für die WIESBADEN BIENNALE 2018 werden u.a. Künstler*innen wie Roger Ballen, Santiago Sierra oder Vincent Glowinski neue Arbeiten entwickeln.