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Das Sichtbare ist ein unerschöpflicher Raum, in dem das Auge navigiert. Dieser ist strukturiert als Überraschungsraum für Anblicke. Ich blicke an den Horizont: Eben war der Leopard noch nicht da, auf einmal ist er da. Weil ich so organisiert bin, daß mir die Anwesenheit des Leoparden nicht gleichgültig sein kann, löst sein Auftauchen am Horizont bei mir über den Anblick existentiellen Stress aus. Stress heißt: ein bisher Unsichtbares wird zu einer gefährlichen Gegenwart, und das vital erregte Auge liefert das Material zu einem Ernstfall-Urteil. Das Bild entsteht, wenn der Leopard in die Ewigkeit springt.

Die moderne Welt baut auf den Tatsachen der Forschung auf. Was Forschung heißt, ist ein Verbund von Techniken zur Wegarbeitung des Verborgenen. Das bedeutet nichts anderes, als daß Dinge, die bisher eingefaltet im Dunkeln lagen, an die beleuchtete Oberfläche geholt werden. Seit mehreren Jahrhunderten sind Künstler mit den Naturwissenschaftlern und Historikern verschworen, um den Großangriff gegen die Verborgenheit zum Ziel zu führen.

Peter Sloterdijk, Wien 2006

Pressetext

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SCHARFES AUGE

mit Pierre Bismuth, Jacqueline Chanton, Jimmie Durham, G.R.A.M., Johanna Kandl, Michaela Math, Micha Payer, Tex Rubinowitz, Rémy Zaugg, u.a.