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Bilder vom Menschen sind immer auch Bilder von der Welt. Sie erzählen von den Umständen und Situationen, in denen sich das Mensch-Sein vollzieht. Sie fixieren Sozialgeschichte und berichten von den utopischen Potenzialen, die das Mensch-Sein bedingen. Sie erzählen zudem vom Blick des Menschen auf sich selbst, von der Lust an den Bildern des menschlichen Körpers und von den Zusammenhängen, in denen diese Lust entsteht.

SOZIALE KREATUREN. Wie Körper Kunst wird stellt dreizehn internationale künstlerische Positionen vor, die sich dem Themenkreis aus unterschiedlichen Blickwinkeln widmen: So fotografiert Jeff Burton (1963, lebt in Los Angeles) in Dreamland (2000 - 2003) an den Sets der pornografischen Filmindustrie Kaliforniens und stellt mit der Serie Kevin (2003) Bilder eines jungen Mannes als ausgesprochen weltlichen Schmerzensmann zur Verfügung. Pierre Bismuth (1963, lebt in London) thematisiert in der Wandzeichnung Following The Right Hand of Marlene Dietrich in Blonde Venus (2004) den Prozess der Bildwerdung im Rückgriff auf medial produzierte Mythen von Hollywoodstars oder verarbeitet mediale Produkte wie Ausstellungsplakate, die von anonymer Hand nach Origami-Regeln gefaltet und somit zu eigenständigen Objekten werden.

In seinen inszenierten Fotografien Rue Longvic (1999/1994) und Club (2003/1999) hinterfragt Pierre Huyghe (1962, lebt in Paris) die Wahrnehmung von Bildern in Zusammenhang mit ihrer Präsentation im öffentlichen Raum sowie die Rolle, die der Mensch darin einnimmt. Stephen Shore ( 1947, lebt in New York) re-kontextualisiert selbst produzierte Bildikonen in digital erstellen Fotobüchern, in denen er Hintergründe und Produktionszusammenhänge in einem Kosmos des beiläufig Gesehenen und Sichtbaren aufblättert. Boris Mikhailov (1938, lebt in Charkov/Ukraine und Berlin) bietet in seinem Buchobjekt Fotomanie auf der Krim (1995) eine archaisch-utopische Verschmelzung von Mensch und Landschaft sowie in seinen neuen, in Berlin entstandenen Arbeiten eine irritierend banale Beschreibung großstädtischer Normalität in den Randzonen des aufgezehrten Wohlstandes. Carlos Nader (1964, lebt in São Paolo) dokumentiert mit seinem Film Portrait of a Serial Kisser (1992) erotische Obsessionen, die an politische und religiöse Erlösungsfantasien gebunden sind. Die in Frankreich lebende Iranerin Ghazel (1966 in Teheran, lebt in Paris und Teheran) schildert in der Videoinstallation me 2000 - 2003 (2000 - 2003) pointiert die Absurdität der alltäglichen Existenz zwischen den Kulturen und thematisiert dabei ebenso beiläufig wie eindringlich die Produktion kultureller Stereotypen. Ben Judd (1970, lebt in London) setzt sich in I Remember (Cindy Sherman) (2000) - im zitierenden Rückgriff auf Bilder der Künstlerin Cindy Sherman - ebenfalls filmisch mit der Herstellung von Identität auseinander und führt den weiblichen Körper als Projektionsfläche von Begehren und Erinnerung vor. Max Baumann (1961, lebt bei Bitterfeld) untersucht in seiner 13-teiligen Fotoserie Eigenwelt (2001) den Wert des menschlichen Lebens vor dem Hintergrund immer komplexer werdender medizinischer Technologien, während Santiago Sierra (1966, lebt in Mexiko City) in seinen drastischen Inszenierungen, die hier in Form von packenden Schwarzweißfotografien präsent sind, den Wert des Menschen und seiner Arbeitskraft exemplarisch demonstriert. Die Bedeutung des Satzes I love you erprobt Gillian Wearing (1963, lebt in London) in einem gleichlautenden Video von 1999, in dem sie die Grenzbereiche abgesichert erscheinender bürgerlicher Existenz auslotet. Francis Alÿs (1959, lebt in Mexiko City) wiederum vermisst in El Gringo (2003) den Abstand zwischen Mensch und Tier, indem er mit der Kamera einen Streifzug durch mexikanische Dörfer unternimmt. Erwin Wurm (*1954, lebt in Wien und New York) schließlich erklärt den Menschen in seiner Fotoserie One Minute Sculptures (1997) zu einer sozialen Skulptur und bietet mit seiner installativen Handlungsanweisung Wir, die sozialen Skulpturen (2004) auch dem Publikum die Möglichkeit dieser Erfahrung. Pressetext