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Toba Khedoori
9. Oktober 2021 – 20. Februar 2022
Eröffnung: Freitag, 8. Oktober 2021, 17 – 22 Uhr

Seit mehr als fünfundzwanzig Jahren arbeitet Toba Khedoori an einem Werk, das zu den herausragenden, zugleich aber auch ungewöhnlichen Beiträgen zur Gegenwartskunst gezählt werden kann. Ihre Arbeiten, die das Resultat eines langen, konzentrierten Fertigungsprozesses sind, können an der Grenze zwischen Zeichnung und Malerei verortet werden, wobei sich mit ihnen auch stark haptische Eigenschaften verbinden. Als Grundlage ihrer Hervorbringungen fungieren in der Regel mit Wachs bearbeitete Papierbahnen, die derart nebeneinander arrangiert sind, dass sie zusammenhängende Bildträger von monumentalem Format ergeben. Auf ihren Oberflächen verfertigt Khedoori unter Einsatz von Grafit und Ölfarbe Zeichnungen, die durch eine ausgesprochen präzise Ausführung und, damit einhergehend, einen großen Detailreichtum bestechen. Sie zeigen unter anderem Gebäude, Fenster, Kinosessel, Kamine, Geäste, Gräser, Wolken oder Horizontlinien. Der Mensch ist allenfalls durch die Spuren seines Wirkens präsent und nie unmittelbarer Gegenstand eines Bildes. Vielen Formulierungen ist zudem gemein, dass die dargestellten Motive von ihrem ursprünglichen Kontext losgelöst sind und einen weiten, leeren Bildraum besetzen. Ort und Zeit erfahren somit eine gewisse Negation. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass sich mit einem Teil der Werke unterschiedlich intensive Momente der Abstraktion verbinden, durch die sich in Khedooris Schaffen eine zusätzliche Dimension eröffnet.

Seit 2008 produziert die Künstlerin ebenfalls Malereien auf Leinwänden, die im Verhältnis zu den beschriebenen Papierarbeiten deutlich kleiner angelegt sind. In ihnen ist die Auseinandersetzung mit den im Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Natur anzusiedelnden Themen weiter fortgesetzt. Dabei ist das Wechselspiel zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion potenziert. Manche Arbeiten entziehen sich einer klaren Lesbarkeit, sodass die Wirkung von Linien, Strukturen und Farben in den Vordergrund rückt. Unabhängig von ihrem Abstraktionsgrad geht von den Gemälden eine ungewöhnliche, stille und bemerkenswerte Kraft aus, die repräsentativ für das gesamte Schaffen von Khedoori ist. Sie beflügelt Fragen zu den grundlegenden Parametern des Lebens und begründet dadurch die philosophische Ebene ihres Werkes.

Aufgrund der besonderen Qualität des Schaffens waren die Arbeiten der 1964 in Sydney geborenen und heute in Los Angeles lebenden Künstlerin schon früh Bestandteil des internationalen Diskurses, wodurch sie im institutionellen Kontext eine starke Verankerung hat. So wurde ihr Werk 1997 und 1998 in Einzelausstellungen im Museum of Contemporary Art in Los Angeles, im Walker Art Center in Minneapolis sowie im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington D.C. gezeigt. An diese Präsentationen schlossen sich 2001 umfassende Würdigungen ihrer Praxis im Museum für Gegenwartskunst in Basel sowie in der Whitechapel Gallery in London an. Außerdem wurden ihre Zeichnungen und Malereien im Rahmen von Gruppenausstellungen wie 2004 der Bienal Internacional de Arte de São Paulo, 2006 der Liverpool Biennal of Contemporary Art oder 2009 der Biennale di Venezia vorgestellt. Weitere Höhepunkte ihrer Ausstellungstätigkeit markierten 2016 die Retrospektiven im Los Angeles County Museum of Art sowie im Pérez Art Museum Miami. In Deutschland steht eine eingehende Auseinandersetzung mit Khedooris Œuvre bislang aus. Vom 9. Oktober 2021 bis zum 20. Februar 2022 wird das Fridericianum ihr daher eine umfassende Einzelausstellung widmen, wobei das ambitionierte Projekt ebenfalls die erste große Einzelausstellung in Europa seit mehr als zwanzig Jahren repräsentiert. Dabei werden anhand von ausgewählten, zwischen 1994 und 2021 entstandenen Werken die Vielfalt des zeichnerischen und malerischen Schaffens sowie dessen Entwicklung innerhalb der letzten drei Dekaden eine Darstellung erfahren.