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Tony Cragg –
Drawing as Continuum
18.9.2021 bis 9.1.2022

Als Ausstellungsort für internationale Kunst pflegt das Haus am Waldsee mit seinem Skulpturenpark einen besonderen Bezug zur Plastik. Seit der Erweiterung und Generalsanierung des Ausstellungshauses 2018/19 freuen wir uns über die Leihgabe einer großen Außenskulptur Versus (2011/2019) des britischen Bildhauers Tony Cragg (*1949). Im Herbst 2021 widmen wir vor diesem Hintergrund dem zeichnerischen Werk des internationalen Künstlers nun eine große Ausstellung, die neben Arbeiten auf Papier auch einige Skulpturen im Innenraum vorstellen wird.

Die Schau fokussiert sich auf Arbeiten seit den 1970er Jahren. Zu sehen sein werden elf Serien in elf Räumen, wobei neben frühen Fotografien, Handzeichnungen und Aquarellen auch Lithografien gezeigt werden, die einen vertieften Einblick in das künstlerisch-wissenschaftliche Denken von Tony Cragg erlauben.

Die verstärkte Wendung zur Zeichnung auf Papier vollzieht sich mit den 1990er Jahren. Nun nutzt Cragg den Zeichenstift sowohl zur technischen Kommunikation als Skizze oder als Möglichkeit zur Kontemplation über Form und Inhalt komplexer künstlerischer Fragestellungen, die meist naturwissenschaftlich motiviert sind. Mit den 2000er Jahren entstehen zudem autonome Zeichnungen, sowie farbige Aquarelle und Lithografien.

Auch in seinen Zeichnungen taucht Cragg tief in die Felder ein, die aus der Auseinandersetzung mit Material und Form, Mikro- und Makrostrukturen entstehen. Oft arbeitet er auf dem Papier Themen in Serien durch, als wären es Versuchsreihen im Labor. So untersucht er zum Beispiel in den 1990er Jahren intensiv Formabläufe von Gefäßen, die sich verschachteln, frei bewegen und schließlich transformieren. Fortlaufend findet Cragg in der aktuellen technischen und naturwissenschaftlichen Welt neue Herausforderungen und Denkansätze für sein künstlerisches Werk. Die Neugier auf kleinste und größte Energiefelder, die den Kosmos ausmachen und unseren Planeten umgeben oder im Verborgenen mikroskopischer Größenordnungen liegen, macht er auf unterschiedliche Weise sichtbar.

Gesetzmäßigkeiten der digitalen Welt können ebenso Gegenstand seiner Suchbewegungen in der Zeichnung sein wie fossile Funde, die weit zurückliegende Lebenszeiten sichtbar machen. Dabei bindet Cragg die Vorstellung von Zeit und Raum in jüngster Vergangenheit erneut an ein anthropomorphes Formrepertoire, das vom eigenen Körper ausgeht. Nach 2010 entstehen liniendichte Zeichnungen von Köpfen und Gesichtern, die in multiplizierter Form und in Bewegung ineinander zu fließen scheinen. Hier werden Vorstellungen von Beweglichkeit, Automatisierung, Spiegelung und Verflüssigungen sichtbar, die an das Menschliche gebunden sind.

Unter den Serien auf Papier finden sich Einzelblätter, die mit altmeisterlicher Genauigkeit Insekten, Werkzeuge oder auch Brotlaibe wiedergeben. Neben den abstrakten Blättern, die oft vehement bewegt Form- und Energieverläufe wiedergeben, scheint Cragg sich mit diesen Einzelblättern nicht nur von Zeit zu Zeit und mit Humor seiner eigenen Fähigkeit zur realistischen Studie versichern zu wollen, sondern auf sehr alte kulturelle und alltägliche Bereiche verweisen zu wollen. Craggs künstlerisches Denken ist als Bildhauer an Materialstrukturen und Räume der Naturwissenschaften gebunden. Mit den Zeichnungen können seine Quellen neu entdeckt werden. Die selten ausgestellten Arbeiten auf Papier spiegeln die fortwährende Neugier, die Tony Cragg auch nach vier weltweit erfolgreichen Jahrzehnten zu immer wieder überraschenden Arbeiten von poetischer Kraft und Dynamik führt.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint im Herbst 2021 ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König. Herausgegeben und eingeführt von Katja Blomberg, mit einem Interview von Jon Wood und Tony Cragg. Ca. 100 Seiten, Deutsch/Englisch, 24 Euro.