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Die Ausstellung "Schweizer Krankheit + die Sehnsucht nach der Ferne" zeigt Positionen zeitgenössischer Kunst seit den 70er Jahren, in denen das Reisen eine zentrale Ausgangsfigur darstellt. Gefühlszustände von Heimweh und Fernweh, die unsere Vorstellungen von Fremde und von Heimat und die Sehnsucht nach dem Anderen und vor allem Abwesenden begleiten, werden in den künstlerischen Arbeiten neu verhandelt.

Die Schweizer Krankheit als Bezeichnung für das Heimweh taucht erstmals im 17. Jahrhundert in Folge der Dissertation eines Baseler Artzes, Johannes Hofer (Dissertatio medica de Nostalgia oder Heimweh, 1688), auf und war seither lange Zeit in der Medizin als solche bekannt. Durch die Beobachtung der Beschwerden von Schweizer Soldaten im Ausland kam Hofer zu dem Schluss, dass das Heimweh Ausdruck der Verletzung einer vertrauten Vorstellungswelt sei. Durch die Wiederbegegnung mit Bildern, Tönen und andere Sinneseindrücken wurden Symptome ausgelöst, die nach damaliger Vorstellung von schwerer Melancholie bis zum Tode führen konnten. So wird überliefert, dass in Frankreich das Intonieren des sog. "Kuhreigens" bei Androhung der Todesstrafe verboten worden sei, da die Schweizer Söldner extrem sensibel auf diese heimatliche Melodie reagierten.

Ausgehend von dem Projekt "so far so good" der Dresdner Künstlerin Nadin Reschke Kindlimann, einer anderthalbjährigen Weltreise, greift die Ausstellung diese Überlieferungen auf und verbindet sie mit einem weiteren Bild: dem Fernweh. Auch die Kulturgeschichte des Reisens und des Fernwehs sind traditionell verbunden mit der Erwartung von Sinneseindrücken, hier der des "exotischen Anderen", die unsere Sehnsucht und Erfahrungen fernab der Heimat konfiguriert.

Das Sammeln von Gegenständen und Bildern als ethnografisches Motiv des Reisens steht in der Ausstellung in Beziehung zu Folklore in Form von Bildern und Klängen als Codes des Vertrauten: Von Joseph Beuys Reise 1974 in die USA und seiner Begegnung mit dem Koyoten, über Raffael Rheinsbergs Erfahrungen in der Transsibirischen Eisenbahn 1984, bis hin zu Lisl Pongers Weltreise durch ihre Heimatstadt Wien 1991/2004 und Bernd Kilians "Einwohner von Dresden" 2000 spannt sich ein Bogen, an dessen Ende sich die Kategorien von Heimat und Fremde unter anderem durch die Lebenswirklichkeit von Migration auflösen. Die Reisen führen nicht nur in die Ferne und die Bilder vom Fremden stellen sich immer wieder auch als die eigenen heraus.

Kuratiert von Christina Beifuss, Maja Linke und Christiane Mennicke

Begleitprogramm 15. DEZ 05 Filmabend: TGV von Moussa Touré, Senegal, 1998, OmU 12. JAN 06 Filmabend und Gespräch mit KünstlerInnen/FilmemacherInnen der Ausstellung: Lisl Ponger und Tim Sharp (Wien) 19. JAN 06 Filmabend: News From Home von Chantal Akerman, B/USA/D, 1976, OV 26. JAN 06 Gespräch mit KünstlerInnen/FilmemacherInnen der Ausstellung: Bernd Kilian und Nadin Reschke Kindlimann

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Schweizer Krankheit + die Sehnsucht nach der Ferne
kuratiert von Christina Beifuss, Maja Linke, Christiane Mennicke

mit Joseph Beuys, Mitch Cope, Uschi Huber, Britta Jonas, Steffi Jüngling, Bernd Kilian, Nadin Reschke Kindlimann, Ulrike Kuschel, Eva Meyer, Lisl Ponger, Raffael Rheinsberg, Eran Schaerf, Antje Schiffers, Tim Sharp, Barthelemy Toguo