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Auf den ersten Blick könnte man vermuten, bei Kitzingers Bildern handele es sich um so etwas wie Fotorealismus. Allerdings geht es ihm nicht um die subtile Übersetzung spezifisch medialer Phänomene in die traditionelle Technik der Malerei. Vielmehr ist seine Malerei auf eine Weise altmeisterlich, die Tradition und Handwerklichkeit in nicht mehr zu steigernder Perfektion anwendet, zitiert und letztendlich ad absurdum führt. Schicht für Schicht werden Lasuren aufgetragen, die Glätte der Oberfläche wird anschließend mit der Rasierklinge bearbeitet, um auch noch die allerletzten Spuren der Malaktion zu tilgen. Das Produkt solcher Handarbeit gibt sich den Anschein maschineller Fertigung, was bei den neueren Bildern noch verstärkt wird durch die Verwendung von Aluminiumplatten als Bildträger. Kitzingers Bilderfindungen knüpfen an die Welt der Stillleben an. Haben sich diese – wie andere Bildgattungen auch – historisch aus der liebevollen Schilderung des Ambientes sakrale Themen entwickelt und schließlich zur eigenen Gattung emanzipiert, so verbinden sie in ihrer Blütezeit das Interesse an den kleinen Dingen des Alltags mit der Lust an der Fähigkeit, diese so perfekt wie möglich zur vergegenwärtigen. Mit wissenschaftlicher Akribie werden nicht nur zoologische und botanische Details wiedergegeben, sondern es wird auch das Verhältnis der Dinge zueinander studiert, ihre Erscheinungsweise und Wahrnehmbarkeit im Raum, ihre Stofflichkeit, ihr Verhalten unter dem Einfluss von Licht und Schatten. Über die eisige Fremdheit, die Kitzingers Teller und Becher ausstrahlen, über die völlige Verweigerung auch nur der Andeutung eines Kontextes und über die puristische Flächigkeit dieser Bilder trotz minutiös illusionistischer Wiedergabe ist viel und Treffendes geschrieben worden. Der Betrachter sieht sich mit einer Welt konfrontiert, die ihm nicht zugänglich ist, obwohl er sie zu kennen meint. „In der Diktion des Malers erscheinen die Dinge in einer Fremdheit, Schärfe und Akkuratesse, die wir in der Wirklichkeit nie an ihnen bemerkt haben“, schreibt Stephan Berg. „Was wir sehen, ist das Einzelne in seiner Vereinzelung, so liebevoll und so erbarmungslos genau gemalt, als gäbe es nichts anderes“. Und an anderer Stelle: „Ein Bild zu malen wird in diesem Kontext zu einem Balanceakt. Es bedeutet, den Gegenstand so weit ernst zu nehmen, das er als konstanter Bildträger taugt und ihn gleichzeitig mit soviel Fragilität auszustatten, dass klar wird, dass er nur Platzhalter der ihn umgebenden Leere ist.“ (Stephan Berg, Die Leere der Dinge, Katalog Thomas Kitzinger, Malerei, Galerie Ulrich Gering. Frankfurt 1995, S. 15 und 9) Kitzinger gelingt mit diesen Bildern so etwas wie die Quadratur des Kreises. Seine Arbeiten sind, ohne auf den Gegenstand zu verzichten, absolute, autonome Malerei. Im radikalen Verzicht auf narrative und metaphorische Aspekte thematisieren sie in der Dynamik eisiger Starre, in der kühlen Askese ihrer ebenso unprätentiösen wie dennoch fast sakral anmutenden, monumentalen Perfektion auf neue Weise, was schon immer Thema des Stilllebens war: Das Motiv der Vanitas. Hans Gercke (Pressetext)

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Thomas Kitzinger