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Die Arbeiten und Projekte Thomas Feuersteins beschäftigen sich mit der Gegenwart und Zukunft, mit der sozialen und politischen Utopie. Sie bilden eine Schnittstelle künstlerischer Vision, Projektion und Verarbeitung von forschungspolitischen Statements und sozialen Fragestellungen. Feuerstein hinterfragt symbolische Manifestationen und materielle “Special Effects“ sozialer Narrative unter den veränderten Bedingungen von Technologie, Ökonomie und Politik. Ausstellungen werden zu laborartigen Versuchsanordnungen, die kulturelle “Konfabulationsmaschinen“ zur Generierung von Identitätsprojekten künstlerischer Experimente unterziehen. Wenn Feuerstein etwa vom “Special Effect“ der Internationalen Raumstation (ISS) ausgeht und ihn zu einem “Special Effect“ seiner Kunst macht, verstrickt er uns in Geschichten über Politik, Modernität, technischen Allmachtsphantasien, Utopien und Scifi-Szenarien. Das Objekt versteht sich als “Knoten“ und nicht als insistierendes, abgeschlossenes Werk. Es katalysiert Geschichten und ist Relaisstation, die Wirklichkeiten verknüpft und transformiert. Als komplexes kulturelles Artefakt basiert die ISS zwar auf Hochtechnologie, aber vergleichbar mit Architekturen früherer Epochen, verkörpert sie ein symbolisches Kondensat westlich modernistischer Zivilisation. Dieses Kondensat einer materialisierten Konfabulation nimmt Feuerstein wörtlich und schafft z. B. eine Eismaschine, The Birth of a Nation, die physikalisch aus dem Wasserdampf der Ausdünstungen und der Atemluft der Ausstellungsbesucher wächst.

Feuersteins Methode der konzeptuellen Narration provoziert Konfabulationen, die anstatt kausal und dual, myzelhaft agieren. Die Arbeiten entziehen sich der konventionellen Vorstellung zu einem Werkcharakter, indem sie wie kommunizierende Gefäße miteinander in Verbindung stehen. Wenn Plankton und Laborfliegen zum Material von Feuersteins Kunst werden, verweist dies unter anderem darauf, dass die Raumstation als Überlebenskapsel, interstellares Habitat, als Bioreaktor und Labor fungiert. In der Installation Manna Maschine vermehren und verdichten sich während der Ausstellungsdauer Schwebealgen in einem Bioreaktor, die einerseits zu Pigmenten für Bilder genutzt und andererseits zur Grundnahrung für Drosophila Fliegen verarbeitet werden können. Algen und Fliegen bilden in der Installation ein geschlossenes System, wie es von Weltraumtechnikern in Form so genannter “Bioregenerative Life Support Systems“ visioniert wird. Die unterschiedlichen Verwendungszusammenhänge operieren zunächst in den getrennten Sphären des Realen – die Algen als Nahrung – und des Symbolischen – die Algen als Farbe. In einer weiteren Arbeitsreihe verwandeln sich die gezüchteten Fliegen in ein Kunstobjekt, indem sie zu Bildpunkten für Portraits von Personen werden. Das Reale und das Symbolische, das Biologische und das Politische bilden für den Künstler erneut einen konzeptuellen Knoten, der deutlich macht, dass die künstlerische Konfabulation in einem Dazwischen, im „inter esse“ der Wirklichkeit geschieht.

Pressetext

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Thomas Feuerstein: Focus Utopia