press release only in german

Thomas Ruff stellt bereits seit drei Jahrzehnten regelmäßig in der Galerie Rüdiger Schöttle aus. Nachdem wir in München dieses Jahr eine umfassende Werkschau des Künstlers im Haus der Kunst sehen durften, freuen wir uns, neue Arbeiten aus der ma.r.s. Serie präsentieren zu können. Thomas Ruff, 1958 in Zell am Harmersbach, Schwarzwald, geboren, zählt zu den weltweit bekanntesten und erfolgreichsten Fotokünstlern. Nach dem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Bernd und Hilla Becher widmet sich Thomas Ruff seit den 1980er Jahren ganz unterschiedlichen Themengruppen. Er beginnt mit eher objektiv-neutralen fotografischen Bildserien von Gebäuden, Interieurs oder Porträts. Im Laufe der Zeit zeichnet sich seine Arbeitsweise mehr und mehr dadurch aus, dass er das Medium der Fotografie selbst thematisiert und sich damit immer weiter von der klassischen Fotografie entfernt. Seit den späten 1990er Jahren setzt sich Thomas Ruff zunehmend mit der digitalen Bilderwelt und den Möglichkeiten ihrer technischen Manipulierbarkeit auseinander. Dies geht Hand in Hand mit der Etablierung des Internets als weltumspannendes Massenmedium mit seinem unerschöpflichen Fundus an Material. Motiviert von seiner frühen Faszination für Astronomie vollzieht sich im Werk Thomas Ruffs mit seiner 1989 bis 1992 entstandenen Reihe „Sterne“ der Schritt, nicht länger nur auf der Basis eigener Fotografien zu arbeiten, sondern erstmalig auf ein spezialisiertes Internetarchiv für astronomische Aufnahmen zurückzugreifen. Die stark vergrößerten Vorlagen führen dem Betrachter eine scheinbar fest konstituierte Realität des Universums vor, das sich in Wahrheit in ständiger Bewegung im raum-zeitlichen Wandel befindet. Damit führt der Künstler uns vor, dass das, was wir gemäß unserer Sehgewohnheiten für real halten, in Wahrheit nur unserer Vorstellungskraft entspringt und eine Suggestion des fotografischen Mediums ist. Aus der umfangreichen und öffentlich zugänglichen Sammlung der NASA stammt das Bildmaterial, aufgenommen von der um den Saturn kreisenden Raumsonde „Cassini“, die auch Namenspatron für Thomas Ruffs ab 2008 entstandene Serie ist. Durch Kolorierung verstärkt der Künstler den aus seiner Sicht bereits vorhandenen Abstraktionsgrad dieser Aufnahmen, stellt Farben und geometrische Formen wie Kugeln und schwungvolle Linien, die dem Saturn und seiner Ringe und Monde naturgegeben zu eigen sind, heraus. Somit wandelt er die maschinell entstandenen, ursprünglich wissenschaftlichen Zwecken dienenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen in persönliche, malerisch wirkende Bildvorstellungen um. Auf einem ähnlichen Prinzip basieren die seit 2010 entstehenden Arbeiten von Thomas Ruffs jüngster Serie „ma.r.s.“. Die Grundlage stellen die ebenfalls über die NASA publizierten Aufnahmen der seit 2005 um den Mars kreisenden Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“. Unser rötlich gefärbter Nachbarplanet ist etwa halb so groß wie die Erde, hat wie sie polare Eiskappen und wechselnde Jahreszeiten. Die präzisen Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Raumsonde zeigen uns nicht unvertraut wirkende Landschaften aus trockenen Flussbetten, Berggraten und Kratern. Aus dem bereits mit tausenden von Bildern angefüllten nüchtern-wissenschaftlichen Bildarchiv, von dem Thomas Ruff nur einen Teil gesichtet hat, wählt der Künstler nach subjektiven und ästhetischen Gesichtspunkten ihn faszinierende Ansichten und unterzieht sie einer räumlichen und farblichen Bearbeitung. Er staucht die von der Sonde senkrecht erfassten Bilder zu Schrägansichten, als würde man sich im Landeanflug auf den Planeten befinden. Die Kolorierung der schwarzweißen Originale unterstützt dabei diese dem Betrachter vorgeführte wahrnehmungspsychologische Wandlung und ermöglicht die Vorwegnahme einer Perspektive, wie sie sich einem zukünftigen Marsbesucher auf die noch unberührte Landschaft bieten würde. Neu innerhalb der Werkgruppe der ma.r.s.-Bilder sind Thomas Ruffs Experimente mit der 3D-Technik, der räumlichen dreidimensionalen Wiedergabe von Bildern. Ein Effekt, dessen sich bisher vor allem die Filmindustrie im Zeitalter von High Definition und Multiplexkinos bedient, um dem Publikum ein intensiveres optisches Erlebnis zu bieten. Mittels einer speziellen Brille wird die Wahrnehmungsveränderung sichtbar: Berge springen dem Betrachter entgegen, Schluchten ziehen sich zurück – der Eindruck eines Marsbesuches gestaltet sich im gleichen Maße realer, wie die Illusion, der man im Grunde unterliegt, größer wird. Aber auch ohne Brille betrachtet faszinieren diese Arbeiten mit ihrer intensiven und zugleich diffusen Farbigkeit und laden dazu ein, mit ihren optischen Möglichkeiten und Effekten zu experimentieren.