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Eröffnung: 20. Juni 2008, 19 Uhr, Salon des MSUB 20 Uhr, Zentrum für kulturelle Dekontamination - Paviljon Veljković

Die Ausstellung "Zidovi na ulici / Walls in the Street", eine Kooperation des Siemens Arts Program und des MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad, (Muzej savremene umetnosti, Beograd), stellt die Wand und ihre Bedeutungen in der bildenden Kunst in den Mittelpunkt des Interesses. Die Künstler Mike Bouchet, Uros Ðurić, Michael Elmgreen & Ingar Dragset, Mathilde ter Heijne, Rita McBride, Josephine Meckseper, Sarah Morris, Dušan Otašević, Neša Paripović, Dan Perjovschi, Robin Rhode, Michael Sailstorfer, Annika Ström, Milica Tomić, Lawrence Weiner, Amelie von Wulffen und Heimo Zobernig nähern sich in ihren Arbeiten der "Wand" im konkreten und übertragenen Sinne.

Die Wand ist das Grundelement menschlicher Architektur. Sie erfüllt ihren Zweck als Umschließung, Abschottung, Sichtschranke und Einhausung, zugleich aber auch als Fassade, Grundfläche und Bühnenrequisit. Sie ist die Trennmarke zur uneingeschränkten Öffentlichkeit nach außen. Die Wand dient als Hängefläche für Bilder, Wände - sogar eine einzelne Wand - lassen Räume entstehen. Vier Wände bilden die Raumkoordinaten zur Präsentation von Werken wie Skulpturen, Objekten oder Installationen. Vor allem im Kontext des aufkommenden Diskurses der institutionellen Kunstpräsentation des 20. Jahrhunderts führte die enorme Wirkmacht der Wand als Präsentationsfläche zu einer Auseinandersetzung der bildenden Kunst mit dem Objekt "Wand" an sich. Viele der Arbeiten die für "Zidovi na ulici / Walls in the Street" entstehen, beschäftigen sich mit der Wand jedoch auch im übertragenen Sinne.

Belgrad kann als geradezu idealer Ort für die Ausstellung "Zidovi na ulici / Walls in the Street" gelten: "Beograd", das übersetzt soviel heißt wie "Weiße Festung" bzw. "Weiße Stadt", trägt den Kern des Projekts bereits im Namen. Das serbische Wort "ograda" bedeutet Umzäunung, Umfassung, Zaun. Der Wiener Künstler Heimo Zobernig reagierte anlässlich der Ausstellung auf diese sprachliche Gegebenheit. Das gleiche Material wie die temporäre Umzäunung des sich im Umbau befindlichen MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst verwendend, hat er den Bauzaun verlängert und so ein serbisches Wort konstruiert. Von oben betrachtet schreibt die Verlängerung des Zauns das Wort "ograda". Was Zobernig durch orangefarbenes Baunetz abzirkeln ließ, ist demnach eine Sinn bestätigende Selbstbeschreibung.

Das MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad, mit seinem Skulpturenpark, der ohne Grenzlinie in einen öffentlichen Park mündet, ist ein wunderbarer Ausgangspunkt für das Thema "Wand". Das Museum zählt nicht nur zu den herausragenden Gebäuden der Nachkriegsmoderne des damaligen Jugoslawien, sondern besitzt mit seinen facettierten Räumen auch eine ideale Voraussetzung für ein Verständnis der Wand als architektonisches (und ideologisches) Element. Es wurde am Rande Neu-Belgrads, eines der größten Städtebau-Projekte der Nachkriegszeit im damaligen Jugoslawien, an der Save-Donau-Mündung gebaut, gegenüber der Belgrader Festung, die sich auf der anderen Seite der Save erhebt.

Im Stadtzentrum reagiert Lawrence Weiner mit seiner Arbeit auf die rasante Entwicklung des Stadtbilds des postsozialistischen Belgrad: Der amerikanische Konzeptkünstler lässt seine Textskulptur "PLACED ON EITHER SIDE OF THE LIGHT" auf dem Dach des Hochhauses der ehemaligen Beobanka anbringen. Ein Gerüst eines bestehenden Billboards zeigt noch den Rest eines Werbeslogans der mittlerweile bankrotten Staatsbank: "A CA BAMA", das "mit Dir/Ihnen" bedeutet. Weiner nutzt diese Konstellation um die Zweigesichtigkeit der Wand ins assoziative Spiel zu bringen. Die Wand besitzt nicht nur zwei Seiten, vorne und hinten, oben und unten, rechts und links. Sie wird an beiden Seiten des Lichts platziert, leuchtet gleichsam ohne Schatten an der obersten Kante eines Gebäudes, welches über der Stadt Belgrad in den Himmel ragt.

Gegenüber den berühmten namengebenden Burgmauern von Belgrad befindet sich der Salon des MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, in dem ein Teil der Kunstwerke der Ausstellung präsentiert werden. So auch der faszinierende Film von Neša Paripović, in dem dieser die Wand in ihrer "Uneindeutigkeit" und eingeschriebenen Doppelsinnigkeit bestätigt:

Neša Paripović selbst streift als einsamer Akteur durch die Stadt Belgrad. Im Anzug bewegt er sich forschen Schrittes, klettert über Mauern und Absperrungen, durchschreitet Straßen und Rasenflächen, missachtet Grenzen und Besitztümer. Sein Weg folgt einer gedachten Linie über den Grundriss der Stadt, sodass seine Spur sie, ungeachtet ihrer tatsächlichen Bebauung, gleichsam in zwei Hälften teilt. Was er abschreitet ist eine unsichtbare Grenze, eine Bruchlinie durch die Bezirke. Die Wand bringt sich an der Grenze selbst in Stellung, die Grenze aber ist ein dünnes Zwischenfeld, an der sich vieles zur Kenntlichkeit bringt. Die Bedeutung, die sie setzt, Zwang und Freiheit, Beherrschung und Knechtschaft, die Unterschiede von Recht und Unrecht, zeigen sie zwar materiell als Mauer, jedoch ideell und metaphorisch als Bruchstelle, als die Ruine ihrer eigenen Gewalt.

Einige der Kunstwerke befassen sich auch ganz konkret mit der Beschaffen- und Wesenheit der Wand. So beispielsweise Michael Sailstorfer mit seiner Bodenskulptur "Studie U Wand", die u.a. gemeinsam mit "State Department [Capital]" der Künstlerin Sarah Morris, die sich mit der Darstellung von Oberflächenstrukturen von Fassaden auseinander setzt, im Zentrum für kulturelle Dekontamination - Paviljon Veljković (Centar za kulturnu dekontaminaciju - Paviljon Veljković) gezeigt wird. Der Paviljon Veljković, wie das Gebäude auch genannt wird, ist einer der Hauptausstellungsorte. Er hat sich durch kritische Kunstbeiträge zum Politik-, und Zeitgeschehen seinen Rang in der kulturellen Szene Belgrads erobert. Im dritten Ausstellungsraum, der so genannten Nacionalna galerija, die allerdings keine staatliche Einrichtung ist, sondern eine Verkaufsgalerie, wird u.a. eine Arbeit von Uros Ðurić zu sehen sein, die sich mit Monumentalität, Geschichtlichkeit und dem Charakter von Denkmälern auseinander setzt.

Die Ausstellung "Zidovi na ulici / Walls in the Street" ist das erste Projekt, das Thomas Trummer für das Siemens Arts Program realisiert. Gemeinsam mit seinem Co-Kurator Marko Lulić ist es ihm gelungen, in Zusammenarbeit mit Branislava Anđelković vom MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad, hierfür siebzehn herausragende Künstler zu gewinnen. Indem er einen Fokus auf die Stadt Belgrad legt und sie mit wichtigen zeitgenössischen Positionen der bildenden Kunst in Berührung bringt, stärkt und belebt er die aktive und vielversprechende Kunstszene der Stadt, die ständig auf die schnell wechselnden sozialen, politischen und urbanen Bedingungen reagieren muss.

Weitere Informationen finden Sie unter www.zidovinaulici.org.

Eröffnung 20. Juni 2008, 19 Uhr, Salon des MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst 20 Uhr, Zentrum für kulturelle Dekontamination - Paviljon Veljković

Künstler Mike Bouchet, Uros Đurić, Michael Elmgreen & Ingar Dragset, Mathilde ter Heijne, Rita McBride, Josephine Meckseper, Sarah Morris, Dušan Otašević, Neša Paripović, Dan Perjovschi, Robin Rhode, Michael Sailstorfer, Annika Ström, Milica Tomić, Lawrence Weiner, Amelie von Wulffen und Heimo Zobernig

Kooperationspartner MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad (Muzej savremene umetnosti, Beograd), Serbien, und Siemens Arts Program

Kuratoren Branislava Anđelković (MSUB), Marko Lulić (Künstler) und Thomas Trummer (Siemens Arts Program)

Projektassistenz Vesna Milić (MSUB) und Katrin Meder (Siemens Arts Program)

Ausstellungsräume Salon des MSUB - Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad (Salon MSUB - Muzeja savremene umetnosti, Beograd), Pariska 14 Zentrum für kulturelle Dekontamination - Paviljon Veljković (Centar za kulturnu dekontaminaciju - Paviljon Veljković), Bircaninova 21 Nacionalna galerija, Dositejeva 1

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Zidovi na ulici / Walls in the Street
In Kooperation mit Siemens Arts Program, München
Kuratoren: Branislava Andelkovic, Marko Lulic, Thomas D. Trummer

Künstler: Mike Bouchet, Uros Djuric, Michael Elmgreen & Ingar Dragset, Mathilde ter Heijne, Rita McBride, Josephine Meckseper, Sarah Morris, Dusan Otasevic, Nesa Paripovic, Dan Perjovschi, Robin Rhode, Michael Sailstorfer, Annika Ström, Milica Tomic, Lawrence Weiner, Amelie von Wulffen, Heimo Zobernig