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Eröffnung: Freitag, 6. Juni 2008, 18.30 Uhr

Mit der Ausstellung «Something Vague» von Ryan Gander (*1976) zeigt die Kunst Halle Sankt Gallen in diesem Sommer einen renommierten Vertreter der jungen britischen Kunstszene. Sein Werk, welches durch eine Vielzahl formaler Mittel und Medien geprägt ist, zeichnet sich durch eine konzeptuelle Herangehensweise und visuelle Einfachheit aus. Der Künstler wird in der Kunst Halle Sankt Gallen seine erste grosse institutionelle Einzelausstellung in der Schweiz präsentieren, die dem Publikum einen vertieften, aktuellen Einblick in sein Schaffen gewährt und seine Themen sowie künstlerische Herangehensweise veranschaulicht.

Das Verwirrspiel zwischen wahren und fiktiven Geschichten zieht sich wie ein roter Faden durch das diesjährige Programm der Kunst Halle Sankt Gallen. Ryan Ganders OEuvre dreht sich grösstenteils um die Dekonstruktion und Offenlegung von Erzählstrategien. Neben Videoinstallationen, Skulpturen und Fotografien umfasst seine künstlerische Praxis auch Talks, die sich wie Performances gestalten, oder Künstlerbücher, die als Drehbücher für Fernseh- Serien erscheinen. Trotz dieser Heterogenität fokussieren und thematisieren Ganders künstlerische Arbeiten die Frage nach der Rolle der Form. Als finale Erscheinung der Inhalte ist es tatsächlich immer die Form, die das Substrat der kognitiven, kreativen und sinnlichen Prozesse des Produzenten und Rezipienten bildet.

Für die Kunst Halle Sankt Gallen hat Ryan Gander ein spezielles Ausstellungsdisplay entwickelt: Die beiden Videoinstallationen «The Last Work» (2007) und «The Last Work Too» (2008) sind nicht nur räumlich symmetrisch gebaut, sondern stehen auch inhaltlich in enger Wechselwirkung. Der Innenbereich des Projektionsraumes wird von einem elektrisierenden Blauton dominiert, der an das videotechnische Verfahren der BlueBox erinnert. Dort laufen zwei Filme, die jeweils den Arbeitsweg des Künstlers zeigen: Der eine Film doku- mentiert die Strecke von zu Hause in sein Studio und der andere Film macht den Weg von seinem Studio nach Hause sichtbar. Die beiden Spaziergänge in den Strassen von London an der Seite des Künstlers werden auf der Tonspur von einer Off-Stimme begleitet. Diese liefert Kommentare über künstlerische Prozesse und formelle Wechselwirkungen zwischen der Stadt als Inspirationsquelle und der künstlerischen Arbeit, die gerade produziert wird. Gander realisiert so auf eine kluge Art und Weise einen Kurzschluss zwischen divergierenden Raum- und Zeitzonen: Die Entstehung des Kunstwerkes und seine Betrachtung werden erst durch das Publikum wieder vereint.

Der von Ryan Gander konzipierte Parcours führt sogar in den Aussenraum, so dass die räumliche Dimension der Kunst Halle und ihr Einfluss auf die Entwicklung der Ausstellungsdramaturgie thematisiert und neu definiert wird. Nur über den Hinterhof der Kunst Halle, wo die Skulptur «Milestone» (2006/2008) aus dem Boden ragt - eine Hommage an Le Corbusier, hat man Zugang zum letzten Raum. Dieser wird durch Werke bestimmt, die sich durch Minimalismus und Unsichtbarkeit charakterisieren und mittels der Idee von Abwesenheit überraschen, die sich aber schnell als bewusste Täuschung entpuppt. So animiert z.B. «Making it up as he went along (Alchemy Box 7)» (2008) die Fantasie des Betrachters: Der weisse Sockel ist in der Tat eine mit Objekten gefüllte Kapsel, wobei eine an der Wand hängende Inventarliste das Innenleben des Sockels offenbart. Darüber hinaus wird eine ganze Wand zur ortsbezogenen Installation, indem hinter dem frisch verputzten Gips eine ganze Erzählung für immer versiegelt sein wird. Damit stimuliert der Künstler nicht nur die Neugierde (Grundvoraussetzung des Gegenwartskunstpublikums), sondern thematisiert durch das Aufsetzen einer neuer Schicht auch die Ge-Schichte einer Institution («She walked ahead, leading him through a blizzard of characters», 2008).

Ganders Ausstellung ist ein facettenreiches Entdeckungsfeld, welches den Besucher durch ein bewusstes konzeptuelles Vorgehen gezielt herausfordert. Durch Hinterfragung von Erzählstrukturen und Wahrnehmungsprozessen und die damit entstehende Bedeutungssuche und -findung, thematisiert Gander das menschliche Grundbedürfnis nach Erzählungen, aber auch die Schwierigkeit diese zu gestalten und in letzter Analyse zu interpretieren.

Ryan Gander ist 1976 in Chester geboren, lebt und arbeitet heute in London und Amsterdam. Er studierte an der Manchester Metropolitan University bevor er die Jan Van Eyck Academie, Maastricht (1999-2000) und die Rijksakademie, Amsterdam (2001-2002) besuchte. Seine Arbeiten waren u.a. bereits in South London Gallery, London 2008; ikon gallery, Birmingham 2008; CCA Wattis Institute, San Francisco 2007; Stedelijk Museum, Amsterdam 2007; Tate Britain, London 2006; MUMOK, Wien 2006 zu sehen. In der Schweiz wurde Gander bekannt, als er 2005 den Bâloise Kunst-Preis für seine Audio-/Videoarbeit «Is this guilt in you too» – (Study of a car in a field) (2005) gewann, der im Rahmen der Art 36 in Basel verliehen worden ist.

Die Ausstellung «Something Vague» wird in einer leicht veränderten Form vom 30. 8. – 2. 11. 2008 im Bonner Kunstverein gezeigt.

Die Realisation der Ausstellung «Something Vague» wurde ermöglicht dank: Marie Müller-Guarnieri-Stiftung, St. Gallen; Stanley Thomas Johnson Stiftung, Bern; TW Stiftung, St. Gallen; George Foundation, Winterthur; Jakob Schläpfer, St. Gallen; Multigips AG, St. Gallen; Belcolor AG Flooring, St. Gallen. Die Kunst Halle Sankt Gallen wird unterstützt von der Stadt St. Gallen, Kulturförderung Kanton St. Gallen, Swisslos, Bundesamt für Kultur, Migros Kulturprozent, Fondation Nestlé pour l’Art (Partenariat), sowie dem St. Galler Tagblatt.

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Ryan Gander
Something Vague

Stationen:
07.06.08 - 10.08.08 Kunsthalle St. Gallen
30.08.08 - 02.11.08 Kunstverein Bonn