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30. März – 31. Juli 2022
Eröffnung Dienstag, 29. März 2022, 19:00 Uhr
Ausstellungsort MAK DIREKTION und MAK-Kunstblättersaal
MAK, Stubenring 5, 1010 Wien

SCHINDLER HOUSE LOS ANGELES
Raum als Medium der Kunst

Kuratorin:
Bärbel Vischer, Kustodin MAK-Sammlung Gegenwartskunst

Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Schindler House, Los Angeles (Rudolph M. Schindler, 1922), widmet das MAK seiner Expositur eine Ausstellung, die Schindlers Auffassung von Kunst, Architektur und Design reflektiert. Die Ausstellung zitiert Schindler selbst, der „Raum als Medium der Kunst“ verstand. Gezeigt werden Skulpturen, Installationen, Objekte, Fotografien, Videos und Projekte von österreichischen und inter- nationalen Künstlerinnen, die Schindlers Formensprache und Ideen beleuchten und deren Positionen in die Geschichte des Hauses eingeschrieben sind. Ein Fokus liegt dabei auf ehemaligen Teilnehmerinnen des international hoch angesehenen MAK-Schindler- Stipendiatinnenprogramms.

Das Wohnhaus des 1914 aus Wien emigrierten Architekten Rudolph M. Schindler (1887–1953) fungiert als Modell für moderne Formen des Zusammenlebens und bündelt seine Auffassung von Architektur. Schindler, der mit experimentellen Konzepten, sozial- utopischen Ideen und hybriden Formen zur Moderne beigetrug, lebte im Schindler House gemeinsam mit seiner Frau Pauline Schindler (1893–1977) und Richard Neutra mit Fami- lie eine Vision seiner Zeit vor, das Wohnen und Arbeiten in der Gemeinschaft.

„Der moderne Architekt denkt den Raum“, schreibt Schindler in seinem Manifest Moder- ne Architektur: Ein Programm (Wien 1912/13), das er in einer Fassung der 1930er Jahre neu formuliert: „Endlich hat der Architekt das Medium seiner Kunst entdeckt: Raum“.

Später erweitert Schindler sein Konzept: „Raum als Medium der Kunst“ zu entwickeln, entspricht seinem Zugang zu Architektur, wie er in einem Brief von 1943 an Elizabeth Mock, Department of Architecture, MoMA, New York, skizziert.

Das Zitat öffnet in der gleichnamigen Ausstellung den Raum für Beiträge der Künst- lerinnen Vincent Fecteau, Andreas Fogarasi, Candida Höfer, Martin Kippenberger, Mar- ko Lulić, Dorit Margreiter, Gordon Matta-Clark, Ulrike Müller, Raymond Pettibon/Jason Rhoades/Hans Weigand, Sasha Pirker, Stephen Prina, Florian Pumhösl, Maruša Sagadin, Rudolph M. Schindler, Julius Shulman, Philipp Timischl und Jenni Tischer.

Die Beiträge der Künstlerinnen stellen Verbindungen zu Imaginationsräumen her, die das Schindler House generiert und beleuchtet Schindlers Architektursprache und Diskur- se zu Raum, Form und Abstraktion. Bespielt werden zwei Ausstellungsräume, die unter- schiedlich temperiert sind: Die Neukontextualisierung des Objekts, des Architekturfrag- ments und des Moduls bilden den Rahmen der Präsentation im MAK-Kunstblättersaal, die in der MAK-Direktion mit historischen Werken sowie Arbeiten zum privaten und öffentlichen Raum korrespondiert.

Als Entrée zur Ausstellung fungiert die Installation Corner (Lulić House No. 1) (2006) in der MAK-Säulenhalle, die Marko Lulić als Raumzeichnung konzipierte. Gezeigt werden unter anderem Fotografien aus der Serie Schindler House, Los Angeles (2000) von Candida Höfer, die Strukturen und Situationen in den Innenräumen fokussierte. Auf- nahmen des Fotografen Julius Shulman aus den 1950er bis 1990er Jahren zeigen, wie es war oder gewesen sein könnte, im Schindler House zu leben. Eine Einrichtung, die Schindler für das Apartment der russischen Emigrantin Beata Inaya entwarf, wird der Installation As He Remembered It, Living Room Category (2011) von Stephen Prina ge- genübergestellt. Prina wählte für seine Arbeit Pink als Symbol, das eine Erzählung zu Rekonstruktion und Original generiert. Inaya wiederum hatte ihre Möbel, die in der Aus- stellung restauriert – ohne Farbschicht – zu sehen sind, mit der Modefarbe Pink bemalt, wie Pauline Schindler einen ganzen Raum im Schindler House.

