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Die Generali Foundation steht für diskursorientierte, kritische und konzeptuell ausgerichtete Kunst von den 1960ern bis zur Gegenwart. Nach vier umfassenden und höchst erfolgreichen Präsentationen im Ausland widmet die Foundation nun erstmals seit 2003 ihrer Sammlung internationaler zeitgenössischer Kunst wieder eine Ausstellung im eigenen Haus in Wien.

„Some of it is familiar“, „Some of it is unknown“ und „There is always more of it being revealed“ – diese Textpassagen aus der Diaprojektion "It can change…" (1970/71) von Robert Barry dienen gleichsam als Devise dieser Sammlungsausstellung. Denn neben einigen bekannten Schlüsselwerken wie VALIE EXPORT’s "TAPP und TASTKINO" (1968) werden vorwiegend Neuankäufe gezeigt – darunter einige Werke, die erstmals in Wien zu sehen sind.

Selbstverständlich gibt es in der mehr als 2000 Werke umfassenden Kollektion der Generali Foundation auch viele andere Positionen, die vorgestellt werden können. Denn die Foundation führte auch in den letzten Jahren die bewährte Praxis fort, die umfangreichen Recherchen zu Retrospektiven wie beispielsweise der von Edward Krasinski auch für Ankäufe zu nutzen und parallel dazu gezielt Arbeiten einer jüngeren Generation zu sammeln. Die für die aktuelle Schau ausgewählten Werke geben Einblick in diese privat finanzierte Kunstsammlung, die sich aufgrund ihrer fokussierten, konzisen wie inhaltlich qualitätvollen Ausrichtung international einen hervorragenden Namen gemacht hat. Da die Generali Foundation anders als viele öffentlichen Institutionen nicht versucht, das gesamte Spektrum aktueller Tendenzen abzudecken, sondern konsequent ihr Programm vertieft, ergeben sich zwischen den einzelnen Werken und den verschiedenen künstlerischen Verfahren unweigerlich auf verschiedenen Ebenen Verbindungen und Korrelationen.

Heimo Zobernigs speziell für die Sammlung produzierter Beitrag von 2007 ist beispielsweise in seiner den traditionellen Skulpturbegriff erweiternden Funktionalität mit Dan Grahams "New Design for Showing Videos" (1995) vergleichbar. In ihrer präzisen Umsetzung von Präsentationsformen für eine zeitgenössische Kunstinstitution strukturieren beide Künstler die Rezeption der BetrachterInnen und lenken so die Wahrnehmung auch auf den institutionellen Rahmen, stellen diesen gleichsam mit aus. Hier zeigen sich wiederum Berührungspunkte mit Andrea Frasers institutionskritischer Arbeit "Kunstvermittlung" (1995), die ebenfalls im Auftrag der Generali Foundation entstanden ist und diese Institution explizit untersucht.

Das Interesse an den Anfängen des Films teilen Allan Sekulas "Untitled Slide Sequence" (1972) und die Film- und Videoinstallation "Grandeur et décadence d’un petit commerce de cinéma (Aufstieg und Fall eines kleinen Kinounternehmens)" von Dorit Margreiter (2004). Sekula sucht in seiner Diaprojektion, die motivisch an den Lumière-Film Arbeiter verlassen die Fabrik angelehnt ist, die Limitationen des fotografischen Einzelbildes zu umgehen, indem er eine Sequenz von Bildern aneinander reiht und sie zusätzlich mit einer genauen Beschriftung historisch und damit auch politisch verortet. Margreiter hingegen legt bei ihrer Arbeit den Akzent auf die umfassende Fiktionalität von konventionellen Spielfilmen, in denen selbst Städte eine „Rolle“ spielen können, indem sie eine andere Stadt „doubeln“. Ebenfalls mit der Konstruktion von Narration beschäftigt sich der ursprünglich aus Argentinien stammende David Lamelas in seiner Filminstallation "Cumulative Script" (1971). Mittels Wiederholung, Akkumulation, Selektion und veränderter Anordnungen von Sequenzen verweist er in seinen filmischen bzw. fotografischen Analysen auf grundlegende filmische Verfahren.

In der Filminstallation "Programm" (2006) geht es Florian Pumhösl, so wie Margreiter, um einen spezifischen Ort und dessen filmische Repräsentation. Allerdings versucht er den besonderen historischen Moment, dem sich ein modernistisches Haus, die Casa Modernista, verdankt, herauszuschälen, um letztlich eines bedeutungsvollen Bildes „habhaft zu werden, es zu rekonstruieren, zuzuordnen und zu speichern“ (Pumhösl). In dieser 2006 für die Bienal de São Paulo entstandenen Arbeit, die erstmals in Österreich zu sehen ist, setzt sich der Künstler zudem anhand dieses Gebäudes mit der aktuellen Neupositionierung nicht-westlicher Avantgarden auseinander.

