press release only in german

In den letzten zwei Jahrzehnten zeigt sich eine fast euphorische Rezeption der Fotografie, die sich in großen Ausstellungen und spektakulären Markterfolgen dokumentiert. Im besonderen gilt diese Aufmerksamkeit einer veristischen Stilrichtung der Fotografie, deren Bedeutung gerade für Deutschland kaum zu unterschätzen ist. Fotokünstler wie Andreas Gursky oder Thomas Struth beziehen sich auf eine neusachliche Tradition, die sich an die Namen Karl Blossfeldt oder Albert Renger-Patzsch, bindet. Mag sich aus diesen Einflüssen auch ein wichtiger Schwerpunkt gerade deutscher Fotografie erklären, so muss demgegenüber jedoch festgehalten werden, dass das Spektrum deutscher Fotografie sehr viel weiter gefasst ist als man auf den ersten Blick annehmen könnte. So zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass es durchaus keinen Nationalstil der Fotografie gibt, sondern dass man mit einer großen stilistischen Breite des fotokünstlerischen Schaffens rechnen muss.

Als Beispiel für eine solche durchaus eigenständige Position muss auch der 1957 in Zwickau geborene Fotograf Thomas Florschuetz gelten. Er passt nicht in die Schemata einer systematisch argumentierenden Fotografiegeschichte. Weder ist er dem Dokumentarismus der „Becher-Schule“ noch einer in engerem Sinne „subjektiven“ Fotografie zuzuschlagen. Eher läßt sich seine Fotokunst als eine Recherche über die sinnlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten definieren. Ausgangspunkt dieser Recherche ist dabei der eigene Körper, der Florschuetz als Motiv dient. Florschuetz‘ Bilder sind in diesem Sinne einerseits intim und persönlich begründet, andererseits zielen sie auf das „Werk“ als ästhetisches Faktum. Ein Beispiel hierfür sind nicht nur die „Körperstücke“, sondern auch seine „Fensterbilder“. Motivisch wie thematisch offen, verfolgt er systematische Fragestellungen, die um die Grenzen und Möglichkeiten der Fotografie kreisen.

Das Kunstmuseum Bonn präsentiert die erste große Einzelausstellung des Künstlers, der 1994 mit dem Dorothea von Stetten – Kunstpreis im Kunstmuseum ausgezeichnet worden ist. Gezeigt werden vor allem Werke der neunziger Jahre und des beginnenden 21. Jahrhunderts. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Steidl-Verlag, Göttingen, mit Texten von Christoph Schreier, Aris Fioretos und Mark Gisbourne. Preis ca. 20,- Euro. Im Rahmen der Ausstellung findet am 19. Mai um 19 Uhr ein Künstlergespräch mit Thomas Florschuetz statt. Die Ausstellung wird im Anschluss im „Baltic. The Center for Contemporary Art“ in Gateshead/England und in den Kunstsammlungen Chemnitz gezeigt. Pressetext