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Die Reihe »Stufen zur Kunst« ist eine Kooperation der Stiftung Niedersachsen und des Kunstvereins Hannover. Jährlich wird eine speziell für das Treppenhaus im Ostflügel des Künstlerhauses entwickelte raumgreifende Installation beauftragt. Das Treppenhaus wurde 1999 im Zuge eines Umbaus als direkter Zugang zur Stiftung Niedersachsen von den Architekten Pax + Brüning in dieser Form gebaut. Aufgrund der klaren und reduzierten Gestaltung war es von vornherein für die Entwicklung und Präsentation ortsspezifischer künstlerischer Projekte prädestiniert, da sich der Raum zugunsten einer künstlerischen Gestaltung zurücknimmt. (www.stufenzurkunst.de)

Aus dem eingeladenen Wettbewerb für das Jahr 2018/2019 wurde der Vorschlag der Künstlerin Rachel von Morgenstern (1984, Bensheim-Auerbach) angenommen. Seit dem 29. November 2018 ist die mehrteilige Installation »Strip Jack« der in Frankfurt beheimateten Künstlerin im Mittelteil des Treppenhauses zu besichtigen. Die äußerst filigran anmutenden vielfarbigen Skulpturen bestehen aus Vinyl und unterschiedlichen Metallelementen aus Stahl, Aluminium oder Kupfer. Letztere übernehmen im Aufbau der Skulpturen eine stabilisierende Funktion und erwecken darin den Eindruck eine Rückgrats, das umgeben ist von einer membranartigen Gitter- und Netzstruktur, die wiederum die künstlerische Grundlage bietet für eine gattungsübergreifende Vorstellung von Malerei. Mit unterschiedlichen Farben koloriert offenbart sich für die Betrachterinnen eine faszinierende Gleichzeitigkeit von Malerei und Skulptur, von Transparenz und Körperlichkeit, von Enthüllung und Verhüllung.

Die Positionierung ihrer Skulpturen mittig im Treppenhaus ermöglicht eine Multi-Perspektivität seitens der Besucherinnen und eine raumgreifende Präsenz der Malerei innerhalb des Ausstellungsraumes. Alle Arbeiten vereint die ästhetische Akzentuierung des Faltenwurfs, der zu einer Dynamisierung der Malfläche führt und dabei gleichzeitig eines der traditionellen Motive der Kunstgeschichte – die Faltung als Zeugnis der malerischen Könnerschaft und als Ausdruck von körperlicher Bewegung – zitiert und in den dreidimensionalen Raum überführt. Gleich einem Schwebezustand erstrecken sich die einzelnen Arbeiten geschmeidig über die gesamte Höhe des Treppenhauses und betonen damit sowohl die architektonische Komponente des Ausstellungsortes als auch die Leichtigkeit und Bewegung der tänzerisch anmutenden Figuren selbst. Mittels dieser abstrakten Choreografie erschafft Rachel von Morgenstern ein spannungsvolles Wechselverhältnis von malerisch-skulpturaler Verspieltheit und architektonischer Strenge, das in dem Lauf- und Bewegungsmuster der Ausstellungsbesucherinnen seine Spiegelung erfährt. Dieser Moment der rezeptionsästhetischen Anteilnahme verdeutlicht Rachel von Morgensterns Anspruch, die Betrachter*innenposition als essentiellen Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit zu begreifen.

Rachel von Morgenstern hat an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach unter anderem bei Gunter Reski und an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Franz Ackermann studiert. Ihre Arbeiten loten die Grenzen des Malerischen und Skulpturalen aus, indem sie für industrielle Zwecke hergestellte Materialien wie Metallrohre mit zarten transparenten Textilien wie Tüll und Gaze verknüpft. Ästhetische Strenge und materielle Härte vereinen sich mit fragil anmutenden Elementen, die in ihrer Ganzheit immer wieder eine Analogie zur menschlichen Physis und deren Verletzlichkeit herstellen. Ihre Ausstellung bei »Stufen zur Kunst« ermöglicht der jungen Künstlerin, ihren experimentellen Ansatz mittels einer ortsspezifischen Arbeit konsequent weiterzuentwickeln, die sich bewusst einer gattungsorientierten Zuordnung entzieht.

In jüngster Zeit wurden von Rachel von Morgenstern Einzelausstellungen in den Opelvillen in Rüsselsheim(2017) und in der KunstKulturKirche Allerheiligen in Frankfurt am Main (2017) gezeigt. Neben ihrer Tätigkeit als bildende Künstlerin hatte sie unter anderem Lehraufträge an der Hochschule Coburg (2016) und am Berlin Art Institute (2016) inne.

Ein Jahr haben Besucherinnen und Besucher nun die Möglichkeit, die mehrteilige Installation »Strip Jack« zu erleben und traditionelle Vorstellungen von Malerei und Skulptur zu hinterfragen. Weitere Informationen können Sie über den Kunstverein Hannover erfragen. Die Künstlerin wird von der Galerie »Filiale« in Frankfurt am Main vertreten.