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„I was there“ ist der Titel der vierten Ausstellung von Stefan Sehler in der KUTTNER SIEBERT Galerie. Die hier gezeigten Bilder sind der Beginn einer Serie abstrakter Arbeiten. Abstrahiert waren seine Darstellungen der Natur natürlich schon immer, doch dies in einem Gleichgewicht zwischen konkreter Repräsentation und abstrakter Malerei. Und mit der nun offensichtlichen Verschiebung des Akzents erfährt der malerische Prozess einen höheren Stellenwert, löst sich das Motiv aus dem kalkulierten Grenzgang zur Fotografie und gewinnt an Eigenständigkeit.

Seine Handschrift bleibt unverkennbar, ist es doch weiterhin die bemalte Rückseite einer Acrylglasscheibe mit ihrer brillanten, Farben intensivierenden Oberfläche. Die Motive sind zumeist ungegenständlich und selbst eine konkrete Vorlage löst sich im malerischen Prozess nicht selten bis zur Unkenntlichkeit auf. Sichtbar bleibt der malerische Prozess als solcher, und die Zurschaustellung seiner Spuren ist zugleich auch Thema.

Das die Bedeutung des Motivs für Stefan Sehler weniger inhaltlichen als formalen Prinzipien folgt, zeigt sich im durchaus disparatem Erscheinungsbild der einzelnen Werke, zumindest solange der Fokus der Aufmerksamkeit dem Aufspüren sinnstiftender Verbindungen gilt. Die Betrachtung einer größeren Bilderreihe dagegen veranschaulicht sein Interesse an formalen Strukturen, an dem abrupten Wechsel zwischen mikroskopisch und makroskopischer Ansicht und dem Ausbalancieren von Gegensätzen: denn alles Gemalte zeugt gleichermaßen von der Alltäglichkeit und ihrem vielgestaltigen Gegenteil. Diese Uneindeutigkeit wird hier zum Prinzip: das vermeintliche Abbild einer Mondlandschaft kann zugleich weniger als Abbild denn schlichtweg als eine Farbpfütze gesehen werden.

In mehrfacher Hinsicht führt Stefan Sehler uns dabei vor Augen, dass unsere visuelle Wahrnehmung weit über die bloße Aufnahme von Informationen hinausgeht. Denn jedes Sehen will zugleich Erkenntnis sein: In all dem visuellen Wirrwarr suchen wir nach relevanten Informationen und der permanente und zugleich unabdingbare Abgleich mit der Erinnerung interpretiert das Gesehene als Derivat bereits bekannter Bilder. Erst der fortwährende Abgleich ermöglicht uns Sicherheit in der Lebenswelt. Es ist naheliegend diese Erkenntnis auch auf die Kunst anzuwenden. Weniger auf die Darstellungen der Kunst als ihre Erscheinungsformen an sich, um in der Vielzahl der Dinge und dem Dickicht der Erscheinungen das vermeintlich Vertraute zu entdecken und evidente Aussagen auch über Abstraktion treffen zu können.