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04.02.2023 - 16.04.2023
Vernissage: 03.02.2023

Theo Gerber. Science Fiction // Marguerite Saegesser. American Monotypes

Die Künstlerin Marguerite Saegesser und der Künstler Theo Gerber sind 26 und 20 Jahre alt, als in Thun das Kunstmuseum eröffnet. Die in Bern geborene Marguerite Saegesser lässt sich zu diesem Zeitpunkt in Lausanne zur Bildhauerin ausbilden. Der junge Thuner Theo Gerber zieht zwei Jahre zuvor, 1946, nach Ba- sel. Was hat sie als junge Menschen in die Ferne gezogen und wie haben die Kinder- und Jugendjahre in Bern und Thun ihr späteres Schaffen geprägt? In einer Doppelausstellung würdigt das Kunstmuseum Thun diese in Vergessenheit geratenen Positionen aus der Region.

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Theo Gerber (*1928 in Thun, † 1997, La Tour d’Aigues)
Fantasievoll sind die Bildwelten von Theo Gerber, der zeitlebens gegen das Kunstsystem rebellierte und sich keinem Genre zuordnen liess. Sie erzählen von den Träumen des Künstlers und spiegeln seine subjek- tive Vorstellung von einer friedvollen und freien Welt wider. Sich auf seine Werke einlassend, finden wir uns an kaum vorstellbaren Orten wieder, stossen aber auch auf vertraute Motive. So taucht etwa der Thuner Hausberg Niesen in seinen Gemälden immer wieder auf.

Die Ausstellung nimmt die Besucher:innen mit auf einen Streifzug durch sein Œuvre und beleuchtet dabei auch seine Lebenswege, die ihn von Thun über Basel und Paris bis in die Provence führten. Seine anfangs gegenständlichen Bilder zeigen die Landschaft um den Thunersee, werden dann abstrakter und nähern sich in den 1960er-Jahren Stilen wie der Pop Art oder dem Surrealismus an. Sein Spätwerk zeigt komplexe Bild- geflechte. Oft übermalte Theo Gerber seine Bilder, denn die Vorstellung, ein Leben lang an einem Bild weiter zu malen, hat ihn stets fasziniert.

Biografisches
Theo Gerber bricht 1946 die Schule ab, um Künstler zu werden. Auf Empfehlung Cuno Amiets besucht er die Kunstgewerbeschule in Basel, die er nach drei Jahren ohne Diplom verlässt. Der Maler unternimmt zahlrei- che Reisen. 1952 ist er Gründungsmitglied der Basler Künstlergruppe «Ulysses – Bewegung junger Kunst». Trotz des anfänglichen Erfolgs stösst Gerbers Kunst in der Schweiz zunehmend auf Ablehnung. 1955 und 1957 lebt der Künstler zeitweise beim afrikanischen Volk der Dogon. Afrika wird zu seinem «Seelenort», wie er sagt. 1962 zieht er nach Paris. Von 1976 bis zu seinem Tod 1997 lebt der Thuner Maler im «Le Tourel», ei- nem ehemaligen Franziskanerkloster in La Tour d’Aigues in der Provence.

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Marguerite Saegesser (*1922, Bern, † 2011, Muri b. Bern)
Diese Künstlerin ist in zweierlei Hinsicht eine Entdeckung: Zum einen, weil keine ihrer Arbeiten trotz vieler verschiedener Bildsprachen an Qualität einbüsst. Zum anderen, weil die Künstlerin trotz dieser Qualität im Kanon der schweizerischen Kunstgeschichtsschreibung bisher kaum Erwähnung fand. American Monoty- pes gewährt Einblick in einen spezifischen Aspekt ihres Werks und würdigt die Künstlerin erstmals in einer institutionellen Ausstellung. Im Fokus stehen ihre Monotypien, denen ein druckgraphisches Verfahren zugrunde liegt, bei dem jeweils nur ein einziges Original entsteht. Ursprünglich im 17. Jahrhundert entwickelt, erlebte die Monotypie im 19. Jahrhundert durch die Impressionisten, insbesondere Edgar Degas, eine Renaissance, geriet dann aber er- neut in Vergessenheit. Ein Revival der Druckgraphik, den so genannten Graphic Boom oder auch die Print Renaissance, gab es Ende der 1960er-Jahre. Künstler:innen des Abstrakten Expressionismus, unter ihnen auch der mit Saegesser befreundete Sam Francis, wandten sich in den 1970er-Jahren vermehrt den Druck- techniken zu. In dieser Zeit wurde Smith Anderson Editions in Palo Alto zu einem führenden Zentrum für Druckgrafik und Monotypie in den USA. In diesem Umfeld entwickelte Saegesser ihr eigenständiges Werk.

Insbesondere in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren wird die Monotypie ihr zentrales künstleri- sches Ausdrucksmittel.

Nachdem ein Grossteil der Werke Saegessers durch ihre Tochter Francisca Saegesser, ebenfalls Künstle- rin, 2009 aus den USA nach Thun geholt wurden, können die Monotypien nun erstmals einem breiteren Publikum vorgestellt werden.

Biografisches
Marguerite Rüfenacht wächst in einer den schönen Künsten zugewandten Kaufleute-Familie in Bern auf. Nach dem Geige-Studium am Konservatorium in Lausanne, entscheidet sie sich für eine Berufslehre in Bild- hauerei im Atelier des damals prominenten Lausanner Künstlers Milo Martin, die sie 1946 abschliesst. Nach Studienaufenthalten in Schweden und Rom betreibt sie bis 1952 ein Atelier im vadtländischen Chexbres, be- vor sie nach Bern zurückkehrt. Sie heiratet den Medizinprofessor Max Saegesser. Es folgen Reisen nach Boston und San Francisco, wo 1953 die gemeinsame Tochter geboren wird. In den 1950er-Jahren stellt Saegesser regelmässig in Einzel- und Gruppenausstellungen ihre Skulpturen aus. Hervorzuheben sind ihre Hervorzuheben sind ihre Ausstellung in der Galerie Wolfgang Gurlitt in München, 1957, sowie ihre Teilnahme an den schweizerischen Plastikausstellungen in Biel 1958 und 1962. Ab Mitte der 1970er-Jahre lebt sie in den USA und kehrt nur noch sporadisch in die Schweiz zurück. Hier entstehen ab 1978 Monotypien, ab den frühen 1980er-Jahre auch Ge- mälde.

Zu beiden Ausstellungen erscheinen Publikationen im Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich.