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In seinen Foto-, Video- und Textarbeiten befragt Sean Snyder urbane Räume und deren mediale Vermittlung, die er als Zeichen gesellschaftlicher, ideologischer und wirtschaftlicher Strukturen begreift. Seine Recherchen haben den Charakter von Strukturanalysen, die fallweise städtische Umgebungen als Narrative eines Transformationsprozesses untersuchen. Für seine dichten Verweis- und Beziehungssysteme verwendet Snyder sowohl selbstproduziertes Material als auch aufbereitete Dokumente.

In einem neu entwickelten Projekt thematisiert Sean Snyder Aspekte des Wiederaufbaus der 1963 durch ein Erdbeben fast gänzlich zerstörten Stadt Skopje. Ausgangspunkt ist die einer UN-Resolution folgende, beispielhafte internationale Zusammenarbeit und der vom japanischen Architekten und Städteplaner Kenzo Tange entwickelte Masterplan. Snyder fokussiert insbesondere auf das Verhältnis des städtebaulichen Entwurfs und seiner weitgehend erfolgten Umsetzung in Relation zur jetzigen Situation. So sind etwa die größtenteils improvisierten Strukturen der Vororte heute zu einem festen Bestandteil der Stadt geworden. Die Architektur der Gebäude, welche als Soforthilfe von mehr als 60 Ländern zur Verfügung gestellt wurden, basiert vielfach auf einer schnellen Fertigbauweise. Snyder lotet mit seinem Projekt zugleich das Potenzial der urbanistischen und politischen Entscheidungsfindung, die aus dem Dialog professioneller Planung und informeller ad-hoc-Realisationen entstanden ist, als Zukunftsmodell aus.

Daneben zeigt die Ausstellung Arbeiten Sean Snyders aus den letzten Jahren, so zum Beispiel Pyongyang (2001-2004), eine Gegenüberstellung zweier filmischer Repräsentationen der nordkoreanischen Hauptstadt, oder die Videoarbeit Analepsis (2003-04). Letztere besteht aus einer Folge von Bildsequenzen aus dem Satellitenfernsehen. Die einzelnen, 1-4 Sekunden langen Aufnahmen werden normalerweise eingesetzt, um die BetrachterInnen in einen Schauplatz einzuführen. Durch die Auswahl und den Verzicht auf den Ton der ursprünglichen Nachrichten gelingt Snyder eine Neuinterpretation des Bildmaterials, die das offene Bedeutungspotenzial der Schauplätze freilegt und eine dem Nachrichtenfernsehen innewohnende, cinematografische Qualität entdeckt.

In seinem sich stetig weiterentwickelnden Werkkomplex Temporary Occupation (2003–04) untersucht Snyder die Umgebung von Militärstützpunkten der US-Armee außerhalb Amerikas. Die dokumentarischen Bilder analysieren Aspekte des kulturellen Einflusses und der infrastrukturellen Auswirkungen auf ehemals okkupierte Gebiete, die Nachbarschaft noch existierender Basen oder mögliche Orte für neue Stützpunkte in Deutschland, Bulgarien und Japan.

Sean Snyder legt in seinen Arbeiten inhärente visuelle Codes des städtischen Raumes offen. Dadurch erreicht er, dass ausgewählte Tatsachen und scheinbar abseitige Ereignisse als Teil einer globalen Geschichte ästhetischer Kultur interpretiert werden können.

SEAN SNYDER, geb. 1972, lebt und arbeitet in Berlin. EINZELAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL): 2004 Neue Kunst Halle St. Gallen; De Appel, Amsterdam; Galerie Chantal Crousel, Paris; Institute of Contemporary Art, Sofia; 2003 Collective Gallery, Edinburgh; 2002 Gallerie NEU, Berlin; Künstlerhaus Bethanien, Berlin.

Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Publikation zum aktuellen Projekt über Skopje mit einem Text von Matthias Dusini. Ferner wird in Kooperation mit De Appel in Amsterdam, Neue Kunst Halle St. Gallen und Portikus in Frankfurt am Main ein Katalog zum bisherigen Schaffen Snyders herausgegeben.

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Sean Snyder