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Gerade die Pointenbilder Carl Spitzwegs zielen auf bekannte, alltägliche Situationen in einer privaten, äußerst übersichtlichen Welt, die der Kammermaler gönnerhaft der weisen Beurteilung des Betrachters aussetzt. Es gibt bei Spitzweg keine heikle Bloßstellung wie bei seinen großen europäischen Kollegen Hogarth, Goya, Daumier oder Grandville, die gesellschaftliche und politische Situationen anklagten. Das Heil in der kleinen Welt zu erblicken, das Vollglück in der Beschränkung zu sehen, wie es Jean Paul ausdrückte, vermag in Spitzwegs Bildwelt in allgemeingültige Wahrheit umzukippen. Sie sehen etwa diesen Narr, der eine Puppe anbetet (Abb. „Die Angebetete“). Des Schreibers Andacht gilt einem Holzgestell mit blauem Kleid, verschönt mit Federhut über wüster Perücke. Selbst das Kläffen des Hundes erreicht den schlecht Sehenden nicht. Spitzweg beschrieb den stupiden Ausdruck des beleibten Schreibers dezidiert: Auffällig konturierte er das scharfe Profil, das fliehende Kinn, die Halbglatze mit grünem Schirm. Betrachter wie Maler sind Augenzeugen einer intimen Szene, die im Besonderen zwar komisch, nach ihrem allgemeinen Gehalt aber ernst ist: schlimm, wenn das angemessene Einschätzen fehlt. Spitzweg malte als einzigartige Künstlergestalt im Deutschland des 19. Jahrhunderts „Humor in Öl auf Holz“, während in Frankreich ein Baudelaire in seinem „Essay über das Lachen“ ebenso die Kategorie des Bleibenden und Ewigen in der Karikatur herausstellte.

Die erlesene Ausstellung im Museum Georg Schäfer lädt dazu ein, dem Narrenkleid des Spottes etwas zu Leibe zu rücken. Manche Titel der ausgewählten, über dreißig Gemälde lassen dabei einen gewissen Zynismus erahnen, so „Liebe macht blind“, „Lesender Affe“, „Trunkene“, „Stubeninneres mit Hündchen“. Dagegen mag Ihnen heute ein anderes Großformat kurios erscheinen. Oder kennen Sie Zwitterwesen, halb Mensch, halb Tier, die in der Arena miteinander kämpfen?

Das große Gemälde von Franz von Stuck „Kämpfende Faune“, 1889, ist eine Fest-Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München an das Museum Georg Schäfer anlässlich des 5-jährigen Bestehens des Museums Georg Schäfer. Den Kooperationspartner des MGS dieser ersten Phase ist zu herzlich danken: den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München (siehe auch die derzeitigen Leihgaben von Leo von Klenze, „Porto Venere“ (1827/29) und Ernst Fries, „Wasserfälle des Liris“ (1830) in der verlängerten Ausstellung „Endlich in Rom“, Ebene 2), dem Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, Behnhaus (siehe auch die derzeitigen Leihgaben von Friedrich Preller, „Blick von der Serpentare auf Olevano“ (1830) und Johann Joachim Faber, „Blick auf Rom“ (1817) in der verlängerten Ausstellung „Endlich in Rom“, Ebene 2), der Hamburger Kunsthalle, dem Städel, Frankfurt und dem von dem Von der Heydt-Museum, Wuppertal.

Auf der dritten Ebene des Museums Georg Schäfer ist bis zum 3. Oktober 2005 die Sonderpräsentation „Spitzweg Co“ zu sehen: dieser erheiternd-besinnlicher Rundgang durch die ständige Sammlung mit Ausstellung im zentralen Saal verweist mit dem Zusatz „& Co“ auf rare, größtenteils noch unbekannte Einzelwerke aus dem bislang wenig präsentierten Depotbestand des Museums und aus Privatbesitz, die sich in humoristischer Lesart den Tücken des Alltags, der Liebe und der Politik nähern:

Neben Werken Spitzwegs sind unter anderem Gemälde Johann Peter Hasenclevers, Gabriel von Max’, Heinrich Marrs und Wilhelm Buschs zu sehen. Aufs Korn genommen werden in der Präsentation Verliebte, Schreiberlinge, Professoren, ewige Jäger, Politiker, Sonntagsspaziergänger, Bürger, Akademiker und der ohne Revolution auskommende Deutsche – ganz im Sinne von „Das Komische richtet keinen Schaden an“.

Auf einen Blick: Carl Spitzweg und unbekannte Werke aus Privatbesitz, mit Gemälden von Johann Peter Hasenclever, Heinrich Marr, Wilhelm Busch, Gabriel von Max, Heinrich Bürkel, Wilhelm von Diez, Eduard von Grützner, Johann Sperl, Benjamin Vautier, Hermann Dyck u.a.