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Gegenwartskunst in Polen von 1970 bis heute ist das Thema der neuen Sonderausstellung, die das Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg (KOG) ab 29. Juli in der Patrizierburg und ehemaligen Schnupftabakfabrik in der Altstadt von Regensburg präsentiert. Die Ausstellung trägt den Titel "SICHT DER DINGE. Positionen aktueller Kunst in Polen" und gilt als die erste umfassendere Darstellung der zeitgenössischen Kunst Polens in Bayern. Gezeigt werden Installationen, Projektionen und Fotografien sowie Videofilme und Performances von insgesamt neun hochrangigen Künstlerinnen und Künstlern aus drei Generationen, die international für Furore sorgen und erstmals in einem gemeinsamen Kontext ausstellen.

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien, Dr. Christina Weiss, und des polnischen Kulturministers Waldemar Dabrowski. Sie wird maßgeblich gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und findet anlässlich des Deutsch-Polnischen Jahres 2005/06 statt. Sie wird am Donnerstag, 28. Juli um 20.30 Uhr eröffnet. "Ich freue mich sehr, dass das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg zum Deutsch-Polnischen Kulturjahr eine so hochinteressante wie aufklärende Ausstellung beisteuert", erklärt Museumsdirektorin, Frau Dr. Ulrike Lorenz. "Wir zeigen, wo die polnische Kunst heute steht und woher sie kommt. Ich bin überzeugt, dass sie zu einem neuen Verständnis zwischen Deutschen und Polen beitragen wird."

International beachtet: Kritische Kunst in Polen Mit seiner neuen Sonderausstellung "SICHT DER DINGE" reagiert das KOG, ein Spezialmuseum moderner Kunst, das sich deutscher Kunstgeschichte und Gegenwartskunst im östlichen Europa widmet, als erstes Museum Bayerns fundiert auf eine der spannendsten und international beachteten Entwicklungen in der zeitgenössischen Kunst. Als Ort der Ausstellung wurde bewusst das sich in Sanierung befindende Areal der Patrizierburg und ehemaligen Schnupftabakfabrik im Herzen der Regensburger Altstadt ausgewählt. Konkret wird in der ehemaligen Kapelle sowie der gotischen Halle im so genannten Zant-Haus des mittelalterlichen Gebäudekomplexes ausgestellt werden.

Spezifisches Merkmal der Gegenwartskunst in Polen ist ihr Interesse am Ding, am realen Gegenstand (ready made). Es dominierte seit den 1960-er Jahren im Begriff der erweiterten Kunst die Szenen Westeuropas und der Vereinigten Staaten und entwickelte sich zehn Jahre später in Polen zum maßgeblichen ästhetischen Denkansatz für eine spezifisch kritische Auseinandersetzung mit der eigenen politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit. Der Absicht der polnischen Künstlerinnen und Künstlern, ihr sich an Widersprüchen reibendes Lebensgefühl zwischen gesellschaftlichen Zwängen und entfesselnder Freiheitserfahrung in Kunst umzusetzen, erwuchs ein Idiom, das international als künstlerischer Ausdruck der Generation des Umbruchs fasziniert.

Die Ausstellung "SICHT DER DINGE" als vielschichtiger Dialog Zusammengestellt wurde die Ausstellung von Kurator Dr. Pavel Li‰ka. Der gebürtige Tscheche positioniert neben den Gründervätern der kritischen Kunst in Polen Józef Robakowski und Jaroslaw Kozlowski vier Künstlerinnen und Künstler der mittleren Generation: Katarzyna Kozyra, Robert Rumas, Grzegorz Klaman und Zbigniew Libera, die weltweit Anerkennung gefunden haben. Die junge Szene wird von den Künstlerinnen Agnieszka Brzezanska, Elzbieta Jablonska und Dorota Nieznalska repräsentiert. Die Künstlerinnen und Künstler (Kurzbiographien im Anhang) werden ihre Arbeiten hauptsächlich vor Ort in den Ausstellungsräumen entwickeln und installieren. "Die einzelnen Werke treten damit erstmals in mehrere spannungsreiche Dialoge: Neben den Dialog der Generationen über die immerwährend brisante Frage nach der individuellen und kollektiven Identität tritt der Dialog mit der historischen Architektur eines Patrizierhauses und dessen Erweiterung zur Fabrikanlage im 19. und 20. Jahrhundert", beschreibt Li‰ka. "Der Betrachter ist aufgerufen, eigene Querverbindungen herzustellen und die den Künstlern gemeinsame Traditionslinie aufzuspüren."

