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Ausgangspunkt der Ausstellung „Strange I’ve Seen that Face Before“ ist eine Darstellung ungeahnter Bezüge zwischen Kunst, Design und Architektur. Die labyrinthischen und vielförmigen Räume des Museums Abteiberg, von Hans Hollein einst mit einer reichen Metaphorik als Berghöhle oder unterirdische Mine versehen, werden hierbei in einer Konstellation von Werken der eigenen Sammlung, Leihgaben von Kunst- und Designobjekten sowie künstlerischen Interventionen jüngerer zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler nochmals erfahrbar in ihrer Sinngebung als ein neuartiges, räumlich stimuliertes Erlebnis von Museum. Ein Leitmotiv dieser Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem schottischen Kurator Toby Webster entworfen wurde, ist die Erweiterung der räumlichen Metaphorik des Museums Abteiberg in die Vorstellung eines Museums als Gehirn.

Vorläufer des Ausstellungskonzepts ist eine Ausstellung im Jahr 2002, die Toby Webster gemeinsam mit dem Kurator Will Bradley in der dänischen Kleinstadt Charlottenburg realisierte. Es war eine Ausstellung mit Werken aus der Kunst, dem Design und Kunsthandwerk des 20. Jahrhunderts, die mit kleinen Ausscherungen zurück in das 16. Jahrhundert verwies und andererseits auch ganz neue künstlerische Werke des 21. Jahrhunderts zeigte. Kernidee der Versammlung dieser Objekte war die These eines „psychedelischen Minimalismus“, einer exaltierten, psychisch geladenen Dimension von künstlerischen Formen, die sich hier als ein höchst faszinierender Subtext von Kunst und Design darstellte. Die Architektur des Museums Abteiberg ermöglicht eine räumliche Erweiterung dieser Konzeption. Die Charakteristik der unterschiedlichen Räume erfährt hierbei eine erneute Betrachtung, welche nicht zuletzt zurück auf die avantgardistische Idee des Gesamtkunstwerks verweist.

Der labyrinthische Parcours der Ausstellung beginnt mit einer Serie von ‚Mirror Tables‘ des aktuell aufsehenerregenden englischen Designers Ron Arad. Nach ersten Präsentationen in der Fondation Cartier Paris sowie auf Designmessen in Miami (2005) und Mailand (2006) installiert Arad eine Reihe der amorph geformten spiegelnden Tische im offenen Eingangsbereich des Museums Abteiberg. Weitere Sammlungs- und Ausstellungsräume werden mit selten gesehenen Objekten des italienischen ‚New Wave‘-Designs aus den 1960er und 1970er Jahren besetzt, welche - ebenso wie die Museumsarchitektur selbst - eine durch exzentrische und zeichenhafte Formen bestimmte Frühzeit der Postmoderne darstellen. Hans Hollein, Alessandro Mendini, Ettore Sottsass und die Mailänder UFO Group werden durch Werke aus eigenen Archiven bzw. Privatsammlungen vertreten, welche exemplarisch die unvermittelte Exhaltiertheit von Formen in der Spätmoderne darstellen. Hinzu kommen Plakate des schwedischen Grafikers Sture Johannesson aus der gleichen Zeit, ebenso die legendären Perücken von Andy Warhol, aber auch Silberwaren aus der Werkstatt von Christopher Dresser - konstruktiv gestaltete Toastständer, deren Ursprung in der frühen Moderne liegt.

Es treten Werke von Künstlerinnen und Künstlern gegenüber, die in dieser Konstellation eine veränderte, sehr gegenwärtige Betrachtung erfahren: Aus dem Depot der Museumssammlung wurden u.a. Objekte von Daniel Buren, Lucio Fontana, Donald Judd und Yayoi Kusama ausgewählt, deren Objekthaftigkeit zwischen Kunstwerk und Geste liegt, zudem als Leihgaben digitale Fotomontagen von VALIE EXPORT, „Lackskin“-Malereien von André Thomkins, Tapisserien von Lissy Funk und ein kubisches Objekt von Sol LeWitt, in denen Übergänge von abstrakter Form in physiognomische Assoziationen markiert werden. Aus der frühen Avantgarde sind zwei Fotogramme von Laszlo Moholy-Nagy sowie das berühmt gewordene Portrait eines Marcel Breuer-Stuhls von Erich Consemüller zu sehen, die ihrerseits den Schatten von Menschen in Objekten folgen.

Aktuelle Künstlerinnen und Künstler der jungen Generation sind den historischen Werken gegenüber gestellt, teils mit Arbeiten, die in diesem Zusammenhang eine besondere Wahrnehmung gewinnen, teils mit ortsspezifischen, für die Architektur des Museums entworfenen Installationen: Richard Wright hat eine das Auge verwirrende Malerei für einen Kuppelraum realisiert, Martin Creed und Richard Hughes manipulieren Architekturdetails des Pyramidenraums, Martin Boyce stellt in den Wechselausstellungsraum eine Installation metaphorisch geladener Kinderspielgerüste. Simon Starling und Cerith Wyn Evans arbeiteten mit den in diesem Museum gesammelten Werkkonvoluten von Man Ray und Marcel Broodthaers, David Shrigley zeichnete seine Wahrnehmung des Museums, andere Künstler legten durch früher entworfene Werke den Gedanken nahe, diese in die Situation dieser Ausstellung einzufügen: Raphael Danke, Urs Fischer, Isa Genzken (Sammlung Museum Abteiberg), Mark Leckey, Anselm Reyle, Bojan Sarcevic (Dauerleihgabe der Sammlung Rheingold), Katja Strunz, Piotr Uklanski und Rebecca Warren.

Der Katalog zur Ausstellung wird ebenso wie Einladung und Werbemedien dieser Ausstellung durch eine Zeichnung von Rory Crichton betitelt und erst im Anschluss an die Ausstellungseröffnung am Sonntag, dem 11. Juni um 12 Uhr im Museum Abteiberg präsentiert. Er enthält neben den Werken der ausgestellten Künstler zahlreiche referentielle Abbildungen von Werken anderer Künstler, dazu eine inspirationsliefernde Textsammlung von Will Bradley und Toby Webster sowie ein Gespräch zwischen Toby Webster und Susanne Titz.

Das Projekt wird großzügig unterstützt durch den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und das British Council Berlin.