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Ein elementarer Programmschwerpunkt der Stadtgalerie Kiel ist die Präsentation und Vermittlung skandinavischer Kunst. Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, ist Kiel für viele skandinavische Künstler das Sprungbrett in den deutschen und damit auch in den internatio-nalen Kunstmarkt. Nach der im Jahr 2000 vom Publikum äußerst positiv angenommenen Ausstellung „Wonderful Copenhagen“ soll Dänemark in diesem Jahr wieder im Zentrum ste-hen.

Innerhalb des letzten Jahrzehnts hat sich die dänische Kunstszene rasant gewandelt. Ausschlaggebend dafür waren drei neue Künstlergenerationen und deren Umfeld, die inner-halb kürzester Zeit gleichermaßen qualitätvolle wie spannende Arbeiten entwickelt haben. Als Konsequenz dieser Aktivitäten entstand alsbald eine professionelle Szene, die sich nicht nur ambitioniert der experimentellen Gegenwartskunst zuwandte, sondern auch den Sprung auf die internationale Bühne wagte. Obwohl sich junge Künstlerinnen und Künstler mit ihren Arbeiten nach wie vor der skulptu-ralen Ausdrucksform bedienen, fällt auf, dass das Medium der Skulptur in den letzten zehn Jahren nicht nur in der dänischen sondern auch innerhalb der internationalen Gegenwarts-kunst eine marginale Rolle einnimmt. In diesem Kontext ist die vom 12. Juni bis zum 8. August 2004 für die Stadtgalerie geplante Ausstellung „WeltenRäume 2004 - Skulptur und Installation aus Dänemark“ zu sehen. Be-grenzt auf den dänischen Kunstraum soll versucht werden, Tendenzen einer neuen Genera-tion an Skulpturen sowie einen zeitgenössischen Skulpturbegriff aufzuzeigen. Verbunden mit dem Fokus auf Fragen des Raumes ist es das Ziel der Ausstellung, Arbeiten zu präsentieren, die unterschiedliche Ansätze vorstellen, einen neuen Skulpturbegriff zu de-finieren. Neben einem Einblick in die vitale zeitgenössische dänische Kunstszene soll zu-sätzlich Fragen des Zusammenspiels von Welten, Bildern, Objekten und Individuen nachge-gangen werden. Es wird beleuchtet, inwiefern Objekte den Menschen und seine Wahrnehmung der Welt bestimmen. In unserer heutigen Zeit der Globalisierung, Vernetzung und virtuellen Kommu-nikation werden reale Räume mit virtuellen Welten gegenübergestellt und Aspekte ihrer Wechselbeziehungen aufgezeigt.

Für Kaspar Bonnén steht die Frage im Zentrum, wie Dinge zur gleichen Zeit in verschiede-nen Arten von Räumen präsent sein können. Grundlage ist für ihn der konkrete Raum, der mentale, soziale und politische Räume in sich einschließt. In seinen an die Tradition der Stilleben und Interieurdarstellungen angelehnten Gemälden und Fotozeichnungen verbindet er ein konkretes mit einem abstrakten Universum und dekonstruiert derart die Auffassung einer einzigen konkreten Realität. In Rauminstallation mit skulpturalen Objekten kombiniert, sieht er selbst seine Bilder als Beschreibung des zeitgenössischen Raumes in Bezug zum komplexen Raum oder dem Universum, in dem wir heute leben.

Ausgangspunkt für die Objekte Jesper Dalgaards ist seine fiktive Biografie der Person „Mort Fega“, die in einer unbestimmten Zukunft (2300) und einer fernen Galaxie lebt. Diese Welt setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen – aus konstruierten Einheiten, die orientiert an den benötigten Ressourcen für die Produktion von Nahrungsmitteln in unterschiedliche klimatische Regionen unterteilt sind. Durch die Titel, die Auszüge aus dieser fiktiven Biografie sind, setzt er diese Narration in Bezug zu seinen Skulpturen. Aus Materialien des Modelleisenbahnbaus konstruiert Dalgaard Landschaftsskulpturen, die teilweise von der De-cke hängen und die Module der Welt Mort Fegas bilden. Es sind keine massiven Volumen, sondern Gebilde, die einen inneren und einen äußeren Raum aufweisen. Statt sich auf die Darstellung seiner Science-Fiction-Fantasie zu beschränken, wird in diesen traditionell ge-formten Skulpturen die interstellare, wissenschaftliche Welt der Imagination mit Materialien der Spielzeugwelt verbunden. Seine Zukunftsvision wird ironisch an Elemente unserer realen Welt rückgekoppelt.

Ausgehend von dem Computerspiel „The Sims“ verwandelt Rasmus Danø Galerie- und Ausstellungsräume in Spielräume. „The Sims“ ist kein Videospiel im klassischen Sinne. Statt um den Kampf nach dem Highscore oder dem Erleben von Action, geht es um das Leben. Aufgabe ist es, eine Familie zu erschaffen, in eine Straße einzuziehen, mit Nachbarn zu in-teragieren, einen Job zu finden und dem alltäglichen Leben im allgemeinen nachzugehen. Der Spieler bestimmt was und wann die Figuren etwas machen müssen. Das Leben wird zum abgebildeten Spiel. Mit Anleihen an Ellsworth Kelly, Walter DeMaria oder auch Lawrence Weiner transportiert Rasmus Danø die Oberfläche dieser virtuellen Spielwelt in die Welt des realen Ausstellungsraumes. Ohne die Schnittstelle des Computers wird der Betrachter zur anweisenden und ausführenden Figur.

Die Produktwelt und der Markenfetischismus stehen im Zentrum der Arbeiten von Klaus Thejll Jakobsen. Der Pop Art verhaftet, produziert er aus Materialien wie Fiberglas und Bleistiftzeichnungen, Aquarellen oder Pappe, Objekte der Konsumwelt in Originalgröße. Mit Gegenständen wie dem New Beetle von Volkswagen, einem 50“ Sony Flachbildschirm mit Tisch und Playstation, Turnschuhen, einem DJ-Pult oder auch einer Halfpipe für Skate-boardfahrer verweist er auf Verbrauchsgüter, die wegen ihrer Exklusivität oder ihres Preises besonders begehrt sind. Es ist der Einfluss dieser Konsum- und Produktwelt auf das Indivi-duum, das im Zentrum steht, aber auch die Beziehung dieser Objekte auf die heutige (Pop)Kultur. Welche Relation besteht zwischen Kunst und materialisierter Kultur und vice versa?

Auch Rasmus Bjørn spielt mit der Welt der Pop- und Massenkultur. In seiner Installation „Career Mode“ zeigt er aus Tannenzapfen, Plastikperlen oder Mamor gebaute Skateboards und dazugehörige Helme. Zeichnungen geben die Oberfläche von Flipperspielen wieder und in Gemälden stellt er von Turnschuhen über Unterhosen bis zu Mützen verschiedenste Klei-dungsstücke vor. Ähnlich wie bei Rasmus Danø ist ein Skateboard-Playstationspiel Aus-gangspunkt für diese Installation. So wie man in diesem Spiel seinen eigenen Spieler er-schaffen muss, bestimmt die Wahl der Kleidung, der Logos und die Entscheidung für die Ausbildung bestimmter Fähigkeiten die reale Person und den weiteren Verlauf des Spiels.

Inspiriert von Filmarchitektur und der digitalen Bilderwelt erschafft René Schmidt Skulpturen, die Zwischenstellen und das „Dazwischen“ thematisieren. Grundlage ist für ihn die Position, dass das Aussehen, die äußere Erscheinung der Welt, durch die Industrie und ihre Produkte bestimmt wird. Formal weisen seine Objekte eine Affinität zur Sprache von Science-Fictionfilmen auf. Die Oberflächen gestalten sich aus digitalen Bildern, vor allen Dingen Bildern der Werbung, die René Schmidt mit der Technik des Morphing am Computer bis hin zu ihrer Unkenntlichkeit verändert hat. Ebenso erschafft er mit seinen Skulpturen an Zukunftsvisionen angelehnte Mikrokosmen, die er mit gemorphten Figuren bevölkert. Es ist die Frage des Zusammenspiels von Oberfläche und Form, die im Zentrum steht. Die digitalen Bilder und der virtuelle Raum werden aus dem Bildschirm gelöst und an dreidimensionale, reale Objekte gebunden.

In den Medien der Skulptur, der 3D-Animation und der Grafik stellt sich in den Arbeiten von Ole Krabbe-Poulsen das Changieren zwischen Objekten und Systemen als Leitmotiv dar. Während René Schmidt den virtuellen Raum auf seine Objekte transferiert, verlagert Ole-Krabbe-Poulsen seine Skulpturen in Animationsfilme und den Cyberspace. Im Vordergrund steht für ihn der prozessuale Aspekt des Erschaffens von Objekten und inwiefern diese Rea-litäten generieren, wobei er nicht nur die konstruktiven und funktionalen Werte und Eigen-schaften thematisiert, sondern gleichzeitig ihre potentielle Inkonsistenz der transformierbaren Eigenschaften ihrer Oberfläche, ihrer Hülle. Der reale und der virtuelle Raum werden in seinen Arbeiten nebeneinander gestellt. Unsere dreidimensionale Realität erscheint als Spur in den von Ole-Krabbe-Poulsen geschaffenen virtuellen Welten. Pressetext

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WeltenRäume 2004 - Skulptur und Installation aus Dänemark
KünstlerInnen: Rasmus Bjørn, Kaspar Bonnén, Jesper Dalgaard, Rasmus Danø, Ole Krabbe-Poulsen, René Schmidt, Klaus Thejll Jakobsen