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Susanne Paesler, die 1963 in Darmstadt geboren wurde und 2006 viel zu früh in Berlin verstarb, gehört zu einer Künstlergeneration, die Abschied genommen hat vom modernistischen Konzept des Bildes als Ort immer neuer, sich wechselseitig übertrumpfender ästhetischer Visionen. Statt den Handschriften und Stilen, die sich im 20. Jahrhundert entwickelt haben, eine weitere, individuelle Ausdrucksform hinzuzufügen, diskutiert ihr künstlerisches Schaffen den Stellenwert des Kunstwerks in einer Welt bereits existierender Bilder und reproduzierbarer ästhetischer Strukturen. Diese Haltung dokumentiert sich schon in ihren frühesten Gemälden, die Anfang der 1990er-Jahre entstehen. Vordergründig kultivieren sie die geometrische Formensprache eines ganz und gar selbstbezüglichen konstruktivistischen Kunstwerks, doch weisen Muster und Farbwahl immer wieder auf außerbildliche Zusammenhänge. Entsprechend lassen diese Bilder mal an billige Wolldecken, mal an Burlington Socken und Burberry Mäntel denken, also an alltägliche Gebrauchsobjekte, die sie in der Tat als Motiv und Vorbild für ihre Arbeiten nutzt. Statt den Stoff, dem Prinzip des Readymade folgend, direkt auf den Keilrahmen zu spannen (und damit an Hoehmes Damast- und Palermos Stoffbilder anzuknüpfen), kopiert sie die Muster händisch, so dass Kunst, Kunsthandwerk und Design in einen fließenden Austausch treten. Wo sind die ehemals so ehernen ästhetischen Grenzen zwischen angewandter und freier Kunst geblieben?

Ausgehend von dieser Stoßrichtung ihres Werks ist es dann fast logisch, dass sich Susanne Paesler im Verlauf der 1990er-Jahre mit dem Motiv des Rahmens – als nun gemalter(!) Bildgrenze – , dem Trompe-l'Œil und der Bild-im-Bild Thematik beschäftigt. Denn ihre Gemälde sind Vexierbilder, die sich einer klaren Identität und damit einer Festschreibung entziehen. Das Einzigartige, das Authentische ist eine ästhetische Vision, der Paesler misstraut. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Arbeiten der Jahrtausendwende, in denen sie den Stil eines Baumeister, eines Hartung oder eines Pollocks zitiert, sich Handschriften aneignet, die inzwischen selber zu einem Muster der Moderne geworden sind. Selbst das genuin Subjektive der Geste ist inzwischen millionenfach digital reproduzierbar, was in Paeslers „Gepixelten Gesten“, zwei Gemälden des Jahres 2003, anschaulich wird. So zeigt sie Malerei auf der Suche nach sich selbst, wobei sich Selbstbehauptung und Selbstzweifel bei ihr stets die Waage halten.

Das Kunstmuseum präsentiert die erste Überblicksausstellung der Künstlerin im Rheinland, die gut 40 Arbeiten aus den Jahren 1991 bis 2006 umfasst. Im Anschluss wird die Ausstellung im SCHAUWERK in Sindelfingen präsentiert. Zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Katalog mit einem Text von Martina Dobbe und einem Interview, das Christoph Schreier mit der Hamburger Kunsthistorikerin und Paesler-Expertin Hanne Loreck geführt hat.