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THOMAS BAUMGÄRTEL. POLITISCHE BILDER
10.09.2016 - 03.10.2016

Die Aufgabe des Künstlers ist es, Zeuge seiner Zeit in der Geschichte zu sein. (R.Rauschenberg)

Gern möchten wir den vielen Anfragen zu der Ausstellung "Thomas Baumgärtel - Politische Bilder" gerecht werden, deshalb bitten wir diese und Anfragen zu Besuchszeiten zu senden an:

info@kunstverein-langenfeld.de.

Im folgenden finden Sie:

1. Antworten des Kunstvereins (im Wortlaut) auf bisher eingegangene Medienanfragen

2. Distanzierung des Kunstvereins von Aussagen des Künstlers

3. Statement des Kunstvereins zur Ausstellung

1. Antworten des Kunstvereins aller bisher eingegangenen Medienanfragen:

RP 11. OKT 2016, Stefan Meisel;

1.) Stimmt es, dass die Baumgärtel-Ausstellung vorzeitig beendet wurde? Wann? 2.) Falls ja: Was sind die Gründe? 3.) Bereut der Kunstverein die Ausstellung?

Kunstverein Langenfeld vom 11. OKT 2016 (im Wortlaut):

1./2. 1.) Stimmt es, dass die Baumgärtel-Ausstellung vorzeitig beendet wurde? Wann? 2.) Falls ja: Was sind die Gründe? Die Ausstellung „Politische Bilder“ mit Werken von Thomas Baumgärtel erfreute sich eines überaus hohen Anfangsinteresses. Die Anfragen gingen im Verlauf der nachfolgenden Wochen zurück und zuletzt gegen Null.

Da die Ausstellung ohnehin während der Ferien regulär geschlossen ist, wurde entschieden, diese vor den Ferien zu beenden, wie auch veröffentlicht wurde.

3.) Bereut der Kunstverein die Ausstellung? Der Kunstverein hat die Ausstellung mit Überlegung und in Zusammenarbeit mit dem Künstler konzipiert und freut sich über das hohe - auch überregionale - Interesse von Bürgerinnen und Bürgern - auch türkischen Mitbürgern -, Fachpublikum und vor allem jungem Publikum. Die Besucherinnen und Besucher waren in höchst interessanten, konstruktiv kritischen wie kontroversen Gesprächen über die Gesamtausstellung vertieft: Kunst, die Begegnung schafft und zur Diskussion über gesellschaftspolitische Fragen anregt! Dies entspricht dem Sinne der Kunst im Allgemeinen und dieser Ausstellung im Besonderen und ist ein wesentliches Anliegen des Kunstvereins Langenfeld.

Ihre Frage, ob der Kunstverein die Ausstellung „bereut“, dürfte sich unter diesem Aspekt erübrigen.

RP, 16. SEP 2016, Stefan Meisel: "Bleibt das Erdogan-Ausstellung in der Ausstellung? Was sagen Sie zu der Demonstration von gestern und den Aussagen des Bürgermeisters (Öl ins Feuer, Kritik an Nichtinformation vorab,...)? "

Kunstverein Langenfeld, 18. SEP 2016 (im Wortlaut):

RP: "Bleibt das Erdogan-Ausstellung in der Ausstellung?" Zur Erinnerung: der Titel der Ausstellung heißt „politische Bilder“ und zeigt 37 Werke des Künstlers, die u.a. die Fifa Korruption, den VW Skandal, die deutsche Wieder- vereinigung oder eben die politische Situation in der Türkei thematisiert.

Selbstverständlich ist auch im Vorfeld diskutiert worden, ob dem Wunsch des Künstlers entsprochen werden soll, das Bild mit dem Titel: „Unter der Gürtellinie“ auszustellen. In Vorgesprächen auch mit dem Künstler war klar, es geht in diesem Bild um die Anprangerung der Unterdrückung von Meinungsfreiheit in der Türkei. Ein wichtiges Thema, das in dieser Ausstellung nicht fehlen sollte. Die Art der Darstellung allerdings ließ kontroverse Diskussionen erwarten.

Indem der Kunstverein sich für diese Ausstellung ebenso wie für das Bild entschied, war den Handelnden dies und die damit verbundene Verantwortung bewusst. Und dies bedeutet, dass von Beginn an klar war, wenn die Ausstellung einmal konzipiert ist, gibt es keine Option für Veränderung oder Austausch einzelner Exponate, denn die Präsentation ist im Gesamtzusammenhang zu sehen und zu diskutieren.

Die Herausnahme eines Bildes mit dem Ziel, einem Druck nachzugeben, der durch eine auf dieses Bild reduzierte Berichterstattung kontinuierlich verstärkt wird, kommt faktisch einer Zensur gleich. Die Freiheit der Presse, der Wissenschaft und ebenso der Kunst sind jedoch Eckpunkte unserer freiheitlich demokratischen Verfassung. Die Sicherheitskräfte bewachen im Übrigen nicht das Bild, wie Sie heute berichten, sondern sind aus versicherungstechnischen Gründen erforderlich.

Wie mehrfach angekündigt, beantwortet der Kunstverein alle Anfragen per Email, so auch Ihre jetzt vorliegende Anfrage.

RP, Meisel: "Was sagen Sie zu der Demonstration von gestern"

Das Demonstrationsrecht gehört zu unserer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaftsordnung, eine friedliche Demonstration ist eine freie Meinungsäußerung ebenso wie die Kunst. Im Übrigen war die Niederlegung von Bananen durch einige der Demonstranten eine coole Geste.

RP, Meisel: "und den Aussagen des Bürgermeisters (Öl ins Feuer, Kritik an Nichtinformation vorab,...)"

Das Zitat unseres Bürgermeisters Frank Schneider in der gestrigen Ausstrahlung der WDR-Lokalzeit heißt im Wortlaut: „Kunst soll provozieren, Kunst muss provozieren, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Das ist natürlich die Freiheit der Kunst. Für mich ist das rein populistisch Öl ins Feuer zu gießen aus welchem Grunde auch immer und das verurteile ich.“

Sofern mit „Nichtinformation vorab“ gemeint ist, man solle den Bürgermeister über ein spezielles Exponat einer Ausstellung vorab informieren, würde dem Bürgermeister unausgesprochen die Aufgabe zuteil, über Zensur oder nicht zu entscheiden. Hierzu sah sich der Kunstverein nicht veranlasst.

Das jetzt von der Rheinischen Post mehrfach über Tage in die Medien gebrachte Bild wurde nicht vom Kunstverein veröffentlicht, das war auch nie dessen Absicht. Als Teil der Ausstellung ist es allerdings eine Einladung an alle Ausstellungsbesucher, sich über dieses wie über alle anderen dargestellten Themen Gedanken zu machen.

Die Bürgerbefragung des WDR ebenso wie die Vernissage mit über 120 Besuchern hat gezeigt, dass Kunst eben Begegnung und Austausch möglich macht. Der Kunstverein ist gesprächsbereit für alle, die sich ernsthaft und in friedvoller Absicht mit den dargestellten Themen im Besonderen aber auch über Kunst im Allgemeinen auseinandersetzen möchten, auch mit der türkischen Gemeinde und auch mit den Demonstranten.

2. Distanzierung des Kunstvereins von Aussagen des Künstlers

In verschiedenen Medienberichten zu dem o.g. Bild fallen nun am 15. September 2016 überraschenderweise Bemerkungen des Künstlers auf, von denen sich der Kunstverein Langenfeld in aller Deutlichkeit distanziert:

"Freunde warnten ihn, auch Galeristen weigerten sich zunächst, das Erdogan-Bild zu zeigen. „Aber ich habe mich immer wieder gefragt: Wie feige bin ich eigentlich? Wir können uns doch nicht von einigen Muslimen wieder zurück ins Mittelalter schießen lassen, was die Kunst- und Meinungsfreiheit angeht.“ (Hamburger Abendblatt)

Stellungnahme Kunstverein: Das besagte Bild ist eine Kritik an der Unterdrückung u.a. der Meinungsfreiheit in der Türkei. Hierüber und in diesem Sinne wurde im Vorfeld auch mit dem Künstler entsprechend einvernehmlich diskutiert. Eine pauschale Kritik an "Muslimen" ist in dem Bild in keiner Weise zu sehen.

Nur vor diesem Hintergrund hat der Kunstverein sich für die Ausstellung des Bildes entschieden. Sollte der Künstler aber tatsächlich die in dem Artikel genannte Intention bei der Erstellung des Bildes gehabt haben, wäre das seine ganz persönliche Sichtweise, die aber mit dem Bild selbst und seiner objektiven Aussage nicht übereinstimmt.

Der Kunstverein Langenfeld distanziert sich deshalb eindeutig von dieser Aussage des Künstlers und hat diesen am 18.SEP um eindeutige Positionierung gebeten.

Dazu Thomas Baumgärtel:

"Einzelne aus dem Zusammenhang gerissenen Sätze aus einem Pressegespräch, das ich mit wenigen Redakteuren (nicht mit einem Redakteur des Hamburger Abendblatts!) geführt habe, zu zitieren, verfälscht leicht den Inhalt. Ich hatte über die Terroristen gesprochen, die die Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo verübt hatten und bin dann auf Erdogan zu sprechen gekommen, der nicht nur im eigenen Land die Kunst- und Meinungsfreiheit unterdrückt, sondern auch in Deutschland mit seinen 6000 Informanten (ein größeres Agentenheer als einst die Stasi!) versucht Druck auszuüben und Leute einzuschüchtern - er ist da auch nicht der Einzige, der das mit Gewaltandrohungen versucht!"

3. Statement des Kunstvereins zur Ausstellung

Als Street-Art-Künstler ist Thomas Baumgärtel seit Jahren mit „seiner Banane“ unterwegs- kritisch, ironisch, frech, provokant. Für die Ausstellung „politische Bilder“ hat sich der Kunstverein Langenfeld mit Bedacht entschieden. Viel wird in den Medien darüber berichtet – genauer gesagt über ein einziges Bild: „Unter der Gürtellinie“.

Selbstverständlich ist auch im Vorfeld diskutiert worden, ob dem Wunsch des Künstlers entsprochen werden soll, jenes Bild auszustellen. In Vorgesprächen auch mit dem Künstler war klar, es geht in diesem Bild um die Anprangerung der Unterdrückung vor allem von Meinungsfreiheit in der Türkei. Dieses wichtige Thema, sollte in dieser Ausstellung nicht fehlen. Die Art der Darstellung allerdings ließ kontroverse Diskussionen erwarten.

Indem der Kunstverein sich für diese Ausstellung ebenso wie für das Bild entschied, war den Handelnden dies und die damit verbundene Verantwortung bewusst. Und dies bedeutet, dass von Beginn an klar war, wenn die Ausstellung einmal konzipiert ist, gibt es keine Option für Veränderung oder Austausch einzelner Exponate, denn die Präsentation ist im Gesamtzusammenhang zu sehen und zu diskutieren.