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Wie kaum ein anderes Medium der Bildenden Kunst hat die Skulptur im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts eine dramatische Entwicklung durchlaufen. Viele dieser Veränderungen sind weder Teil der öffentlichen Rezeption geworden, noch haben sie Eingang in das breite Allgemeinverständnis von Bildender Kunst gefunden. Zeitgenössische Skulptur trifft auf kein breit gefächertes Wissen um ihre Geschichte, ihre Auseinandersetzungen, ihre politischen Implikationen.

Die von Ingvild Goetz und Rainald Schumacher kuratierte Ausstellung Sculptural Sphere zeigt erstmals über 60 Kunstwerke von sechs verschiedenen Künstlern aus der Sammlung Goetz, die der konventionellen Definition der Skulptur nicht entsprechen. Zwar operieren alle gezeigten Werke auf einer narrativen Ebene, jedoch nehmen sie auf völlig verschiedene individuelle und kollektive Vorgänge und Ereignisse Bezug.

Thomas Demand beschränkt sich nicht auf das Feld der Fotografie allein. Er ist ein Bildhauer, der fotografiert und ein Fotograf, der Skulpturen schafft. In seiner Arbeit verwandelt sich ein einzelnes Bild aus dem Strom der Bilder einer sich in den Medien reproduzierenden Wirklichkeit – das dank seiner medientauglichen Geschichte dort einen Platz fand – in eine Studie über das Wesentliche eines Bildes ›ohne Story‹.

Martin Boyce verwendet häufig Objekte, die als Ikonen des modernen Designs selber schon Geschichte haben. Materialien seiner Skulpturen sind klassische Möbelentwürfe etwa von Charles und Ray Eames oder Arne Jacobsens, die er bearbeitet und verändert und so deren utopisches Potenzial von neuem offen legt.

Die von Mark Manders geschaffenen Landschaften, Objekte und Figuren nehmen nicht auf äußere Ereignisse Bezug oder auf unsere kollektive Erinnerung, sondern sind persönlich, sind mit den Worten des Künstlers eine Form des Selbstporträts als Gebäude. Ihm geht es um innere Zustände, um eine extreme Subjektivität, deren außergewöhnliche Objektwelt den Betrachter beeindruckt und tief in die rätselhaften Strukturen des Selbst verstrickt.

Tom Sachs mischt in seinen Skulpturen eine Kritik an den Grundlagen der Moderne mit einer großen Skepsis an der Zivilisation der Industrienationen. Seine Arbeiten verdeutlichen die globale Präsenz des American Way of Life. Mit ihrer souveränen Basteltechnik lassen sie hinter den leuchtenden Fassaden der globalisierten Wirklichkeit deren Abgründe, Kehrseiten und Desaster aufblitzen.

Manfred Pernice deutet in seinen Arbeiten räumliche, architektonische und funktionale Verhältnisse an. Er verbindet malerische, plastische und grafische Elemente zu einem Feld inhaltlicher Möglichkeiten. Gerade wegen ihres unfertigen, skizzenhaften Charakters sind die Arbeiten in einer Balance. Pernices Kunstwerke sind Metaphern für die Ungereimtheiten des modernen, urbanen Lebens mit seiner komplexen Simultanität.

Die räumliche und inhaltliche Erfahrung einer Filmvorführung deklariert sich im Werk 9 Minutes of Form: A Sculpture by Liisa Roberts: Helsinki, March 1993: for Carlos Basualdo von Liisa Roberts als Skulptur. Die Skulptur benötigt keine Ausdehnung in die klassischen Dimensionen von Höhe, Breite und Tiefe. Der Raum definiert sich als Projektion zwischen Lichtquelle, Projektor, Filmmaterial, Linse, Lichtschein und Projektionsfläche. Damit formuliert Liisa Roberts das notwendige Infragestellen der Kategorien des Skulpturalen, das alle gezeigten Werke in der Ausstellung Sculptural Sphere erfordern. Pressetext

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Sculptural Sphere
60 Arbeiten von Martin Boyce, Thomas Demand, Mark Manders, Liisa Roberts, Manfred Pernice, Tom Sachs
Kuratoren: Ingvild Goetz und Rainald Schumacher