Ausgehend von der Idee, „Fotografie als Skulptur“ zu konzipieren, verwebt Vincent Fec- teau digitale Fotos zu Collagen bzw. Assemblagen und öffnet den Blick für Fetische des Interieurs. Lose neben Prinas abstrakter Inszenierung des Mobiliars nach Schindler ar- rangiert, skizziert Fecteau Assoziationen des Wohnens.

Die Möbel von Rudolph M. Schindler, die er für sein eigenes Wohnhaus entworfen hatte, werden in der Ausstellung in der filmischen Erzählung Donald Judd and I (2016) von Sasha Pirker thematisiert. Judd ließ nach einem Besuch des Schindler House die Möbel nachbauen und richtete das Whyte Building in Marfa, Texas, damit ein, wo er auch abstrakte Malereien aus den 1960er Jahren zeigte. Das Ensemble besteht bis heute. Rudolph M. Schindlers Vorbild war Frank Lloyd Wright, in dessen Architekturbüro er vier Jahre gearbeitet hatte und den Schindler als „Raum-Architekt“ bezeichnete. Dorit Margreiter dokumentiert in ihrer Fotoserie Textile Blocks (2019) die aus geometrischen Formen als fortlaufendes Muster zusammengesetzten Baumodule der Fassade des Ennis House (1924) von Wright in Los Angeles. Die als Band strukturierten Blöcke verweisen auf die Verbindung zwischen Textil und Architektur. In seiner Werkserie Plastik (2018) testet Florian Pumhösl modernistische Modelle der Abstraktion, die er zu skulpturalen Formen bündelt. Die fragilen Arbeiten aus Gips verbinden Ornament und Raum. Rudolph M. Schindlers konzeptuellem Denken spürt in der MAK-Ausstellung unter anderem die Installation Perceptual Screen (Schindler’s Terrace, 4800 Hollywood Blvd, L.A. (2019) nach, die Jenni Tischer gemeinsam mit dem in L. A. lebenden Künstler Rand Sevilla entwickelte. Die Arbeit nimmt Bezug auf eine modernistische Terrassenanlage von 1925, die Schindler mit Unterstützung von Richard Neutra am Olive Hill plante. Philipp Timischl bespielt in seinen Fotografien Too blessed to be stressed, too broke to be bothered (2019) den öffentlichen Raum von Los Angeles. Für ein Fotoshooting hat er einen Drag-Charakter entwickelt, der verschiedene Posen in der Stadt einnimmt. Das Metro-Net Projekt (1990er Jahre) von Martin Kippenberger führt in den imaginären Raum des Reisens und verbindet Kontinente – der für Tokio geplante Lüftungsschacht war 1998 im Garten des Schindler House installiert.

Als Rahmenprogramm zur Ausstellung wird der Film Schindlers Häuser (2007) von Heinz Emigholz gezeigt (MAK-Vortragssaal: Di, 19.4.2022, 18:30 Uhr und Di, 3.5.2022, 18:30 Uhr).

MAK Center for Art and Architecture, Los Angeles
1994 vom MAK unter der Direktion von Peter Noever in Kooperation mit dem Bundes- kanzleramt Österreich/Kunstsektion und den „Friends of the Schindler House“ als Au- ßenstelle des MAK gegründet, setzt das MAK Center ein außergewöhnliches Konzept um: Drei architekturhistorisch bedeutsame Schindler-Häuser werden für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt – neben dem Schindler House (R. M. Schindler, 1922) in West Hollywood das Fitzpatrick-Leland House (R. M. Schindler, 1936) und die Mackey Apart- ments (R. M. Schindler, 1939). Fixer Bestandteil des MAK Center ist sein internationales MAK Artists and Architects-in-Residence-Program.