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Solidarität ist ein Begriff, der verstaubt und abgegriffen klingt. Assoziationen ganz heterogener Art kommen auf, die eher sentimentale Erinnerungen an vergangene Aktionen hervorrufen als zu einer zeitgenössischen Haltung führen. Solidarität wird oft aus einer Krise heraus produziert und vergessen, sobald die Zeiten sich wieder normalisieren. Das mag daran liegen, daß solidarisches Denken und Handeln bislang nicht in unser System des Begehrens und Wünschens übersetzt wurde. SOLIDARITY ist ein Projekt im Künstlerhaus Stuttgart, dass den Begriff der Solidarität auf verschiedenen Ebenen untersucht, um ihm mögliche, neue Bedeutungen zu geben und Handlungsfelder zu eröffnen. Es werden Praktiken vorgestellt, die eine Verbindung von Kunst und sozialen Bewegungen ermöglichen. SOLIDARITY tritt mit einer entschiedenen Dringlichkeit auf, solidarisch-aktivistisches Bewußtsein erneut zu schärfen.

Der Titel des Projektes basiert auf dem gleichnamigen Film der kanadischen Filmemacherin Joyce Wieland von 1973. Wieland betont die körperliche Präsenz einer solidarischen Handlung. In ihrem Umgang mit dem Begriff unterläuft und fragmentiert sie „den grossen, verallgemeinernden Überblick, den der zentrale Begriff SOLIDARITY erwarten lässt.“ (Madeleine Bernstorff in 48. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen). Der Film wird im Ausstellungsraum des Künstlerhauses für die BesucherInnen vorgeführt. Das Veranstaltungsprogramm beginnt mit dem Filmprogramm DANCE. Im Tanz, in der Bewegung miteinander, im Aufeinanderzugehen konzentriert sich das Gefühl von Gemeinschaft und Solidarität. Besonders verstärkt sich dieses Gefühl beim Tanzen im öffentlichen Raum. Die öffentliche Ordnung wird gestört. Das widerständige Potential zeigt sich in unzähligen Beispielen staatlicher Repressionen und Restriktionen gegen das Tanzen an öffentlichen Orten (vom Verbot von Raves bishin zur gesteuerten Kommerzialisierung, bzw. kontrollierten Abzirkelung der Loveparade oder den von der Polizei verbotenen Rumbatänzen der latinischen Bevölkerung New Yorks im Central Park). Im Künstlerhaus sind Workshops zu verschiedenen Formen des Streetdance in Planung.

Die Präsentation dreier Projekte aus Lateinamerika, welche verschiedene Formen autonomer und solidarischer Praxis verfolgen, bildet das Kernstück der Veranstaltungsreihe. Selbstorganisierte Projekte aus Mexiko, Argentinien und Brasilien werden an zwei Abenden vorgestellt, die angesichts ihrer Widerständigkeit gegen staatliche Verordnungen in ihrer Existenz bedroht sind. Aufmerksamkeit und Anteilnahme, sprich Solidarität kann rettende Auswirkungen haben.

SOLIDARITY schließt vorerst den Bogen mit zwei Filmprogrammen, die von Emma Hedditch und Madeleine Bernstorff zusammengestellt werden und den Begriff der Solidarität neu verankern. Die Künstlerin Emma Hedditch zeigt Filme aus dem Bestand des Londoner Film- und Videoverleihs cinenova. Cinenova steht nicht nur hinsichtlich der Distribution für die unermüdliche Förderung des unabhängigen Film- und Videoschaffens von Filmemacherinnen und Künstlerinnen, sondern auch für die Unumstrittenheit sozialer Inklusion und einen selbstverständlichen Umgang mit sozialer Differenz. Cinenova wurden nun nach mehr als 10 Jahren engagierter Filmarbeit im Rahmen einer Kulturpolitik, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit auf ihr Banner schreibt, die Subventionen gestrichen. Die Einladung des Künstlerhauses versteht sich als solidarischer Akt einer Institution. Pressetext

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solidarity
Veranstaltungsreihe mit Filmen
Künstlerische Leitung: Elke aus dem Moore
Christoph Twickel, ak kraak, CCAP (Centro de cooperação e atividades populares), Atraver (Gemeinschafts-TV) aus Rio de Janeiro, Joyce Wieland, Emma Hedditch, Madeleine Bernstorff u.a.

Die Künstlerin Emma Hedditch zeigt Filme aus dem Bestand des Londoner Film- und Videoverleihs cinenova.