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Roland Kollnitz' Skulpturen entstehen im Zusammenhang mit alltäglichen Situationen oder Gegebenheiten, die ihn als Künstler konfrontieren. Unterschwellig findet sich in den Arbeiten, zu denen auch Fotografien und Videos gehören, oft eine Psychogrammatik und Situationskomik, die irgendwie an Filme von Jacques Tati erinnern. Das Zusammentreffen mit den Repräsentationsformen der modernen Welt erzeugt eigenartige ironisch-tänzelnde, poetische Figuren und Momente, die immer ein bisschen auf die Seite treten um einen anderen Blick auf eine Konstellation frei zu geben. Kollnitz thematisiert, wie wir Positionen performen, ununterbrochen Gestaltungsentscheidungen treffen und Dinge und Verhältnisse in Formation bringen.

Lose ausgemachte Termine mit der Galeristin, die ständig durch BesucherInnen und Anrufe unterbrochen werden, ergeben beispielsweise den Bedarf nach einer Skulptur, die im weitesten Sinne den ganzen Körper beruhigt, ihm eine Art Hilfestellung, Halt und Ruhe inmitten des Getriebes ermöglicht. Diese Arbeit mit dem Titel "21", 2000 kreierte einen eigenen Ort für den Künstler in der Galerie.

Anforderungen und soziale Umstände des Alltagslebens sind immer auch mögliches Interaktionsfeld für skulpturale Stellungnahmen und Stützpunkte. Dabei kitzelt Roland Kollnitz das latent vorhandene ästhetische Potenzial aus dem Gegebenen - wenn er "Lachfalten züchtet" ebenso, wie wenn er nur mit Nägeln der Marke "Don Quichotte" arbeitet.

Mit Titeln wie "Skulpturen sind super" und "Spielbein" bezieht sich Roland Kollnitz lakonisch auf Entwicklungen und Themen in der Bildhauerei. Das Spielbein ergibt sich aus dem Kontrapost, einer Methode der Darstellung aus der griechischen antiken Bildhauerei, bei der die Körperteile um eine zentrale Vertikalachse angeordnet werden und es zu einer seitlichen Verschiebung des Oberkörpers kommt. Dadurch werden die Figuren bewegter und raumgreifender, ein S-Schwung kommt dabei zur Geltung. Wurden diese Haltungsformen früher in Stein gemeißelt, so lädt Kollnitz die BetrachterInnen ein, diese Position selbst auszufüllen.

Ähnlich wie in der Minimal Art nutzt Kollnitz auch Eigenschaften des Materials und des Verarbeitungszusammenhangs als Kompositionsprinzip. Die Größe seiner Skulptur "Model", 2004 ergibt sich beispielsweise aus der Höhe des Emailbrennofens, die Höhe der Skulptur "(Wiener) Kletterstange 1897", 2003 aus dem Gründungsjahr der Wiener Secession.

Im Gegensatz zu Yves Kleins "Sprung ins Leere" klettert Roland Kollnitz ins Leere: Fotografien zeigen ihn hoch oben auf einer seiner vertikalen Kletterstangen-Skulpturen. Andere Fotografien zeigen ihn im Handstand vor einer Maillol Skulptur. Diese situativen Performances koppeln ein poetisch-verwegenes Moment an die reduzierte Formensprache.

Seine Interventionen - Einmischungen in Galeriegestaltung und Architektur, die er auch in seiner aktuellen Ausstellung fortsetzt, erinnern an Ansätze aus der Institutional Critique und beinhalten auch den Aspekt der "Dienstleistung". Im Gegensatz aber zu den strategisch kühlen institutionskritischen Interventionen, bei denen es darum geht, den ideologischen und strukturellen "Support" des Kunstsystems freizulegen, und zu den smarten dienstleisterischen Ansätzen, fungieren Kollnitz' Bemühungen als "Selbstzweck", um die Bedingungen für seine Skulpturen zu verbessern. Einerseits perfektioniert er die neutrale Ausstrahlung des "White Cube", andererseits sind seine Eingriffe aber wieder so improvisierend, idiosynkratisch und Material-recyclend, dass sie den Charme des Unperfekten kultivieren. Als prozessuales Konzept ziehen sich die Galerieumbauten durch Kollnitz' Ausstellungen in der Galerie Hohenlohe&Kalb und veranschaulichen, dass die Galerie nicht nur für die Kunst arbeitet sondern auch an sich selbst.

Cosima Rainer Pressetext

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Roland Kollnitz - Spielbein