Förderer der Ausstellung und Begleitprogramm Die Ausstellung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, das BMW Werk Regensburg und die Südfinanz AG Regensburg. Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog mit Texten von Wissenschaftlern aus Deutschland und Polen. Jeden Sonntag um 14 Uhr finden Führungen durch die Ausstellung statt. Als Begleitprogramm veranstaltet das Bayerische Hochschulzentrum für Mittel- und Südosteuropa (BAYHOST) am Freitag, 29. und Samstag, 30. Juli 2005 im Kunstforum Ostdeutsche Galerie ein Symposium, an dem sich die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler mit Studenten und Wissenschaftlern der bayerischen Kunsthochschulen austauschen werden. Am Sonntag, den 31. Juli, zeigt Katarzyna Kozyra zudem eine Performance. Die Künstlerin wird ausgehend von der ehemaligen Schnupftabakfabrik in einer Prozession quer durch die Altstadt an die Donau ziehen, um von dort mit dem Schiff zur Walhalla zu fahren, wo die Performance mit Gesang und Musik endet (Pressemeldung folgt). "

Kurzbiographien der ausstellenden Künstlerinnen und Künstler

Die Gründergeneration

Józef Robakowski, 1939 geboren, lebt und arbeitet in Lódz. Robakowski gilt als die führende Persönlichkeit der experimentellen medialen Schule Polens. In den 1970-er Jahren gründete er mit dem Filmforum Workshop die größte Filmorganisation Polens. Er schuf vor allem Videoperformances, in denen er das Verhältnis zwischen der Videokamera und seinem Körper in den Vordergrund stellte.

Jaroslaw Kozlowski, 1945 geboren, lebt und arbeitet in Posen / Poznan. Er war einer der wichtigsten Kommunikatoren der neuen Kunst in Polen. Er gründete die Posener Galerie Akkumulatory, die er heute noch leitet und die in den 1970-er Jahren zur Drehscheibe zwischen Ost und West wurde. Sein Werk wird durch Fragen nach der (gesellschaftlichen) Reversibilität und Mobilität bestimmt.

Die mittlere Generation

Zbiegniew Libera, 1959 geboren, lebt und arbeitet in Warschau. Libera gehört zu den stets revoltierenden Geistern der polnischen Kunstszene. Mit seinen "Korrekturinstrumenten" interpretiert er die Realität neu und stellt immer neue Fragen. Sein Lego-KZ, das 2001 auf der Biennale in Venedig große Aufmerksamkeit erregte, nahm gewissermaßen die heutige Situation im Irak vorweg.

Grzegorz Klaman, 1959 geboren, lebt und arbeitet in Danzig / Gdansk. Klaman hat bereits Mitte der 1980-er Jahre verschiedene Galerien in Danzig betrieben. Prägend für sein Werk war seine starke Auseinandersetzung mit international beachteten Künstlern wie Joseph Beuys (Reliquien) oder Jannis Kounellis (Materialfetisch). Er lehrt als Professor an der Kunstakademie in Danzig / Gdansk, wo unter seiner Führung eine wichtige Schule entstand.

Katarzyna Kozyra, 1963 geboren, lebt und arbeitet in Warschau und Berlin. Die Künstlerin verfolgt in ihrem Werk das Existenzielle mit einer Zielstrebigkeit, die den Betrachter zwingt, sich sowohl über alle eigenen Tabus hinweg zu setzen als auch die bequeme Erwartung der ästhetischen Gemütlichkeit aufzugeben. 1999 repräsentierte sie Polen bei der 48. Biennale in Venedig. 2004 war sie DAAD-Stipendiatin.

Robert Rumas, 1966 geboren, lebt und arbeitet in Danzig. Rumas verfolgt gesellschaftliche Kommunikationsstrukturen, um sie zu parodieren oder zu verfremden. Seine Madonnen-Serien thematisieren das Problem des rigiden Katholizismus in der heutigen polnischen Gesellschaft.

Die jüngste Generation

Elzbieta Jablonska, 1970 geboren, lebt und arbeitet in Bydgoszcz. "Ich glaube an Menschen. Ich bin gegen Arbeitslosigkeit und Ausbeutung. Ich möchte behinderten Menschen helfen", lautet das Statement der Künstlerin und definiert damit ihr gesellschaftliches Engagement. Mit ihrer "Supermutter" karikiert sie die Anforderungen an die heutige Frau in einer Männergesellschaft.

Agnieszka Brzezanska, 1972 geboren, lebt und arbeitet in Bydgoszcz. Mit Fotografien und gemalten Bildern kommentiert sie auf eine ironische poetische Art "gefundene" Ein-Blicke in die mediale Realität.

Dorota Nieznalska, 1973 geboren, lebt und arbeitet in Danzig / Gdansk. Mit ihren Installationen, in denen sie die christliche Symbolik erotisch interpretiert, erweckte Dorota Nieznalska einen heftigen Widerstand der polnischen konservativen Kreise. 2002 wurde sie wegen Verunglimpfung religiöser Gefühle zu sechs Monaten eingeschränkter Freiheit verurteilt.

Pressetext

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Sicht der Dinge - Positionen aktueller Kunst in Polen
Kurator: Pavel Liska
Ort: Schnupftabakfabrik, Gesandtenstr. 3, Regensburg

mit Jozef Robakowski, Jaroslaw Kozlowski, Zbigniew Libera, Grzegorz Klaman, Katarzyna Kozyra, Robert Rumas, Elzbieta Jablonska, Agnieszka Brzezanska, Dorota Nieznalska

31.07.05 Performance Walhalla, Regensburg: Kataryna Kozyra "In Art Dreams Come True"

29.07.05 - 30.07.05 Symposium Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg