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Ein Gebäude von Le Corbusier, die Unité d’Habitation in Marseille, bildet den Ausgangspunkt der Präsentation im Kunstpavillon und gibt der Ausstellung zugleich auch ihren Titel.

Nach einer gemeinsamen Reise zur Unité d’Habitation erfolgte die Recherche zum und die Beschäftigung mit dem Gebäude. Dabei ging es auch um die Ideen und Konzepte von Le Corbusier sowie um die soziologischen Hintergründe und Bedingungen seiner Zeit. Ausgehend von diesen Themen werden Fragestellungen der Moderne behandelt: Fragen von Raum- und Objektverhältnis stehen dabei im Vordergrund. Die Beschäftigung mit Werken der Arte Povera und mit konzeptionellen Arbeiten der 1960er Jahre waren ein weiterer Schwerpunkt der Recherche.

Die Arbeiten in der Ausstellung beschäftigen sich mit Fragen des Raum- und Objektverhältnisses. Es sehen sind sieben skulpturale Positionen von Karina Bruckner, Thomas Gänszler, Max Mertens, Tina Murg, Christina Starzer, Paul Wagner, Kay Walkowiak, eine Wandarbeit von Markus Sulzbacher und drei Videos von Markus Hanakam & Roswitha Schuller, Christine Schöpf, Roswitha Weingrill zu sehen. Konsequente und präzise Umsetzung in den jeweiligen Medien und vor allem das Interesse für Materialität und skulpturale Fragestellungen verbinden diese Positionen. Die Kunstwerke unterlaufen auf spielerische Art eine dogmatische Selbstbehauptung und zeigen dennoch sehr emotionale und individuelle Herangehensweisen.

Christine Schöpfs Video beschreibt den Rhythmus des Gehens aus der Froschperspektive. Ursprünglich war die Idee der Pilotis (= Pfosten) für sie Ausgangspunkt. Es geht ihr darum das Abheben vom Boden in ihrer Arbeit zu thematisieren. Mit zwei an den Füßen angebrachten und in entgegengesetzter Richtung ausgerichteten Videokameras schreitet sie vom Vorbereich in die „Unité“ und beschreibt so die visuell zurückgelegte Wegstrecke. Sie verfolgt einen konzeptionellen Werkansatz, mit starken Bezügen zu frühen Videoarbeiten. In Verbindung mit den Geräuschen der Umgebung wird die Arbeit zu einer stark physischen Erfahrung verdichtet.

Thomas Gänszler zeigt ein Bodenobjekt mit modellhaftem Charakter. Er simuliert eine mögliche Setzung und Stapelung von Bauteilen, die schwer einzuordnen ist und als hybrides Objekt zwischen den verschiedenen Objekt-Konzepten oszilliert. Die Materialität, die Oberflächen und die präzise Umsetzung spielt dabei eine große Rolle.

Paul Wagners gebautes Zaunobjekt, das aus Kartonschachteln sorgfältig zusammengefügt wurde, widersetzt sich dem Modellhaften. Das Objekt mit seiner feinen Zeichnung offenbart sich erst beim genauen Hinschauen. Es geht ihm um den Rhythmus, das Verschließen und Offenhalten des Gefüges. Die Kartonschachteln fungieren als Basis und stecken den Raum der Skulptur ab.

Christina Starzers Papierstapel erzeugt den Eindruck von Labilität und deutet die bevorstehende Kollabierung an. Sie arbeitet gegen die Gesetzmäßigkeiten der Schwerkraft. Die Arbeit beansprucht ein Skulpturkonzept der Moderne, nämlich die Technik des Schneidens des Schichtens und Zusammenfügens von gleichen Elementen zu einem Ganzem. Die Luftfeuchtigkeit sowie die Zeit der Ausstellung verändert die Wellung des Papiers – ein poetisches und gleichermaßen skulpturales Werk mit starken Bezügen zu spezifischen Werken der Arte Povera.

Tina Murg beschäftigte sich mit der Fassade der „Unité“ und übertrug die Maßverhältnisse in ihre Arbeit. Dünne Metallstäbe werden von zwei an den Enden verlaufenden Textilbändern gehalten. Die auf den Stahlrohren in unterschiedlichen Abständen und Rhythmen aufgebrachte Spiegelfolie versucht Qualitäten des Aufnehmens, Reflektierens und sich Widerspiegelns auszudrücken und so elementare Ideen des Gebäudes zu kopieren. Durch verschiedene Abstände ergibt sich ein spannender Rhythmus.

Die modulartige Raumstruktur aus runden Metallstäben von Karina Bruckner bezieht sich auf die von Aldo van Eyck geschaffene Spielplatzobjekte in Amsterdam. Sie spielt aber auch mit Bezügen zur Minimal Art und eröffnet so verschiedene Herangehensweisen. Die Arbeit mit den matt lackierten Metallstangen strahlt eine starke Präsenz im Raum aus.

Markus Sulzbacher kommt von einem performativen Ansatz her. Seine Arbeit ist Kletterwand und Objekt zur Raumvermessung. Er gestaltet die große Wand in der Ausstellung als ein verlassenes Bild oder als Fassadenfragment und gleichzeitig als Dokument einer zuvor stattgefundenen Performance. Der Wandkomposition wird über die Anwendung definiert. Die Abdrücke der Performance sind als Spuren sichtbar.

Roswitha Weingrill thematisiert in Ihrer Videoarbeit das Verhältnis von Menschengruppen zum Gebäude. Einerseits ist der Film als kritische Position zum Betrachter/Objekt-Verhältnis zu verstehen, andererseits lebt die Arbeit vom Duktus der Zeichnung und den fragmentierten Texten, die zum subjektiven Bild transformiert werden.

Markus Hanakams & Roswitha Schullers Videoarbeit beschreibt die Versendung eines Gepäcksstücks, welches zum Gebäude mutiert, sich endlos multipliziert und dann auch noch als Bildträger herhalten muss. Es geht um ein Spiel mit Utopien der Moderne sowie der Verknüpfung von Bild und Textstücken auf ironische Weise. Es tauchen Gebäude mit Streifenfassaden von Daniel Buren auf oder aber auch ein Fassadentext mit der Aufschrift „Yeah“ – ein Spiel mit vielen Referenzen mit ungewissem Ausgang.

Das Objekt Kranich von Kay Walkowiak im Park spielt mit der Ambivalenz von Leichtigkeit und Tristesse. Durch die Verbindung einer Schaukel mit Parabolspiegeln verweist das Objekt auf den Moment der Schwerelosigkeit, als Bewegung in den offenen Raum, welche durch das Fehlen der Sitzfläche nicht stattfinden kann. Als Irritation im Außenraum zwischen Alltags- und Kunstobjekt fungiert die Arbeit (Skulptur) als frei interpretierbares Zeichen.

Werner Feiersinger

* Referenz auf die Wohneinheit, die so genannte ‚unité d’habitation’ „Maison des Hommes“ von Le Corbusier.

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Unité*
Künstlerische Positionen von Studierenden der Abteilung Kunst und Kommunikative Praxis an der Universität für angewandte Kunst, Wien, kuratiert von Gastprof. Werner Feiersinger.
Ort: Kunstpavillon

Künstler: Karina Bruckner, Thomas Gänszler, Max Mertens, Tina Murg, Christina Starzer, Paul Wagner, Kay Walkowiak, Markus Sulzbacher, Markus Hanakam & Roswitha Schuller, Christine Schöpf, Roswitha Weingrill