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Uncover. Made in Düsseldorf #3: Alex Grein / Johanna Reich

Laufzeit: 9. Oktober – 8. November 2020
Eröffnung: 8. Oktober 2020, 19 Uhr

Made in Düsseldorf ist eine Ausstellungsreihe des NRW-Forums in Kooperation mit der Stadtsparkasse Düsseldorf. Sie widmet sich zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die durch ihr Studium, ihren Wohnort oder künstlerische Inhalte in Verbindung mit Düsseldorf und dem Rheinland stehen. Die im Rahmen der Hauspartnerschaft mit der Stadtsparkasse Düsseldorf realisierte Reihe präsentiert im NRW-Forum einmal im Jahr Werke aus der Sammlung der Stadtsparkasse Düsseldorf im Kunstpalast. Die dritte Ausgabe mit dem Titel Uncover widmet sich vom 9. Oktober bis 8. November 2020 Fragen von Medialität und dem kritischen wie klugen Spiel mit Realität und Wahrnehmung in den fotografischen Arbeiten der Künstlerinnen Alex Grein und Johanna Reich.

Während Alex Grein Bibliotheken reorganisiert und Literatur in neue Zusammenhänge stellt oder neue fotografische Bildebenen konstruiert, verwendet Johanna Reich Porträts von in Vergessenheit geratenen Künstlerinnen als Ausgangspunkt für ihre Arbeit und thematisiert die Rolle der Frau in der Kunst. Unter den ausgestellten Werken sind drei neue Arbeiten der beiden Künstlerinnen, die für die Sammlung der Stadtsparkasse Düsseldorf im Kunstpalast angekauft wurden.

Alex Grein (1983) studierte an der Fachhochschule Düsseldorf sowie an der Düsseldorfer Kunstakademie als Meisterschülerin von Prof. Andreas Gursky. In ihren Arbeiten fordert sie die Wahrnehmung der Betrachterinnen durch die Mittel der Dekontextualisierung, Verschiebungen und das Spiel mit Größenverhältnissen heraus. Der Bezug der Fotografie zur Realität stellt eine zentrale Frage dar. Die beiden 2019 entstandenen Werke Lolita, vergiss Orangen und Datteln, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. sowie Die Manager reden. gehören zu einer neuen Reihe, die fotografische Aufnahmen von Bücherrücken zeigt. Für ihre Arbeit bringt sie das System einer Bibliothek durcheinander und schafft durch eine eigene Anordnung oftmals kanonischer Bücher neue Sinnzusammenhänge.

Irritationsmomente entstehen in der Arbeit Pictures on a Screen: Grein legt Miniaturmodelle von Alltagsgegenständen auf das Display ihres Smartphones, auf dem sie zuvor Found-Footage-Material oder selbst fotografierte Abbildungen aufgerufen hat. Im nächsten Schritt fotografiert sie das Ensemble. So entsteht ein Spiel mit den verschiedenen Wahrnehmungs- und Realitätsebenen. In den illusionistischen Fotografien scheinen Kannen oder Krüge durch die Luft zu schweben oder drohen zu fallen.

In einer Installation verschwimmen digitale Transparenz und analoge Erinnerung. Alex Grein erstellt in Neptun Technologies Fotos mit ihrem Smartphone und schickt sie an einen Drucker, der sie im Ausstellungsraum direkt ausdruckt. Die Prints fallen in eine Fotolaborschale, die mit Wasser gefüllt ist. Das Papier löst sich innerhalb weniger Sekunden auf, sodass der Betrachter kaum eine Chance hat, das Foto zu erkennen. So schnell wie die Aufnahme gemacht ist, verschwindet sie auch wieder.

Mit der Arbeit Sky wird auch der Außenraum des NRW-Forums bespielt. Das Werbeschild eines bekannten Medienkonzerns flackert an den Außenmauern des Gebäudes im Sekundentakt auf und entwickelt durch den technischen Eingriff der Künstlerin ein Eigenleben.

Johanna Reich (*1977) hat an der Kunstakademie Münster, bei Wim Wenders und anderen an der HfbK Hamburg, sowie an der KHM in Köln studiert. Die Medienkünstlerin hat in den vergangenen Jahren ein vielfältiges Werk an der Schnittstelle zwischen digitalen und analogen Bildwelten geschaffen. Neben digitalen Medien bezieht sie auch Skulptur und Performance in ihr Werk mit ein. Reich untersucht, welchen Einfluss die fortschreitende Digitalisierung unserer Welt und die mediale Vereinnahmung unseres Alltags auf das Denken, unser Rollenverständnis und unsere Wahrnehmung haben. Das Verhältnis von Realität, Bild und Abbild ist elementares Thema in ihrem Werk.

