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Fragen der „Form“ wurden in der Kunst und in der Kunstgeschichte schon immer gestellt, und oft in Abgrenzung zum „Inhalt“. So stellten viele große Kunstveranstaltungen der letzten Jahre, allen voran die documenta 11, formalästhetische Fragen hinter politischen und sozialen Themen wie Postkonialismus und Globalisierung zurück. Andererseits feiern, von einem zunehmend neokonservativen Feuilleton unterstützt, zahlreiche andere Ausstellungen die Rückkehr zur guten alten Malerei und zum Tafelbild.

Nicht nur die verschiedensten Formen der Figuration und Narration, auch die ungegenständliche Malerei und Skulptur stehen heute wieder hoch im Kurs, sind „in.“ Die Ausstellung „Formalismus – Moderne Kunst heute“ im Hamburger Kunstverein, die nach langer Zeit auch den Begriff des „Inhaltismus“ wieder in die Diskussion brachte, wurde auch in Florian Illies’ Kunst-Lifestylemagazin „Monopol“ umfassend zum Thema. Die alte und wertende Unterscheidung von Form und Inhalt, der im 19. Jahrhundert schon Nietzsche oder Oscar Wilde teilweise spöttisch entgegentraten, scheint heute erkenntnistheoretisch endgültig überholt. So unterscheidet etwa die Systemtheorie nicht eine (äußere) Form vom Inhalt, sondern sieht jede Form in einem „Medium“ situiert, womit die Form eher etwas Inneres ist beziehungsweise Innen und Außen tendenziell ununterscheidbar werden.

Dennoch beziehen wir ein Außen stets auf ein Innen und schließen zum Beispiel aus der Frisur eines Menschen auf seine innere Einstellung und Verfaßtheit. Oder wir interpretieren typische Gesten als Ausdruck des Charakters. Sind Töne, die sich auf physische Zustände beziehen, auch Klänge der Seele? Gibt es überhaupt Formen, die nichts „bedeuten“? Oder ist jede Farbspur eine Geste, jedes Raster letztlich eine Architektur? Können wir Leichtigkeit und Schwere anders erleben als aus unserer eigenen, spezifischen körperlichen Verfaßtheit heraus? Und gibt es Formen, die unwillkürlich erotische und sexuelle Assoziationen wecken?

Solchen und anderen „Fragen der Form“ geht die Ausstellung nach und begibt sich damit weniger auf die Suche nach Eindeutigkeit denn nach neuen, produktiven Verwirrungen, für welche die Kunst schon immer ein prädestiniertes Vehikel war. Die Schau „Vokuhila – Fragen der Form“ ist inhaltlich nicht politisch motiviert, aber versteht sich im Zeitalter zunehmender Fundamentalismen als Plädoyer für Vieldeutigkeit und Spielräume der Interpretation.

Pressetext

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Vokuhila - Fragen der Form
kuratiert von Ludwig Seyfarth

mit Harald Braun, Marita Damkröger, William Engelen, Anne Lorenz,
Anke Röhrscheid, Christine Rusche