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Die Leere und das Erschrecken Der Goslarer Kaiserring 2005 geht an Robert Longo Dem amerikanischen Künstler Robert Longo wird der Kaiserring der Stadt Goslar für das Jahr 2005 verliehen. Das gab Goslars Oberbürgermeister Dr. Otmar Hesse am Freitagabend beim traditionellen Neujahrsempfang in der Goslarer Kaiserpfalz bekannt – und er machte dem Künstler damit zufällig auch gleich ein Geburtstagsgeschenk: Robert Longo wurde am 7. Januar 1953 in Brooklyn, New York, geboren. Er lebt und arbeitet in New York City.

Mit Robert Longo würdigt die Jury einen Mann, der „zu den ernsten, unabhängigen Künstlern unserer Zeit“ gehört: „Wir kennen kaum eine radikalere und zwingendere Auseinandersetzung mit der zerstörten Welt von Gestern.“ Definitiven Ausdruck hat diese Auseinandersetzung im vorerst letzten Zyklus, den großformatigen Darstellungen der Atombombenexplosionen, gefunden. Zu den bekanntesten Werken gehört das umfassende Projekt „Magellan“ mit seinen 366 Kohlezeichnungen.

Immer wieder dreht sich Longos Schaffen um Vernichtung und Leere. Beispielhaft sind etwa die Zeichnungen des „Freud-Zyklus“, die vor drei Jahren Furore machten und sich an die Fotografien der von Sigmund Freud verlassenen Wohnung in der Berggasse in Wien anlehnen. Der Mensch wird in diesen verlassenen Schauplätzen durch Dinge und Gegenstände vertreten, die als Monumente der Leere vor allem die Abwesenheit ihres Besitzers wiedergeben. Die Jury: „Der Betrachter der Kohlezeichnungen begreift, dass diese Wohnung nichts anderes birgt als die Zusammenfassung einer ausgelöschten Zeit.“

Von Anfang an arbeitete Longo mit übermittelten Bildern, die Bekanntes und Vergangenes zeigen und die er mischt und gegenüberstellt. Alltagsklischees, die Film und Fernsehen produzieren, treten in den Vordergrund und spiegeln wider, was amerikanische Ästhetik grundsätzlich auszeichnet: das Recycling, das Wieder- und Neu-Sehen, das Bild als Zitat. In den achtziger Jahren hatte er mit dieser Praxis seine ersten großen Erfolge. 1990 nannte ihn der Katalog des County Museum in Los Angeles „einen der provokantesten Künstler Amerikas“.

Später beschränkt Longo sich mehr und mehr auf einzelne Sujets. Dazu gehören schwarze Fahnen, riesige Kreuze aus Stearin, Pistolen. Und schließlich Freuds Wohnung, das Tor zum Haus, in dem Trotzky ermordet wurde, die Atombomben.

Robert Longo wird den Kaiserring – einen der weltweit renommiertesten Preise für moderne Kunst – in einer Sondersitzung des Goslarer Rates am 8. Oktober in Empfang nehmen. Vor ihm haben diesen Preis unter anderem Henry Moore, Max Ernst, Alexander Calder, Joseph Beuys, Günther Uecker, Georg Baselitz, Christo, Gerhard Richter, Rebecca Horn, Ilya Kabakov, Cindy Sherman, Sigmar Polke, Christian Boltanski, Jenny Holzer, William Kentridge und im letzten Jahr Katharina Sieverding erhalten.

Seit 1976 hat Robert Longo an internationalen Ausstellungen teilgenommen und hatte zahlreiche Einzelausstellungen in den USA. Zwei Mal waren seine Werke bei der „documenta“ in Kassel (1982 und 1987) zu sehen. Robert Longo ist in den späten siebziger Jahren aus der „New Wave Scene“ hervorgegangen. Er arbeitet mit unterschiedlichsten Medien, ist Maler und Zeichner, schafft Filme, Skulpturen und Collagen, Performances und Rauminstallationen.

Hatte er seine Künstlerkarriere mit Schwarzweiß-Zeichnungen begonnen, ist Robert Longo berühmt geworden „als Hansdampf in allen Medien, als einer, der auf Risiko lebt und arbeitet, der ständig Neues erprobt und Bewährtes aufs Spiel setzt“ (art, 1997). In den siebziger und achtziger Jahren machte er vor allem durch aufwendige Multimedia-Experimente mit Performance und Rockmusik sowie durch enorme futuristische Installationen von sich reden, bevor er 1996 mit dem „Magellan“-Projekt zur Zeichnung zurückkehrte.

In seinen Arbeiten reflektiert er in erster Linie Situationen der Bedrohung und Gewalt. Das gilt für die jüngsten Zeichnungen des Freud-Zyklus, die mit ihrer Dunkel- und Symbolhaftigkeit Vorstellungen von Desaster und Fatalität vermitteln. Das gilt für die früheren kombinatorischen Installationen wie „Samurai Overdrive“, in der sich die einzelnen Elemente zum Signet elektronisch präziser Kriegstechnologie verbinden. Das gilt für die monumentalen Metallreliefs und brachialen Bronzefiguren, die den Betrachter einschüchtern. Und das gilt selbst für die berühmte Serie „Menschen in den Städten“, für die Longo seine Modelle mit Tennisbällen bewarf und ihre Abwehrreaktionen im Bild festhielt.

Nicht zuletzt reagiert Longo mit seiner multimedialen Kunst auf die permanente Reizüberflutung und thematisiert die Macht der Bilder. Der Künstler dazu: „Die Medien können uns so leicht verführen, weil ihre Bildsprache so einfach ist. Es ist eine Sprache der Gewalt.

Pressetext

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Robert Longo - Kaiserringträger der Stadt Goslar 2005