Diese kritische Auseinandersetzung mit der Moderne und deren fast archäologische Analyse im Medium Film stehen im Gegensatz zur Walter Pichlers avantgardistischer Weiterführung modernistischer Architekturprojekte. "Pneumatischer Raum" (Prototyp 5, 1966), der für diese Ausstellung rekonstruiert wurde, erlaubt erstmals mehr als 40 Jahre nach der Zerstörung des Originals die Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Beispiel österreichischer Architekturutopie der 1960er Jahre. Mit der Rekonstruktion von Pichlers Werk setzt die Generali Foundation ihr Bestreben fort, verloren gegangene Schlüsselwerke der 1960er und 1970er Jahre einem heutigen Publikum zugänglich zu machen, wie sie es auch mit der Rekonstruktion des wohl bekanntesten Werks von VALIE EXPORT getan hat, dem "TAPP und TASTKINO".

Diese hier kurz skizzierten vielfältigen Bezüge zwischen den einzelnen Werken müssen unvollständig bleiben – um mit Barry zu sprechen: „Descriptions of it are incomplete.“ Und noch wichtiger – es lassen sich auch gänzlich andere Verbindungslinien herstellen. Diese betonen dann Aspekte der Temporalität oder auch Kritikalität der einzelnen Werke und Werkgruppen. Dann steht das Auto-Destructive Monument von Gustav Metzger (1960) im Vordergrund und damit Fragen nach den genauen historischen Bezügen von Kunst und der damit verbundenen sozialen wie politischen Verortung von Kunst.

In diesem Zusammenhang müssen auch die neuen Filme von Klub Zwei (Simone Bader/Jo Schmeiser) erwähnt werden, die im Rahmen des umfangreichen Begleitprogramms zur Ausstellung präsentiert werden. Oder es können auch unterschiedliche Aspekte von Performativität hervorgehoben werden. Dann nimmt die Werkgruppe von Edward Krasinski eine zentrale Position ein. Schließlich können auch die präsentierten Werke im Hinblick auf die medienspezifischen Analysen der künstlerischen Mittel hin befragt werden, wobei dann die Filminstallation "Version" (2004) von Mathias Poledna wichtige Anknüpfungspunkte liefert, aber auch zahlreiche andere filmische und performative Untersuchungen, die im Video-programm der Ausstellung laufen.

Dieses hier angedeutete enge Beziehungsgeflecht zwischen den einzelnen Positionen verdankt sich der konsequenten Sammlungstätigkeit der Generali Foundation in den letzten zwei Jahrzehnten. Es aufzuspüren, legt die Ausstellung nahe.

Zuletzt war die Sammlung Generali Foundation im Rahmen einer internationalen Ausstellungstour 2005 in München, Rotterdam und Zagreb in großem Umfang zu sehen. Bis Anfang Mai dieses Jahres lief unter dem Titel "For a Special Place" noch eine Sammlungsausstellung im Austrian Cultural Forum in New York. International präsent sind zahlreiche Werke der Sammlung zudem in Form von Leihgaben in Ausstellungen anderer Kunstinstitutionen – aktuell Werke von Gordon Matta-Clark in der Retrospektive des Künstlers am Whitney Museum of American Art in New York oder von VALIE EXPORT in ihrer erst kürzlich gezeigten Einzelausstellung in Moskau. In den Räumen der Generali Foundation in Wien wurde die internationale Sammlungstour von einer Reihe thematischer Ausstellungen flankiert, in denen zentrale Themen der Sammlung behandelt wurden, darunter Ost/West, Kunst und Politik oder zuletzt Konzeptkunst. In diesem Ausstellungszyklus wurden weniger Sammlungswerke präsentiert, als vielmehr Neuankäufe vorbereitet.

Künstlerische Leitung und Geschäftsführung, Kuratorin: Sabine Breitwieser Assistenz-Kuratorin, Ausstellungsproduktion: Bettina Spörr

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SAMMLUNG
Kuratoren: Sabine Breitwieser, Bettina Spörr

Werke von Robert Barry, VALIE EXPORT, Andrea Fraser, Dan Graham, Klub Zwei , Edward Krasinski, David Lamelas, Dorit Margreiter, Gustav Metzger, Walter Pichler, Mathias Poledna, Florian Pumhösl, Allan Sekula, Heimo Zobernig ...