Seit 2014 arbeitet Johanna Reich im Rahmen ihres Projektes Resurface (dt. wieder auftauchen) an einem Archiv von Künstlerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts, die innerhalb einer männlich dominierten Geschichtsschreibung in Vergessenheit gerieten. Zu Anfang entstand die Arbeit Resurface (Part I), in der sie Polaroidbilder von über hundert ausgewählten Künstlerinnenporträts anfertigte und den Entwicklungsprozess mit der Videokamera aufnahm. Die Arbeit zeigt die Videoinstallation gemeinsam mit Polaroids, neben denen jeweils Wikipedia-Artikel mit Informationen zu den Künstlerinnen angeordnet sind, die teilweise angeschnitten und durch verschwommene Schrift nur schwer zu entziffern sind. In der Ausstellung wird die Weiterentwicklung des Projektes gezeigt. In Resurface (Part II) erstellt Johanna Reich Polaroids von Porträts von zu Lebzeiten bekannten und erfolgreichen Künstlerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts, die durchaus museal vertreten waren, deren Oeuvre im Laufe der Zeit aber keine adäquate Beachtung geschenkt wurde. Während des Entwicklungsprozesses scannt Johanna Reich die Polaroids und es entstehen großformatige, blasse Bilder der Porträts, die noch nicht vollständig entwickelt sind.

„Man sieht die Frauen und zugleich sieht man sie nicht. Sie bleiben in der Schwebe. Sie sind da und doch nicht da.“, so die Künstlerin.

Die Videoarbeit Virgins Land, bei der die Künstlerin an einem verlassenen Strand steht und eine goldene Rettungsdecke im Wind wehen lässt, ist durch das Sahara-Projekt von Heinz Mack aus den 1960er Jahren inspiriert. Das Thema der Materialität von Licht wird durch den politisch aufgeladenen Gegenstand – der Rettungsdecke – mit einer Symbolhaftigkeit verbunden und lässt den Betrachter*innen großen Interpretationsspielraum.

In der performativen Arbeit Crawler bewegen sich Textpassagen zu gesellschaftlich relevanten Themen im Raum. Ein Beamer, der auf einem Staubsaugerroboter befestigt ist, projiziert Kommentare des letzten Jahres, die sich unter anderem mit Gender, Digitaler Revolution oder Klimawandel befassen. Die Texte werden durch eine von der Künstlerin programmierte Suchmaschine aus dem Internet herausgefiltert und nach ihren Kriterien ausgesucht. Sie bewegen sich neben ausgewählten Gedichten im Raum und lassen eine Interaktion entstehen, wenn sie mal kleiner, mal größer auf die Wände oder die Besucher*innen projiziert werden.

Ich freue mich über die gemeinsame Ausstellung von Alex Grein und Johanna Reich sowie die Erwerbung einiger ihrer Arbeiten für unsere Sammlung. Beide Künstlerinnen hinterfragen auf unterschiedliche Art und Weise unsere Vorstellung von Realität durch das Medium der Fotografie, so Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast.Wir sind der Stadtsparkasse Düsseldorf zu großem Dank verpflichtet, dass sie sich in großzügiger Weise mit Kunstankäufen für den weiteren Ausbau ihrer Sammlung in unserem Haus engagiert.

Mit den neuen Ankäufen und der Fokussierung auf das Medium der Fotografie wollen wir den Kunstpalast dabei unterstützen, seine Fotografiesammlung zu erweitern. Wir freuen uns, dass wir in der jährlich stattfindenden Ausstellung ‚Made in Düsseldorf“ eine Auswahl unserer Neuankäufe der Öffentlichkeit im NRW-Forum zugänglich machen können, so Karin-Brigitte Göbel, Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse Düsseldorf.

Zum Engagement der Stadtsparkasse Düsseldorf
Seit 2017 unterstützt die Stadtsparkasse Düsseldorf als Hauspartner das NRW-Forum bei seinen Ausstellungs- und Vermittlungsprojekten. Kunstförderung und die Unterstützung von Kulturinstitutionen in Düsseldorf stellen für die Stadtsparkasse Düsseldorf einen wichtigen Teilbereich des gesellschaftlichen Engagements dar.

In den 1970er Jahren wurde die Kunstsammlung der Stadtsparkasse Düsseldorf durch den damaligen Vorstandsvorsitzenden Fritz Kulins initiiert. Im Rahmen von Kunstausstellungen im Unternehmen fanden erste Werke ihren Weg in die Sammlung. Vor allem Arbeiten von Düsseldorfer Künstlerinnen, damaligen Studierenden der Kunstakademie aber auch von bedeutenden Vertreterinnen der Düsseldorfer Kunstszene wurden aufgenommen. 2008 entstand durch eine Kooperation mit dem Kunstpalast die Sammlung der Stadtsparkasse Düsseldorf im Kunstpalast, die über einen jährlichen Ankaufsetat verfügt. Die in der Sammlung vertretenen Künstler*innen haben durch Wohnsitz, Studium, persönliche oder professionelle Verbindungen einen Bezug zu Düsseldorf bzw. dem Rheinland. Eine Auswahl der Neuerwerbungen dient jährlich als Ausgangspunkt für die Ausstellungsreihe Made in Düsseldorf.

Die Ausstellung wird kuratiert von Katharina Grote, Kuratorin der Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf.