press release only in german

Die Galerie Kai Dikhas zeigt vom 7. Dezember 2012 bis 15. Februar 2013 die Gruppenausstellung Stopping Places II mit Werken von Damian Le Bas, Delaine le Bas, Gabi Jimenez, Nino Nihad Pusija, Ceija Stojka, Imrich Tomas und Alfred Ullrich. Die Eröffnung findet am Donnerstag, dem 6. Dezember 2012, von 18 bis 21 Uhr, im Aufbau Haus am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg statt.

Über die Geschichte, die Kultur und das Schicksal der Sinti und Roma wurde oft berichtet – meist jedoch nicht von den Vertretern der Minderheit selbst. Mit den Mitteln der Performance Art und Fotografie sowie figurativer und abstrakter Kunst erobern sich Damian Le Bas, Delaine le Bas, Gabi Jimenez, Nino Nihad Pusija, Ceija Stojka, Imrich Tomas und Alfred Ullrich die Deutung über ihre Identität zurück. Mit diesen vielfältigen, künstlerischen Rückaneignungen brechen die sieben zeitgenössischen Künstler klassische Stereotypen der Andersartigkeit auf und dringen tief unter die Oberfläche tradierter Klischées. Als Rückblick auf ein bewegtes Jahr zeigt die Galerie Kai Dikhas mit der Ausstellung „Stopping Places II“ neue Arbeiten der Künstler.

In wilden Assoziationen über die Eigen- und Fremdwahrnehmung spielt der britische Künstler Damian Le Bas mit Symbolen und Traditionen der Sinti und Roma. Er arbeitet in der Technik der Collage und platziert Gegenstände aus Alltag und Geschichte auf Landkarten oder überzieht diese malerisch mit seinen Bildwelten.

Im Gedächtnis an die Opfer des Porrajmos kommentiert die britische Travellerin Delaine Le Bas mit ihrer Performance „Crystal Ball Genocide“ die zwanzigjährige, komplizierte Entstehungsgeschichte des Holocaust-Mahnmal für Sinti und Roma in Berlin – vom Beschluss seiner Errichtung bis zur Eröffnung in diesem Oktober.

Der spanische Gitano Gabi Jiménez schafft mit leuchtenden Farben ein ironisches Pop-Universum, in dem sich immer wieder der Wohnwagen als Ikone der Roma in unterschiedlichen Zusammenhängen repetitiv wiederfindet. Er thematisiert in seinen Bildern, die wie Street Art anmuten, den Verlust und die ewige Suche nach Heimat.

Der bosnische Fotograf Nihad Nino Pušija hat sich in Rom auf eine visuelle Suche der Sinti und Roma begeben und fand in den letzten neun Jahren junge Gladiatoren, stolze Pubertierende, desillusionierte wie auch lebensfrohe Menschen, die unter schwierigsten Bedingungen versuchen, ihr Überleben zu sichern.

Der Holocaust ist für die österreichische Romni-Künstlerin Ceija Stojka Anlass, dem Unbeschreiblichen eine malerisch erzählte Form zu geben. In ergreifenden expressiven Ölgemälden, Aquarellen und flüchtigen Skizzen verarbeitet sie das Grauen des Porajmos. Ihre farbenfrohen Bilder sind wie ein Schritt aus der Finsternis heraus.

Der slowakische Roma-Künstler Imrich Tomáš nutzt Materialien der Natur wie Hanffasern, Pigment und Kunstharze zur Schaffung vielfältiger, rhythmischer Formen. Seine Werke sprengen die Dimension der Leinwand und hinterfragen so die Räumlichkeit der Dinge. Es entstehen organische Objekte, die die Skepsis des Künstlers gegenüber der Realität spiegeln.

Der deutsche Sinto Alfred Ullrich deckt versteckte Stereotypen gegenüber Minderheiten im Alltag auf. Vor allem in Sprache und Bildern findet er oft eine unbedachte Diskriminierung des Exotisch-Fremden. Mit seiner Druckgrafik hinterfragt der Künstler subtil und humorvoll althergebrachte Sicht- und Verhaltensweise und weist so auf blinde Flecken der Gesellschaft hin.

Bei der Eröffnung der Ausstellung wird die Publikation Das Schwarze Wasser über das Holocaust-Denkmal für Sinti und Romain in Berlin präsentiert. Gemeinsam mit Lith Bahlmann und Matthias Reichelt hat der Herausgeber Moritz Pankok die Geschichte von Verfolgung und Aufarbeitung zusammengestellt. Durch die Beteiligung der Galerie Kai Dikhas an diesem Buchprojekt wird die historische Erfahrung der Sinti und Roma in ihrer künstlerischen Rezeption erlebbar. Es erscheint bei der Edition Braus.

Eine weitere Premiere ist die Präsentation der neuen Edition Galerie Kai Dikhas. Die wichtigsten internationalen Künstler der Sinti und Roma beteiligen sich an dieser Edition, die zeitgenössische Positionen dieser neuen Kunstbewegung in streng limitierter Auflage mit handgefertigten Abzügen enthält.

Kai Dikhas bedeutet auf Romanes „Ort des Sehens“. Jenseits aller exotisch-romantischen Klischees und Stereotypen erhalten hier ab Frühjahr 2011 Roma-Künstler einen professionellen Ort zur Präsentation ihrer Kunst. Dieser neu in Berlin gegründete künstlerische Freiraum ist die erste permanente Galerie, die sich der oft unbekannten Kunst der Sinti und Roma in ständig wechselnden Ausstellungen widmet und sie in all ihren Facetten auslotet. Mit den Werken der international renommierten Malerin Lita Cabellut eröffnete die Galerie Kai Dikhas im April 2011 ihr Ausstellungsprogramm in Berlin. Im Anschluss wurden Werke von Delaine Le Bas und Alfred Ullrich präsentiert.

Die Galerie Kai Dikhas greift auf ein weites Netzwerk europäischer Roma-Intellektueller und Künstler zurück. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, neue Entwicklungen künstlerischer und politischer Natur zu vermitteln und auch kritisch zu begleiten. So schärft dieser lebendige Ort das Bewusstsein für die vielfältigen Beiträge, die die Sinti und Roma für die europäische Kulturgeschichte über die Jahrhunderte geleistet haben und stellt sie als Akteure und wichtige Impulsgeber unserer Gegenwart vor. Erweitert und ergänzt wird das Konzept durch das Berliner Independent Label Asphalt Tango Records, das sich erfolgreich auf die Veröffentlichung von Roma-Musik spezialisiert.

Künstlerischer Leiter der Galerie Kai Dikhas ist Moritz Pankok. Galerie Managerin ist Ares Quella.

only in german

STOPPING PLACES II

Künstler: Damian Le Bas, Delaine Le Bas, Gabi Jimenez, Nino Nihad Pusija, Ceija Stojka, Imrich Tomas, Alfred Ullrich