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Monika Sprüth und Philomene Magers freuen sich, im Rahmen der aktuellen Ausstellung Arbeiten von Richard Prince aus den letzten zwanzig Jahren zu präsentieren. Im Jahr 1988 war Richard Prince bereits mit fotografischen Arbeiten aus den frühen 80er Jahren in der Gruppenausstellung „Das Licht von der anderen Seite II / Fotografie“ in der damaligen Galerie Monika Sprüth in Köln zu sehen.

Mit den Fotografien der Werkgruppen der Cowboys, der Desert Islands, der Gangs und der Upstate Series sowie mit den Skulpturen Tire planters markiert der Künstler wesentliche Aspekte seines künstlerischen Schaffens seit Beginn der 80er Jahre. Der Begriff der „Appropriation Art“ wurde maßgeblich durch Richard Prince geprägt. Seine künstlerische Strategie der Aneignung fremder Bildwelten kann als eine Initialzündung für eine Generation von KünstlerInnen gesehen werden, die zu Beginn der 80er Jahre den künstlerischen Diskurs über die Frage nach Autorschaft und Originalität des Kunstwerks zum Sujet ihrer Arbeit machten.

Ende der 70er Jahre zog Richard Prince nach New York und arbeitete dort zunächst bei Time-Life. Dort war es seine Aufgabe, Magazine durchzusehen und die Artikel an die jeweiligen Autoren weiterzuleiten. Nachdem nun die Artikel aus den verschiedenen Magazinen entfernt worden waren, blieb die Werbung, das „autorenlose“ Material der Printmedien übrig. Diese viel zitierte Anekdote aus dem Leben des Künstlers führt zu den grundlegenden Strukturen der Arbeit von Richard Prince: Durch die Ansammlung der Werbe-Bilder stellte sich für den Künstler eine hyperreale Welt aus perfekt aussehenden, Luxus konsumierenden Menschen in einer Hochglanzwelt dar.

Prince begann, sich diese Bilder der „Social Science Fiction“ (Prince) anzueignen. Mit dem Fotoapparat, den „electronic scissors“ (Prince), wählte er Ausschnitte ohne Text und brachte diese (Re-)Fotografien in den Kontext der Kunst. Dieser simple Akt hatte große Wirkung: Handelte es sich nun bei diesen Bildern nun um Originale? Waren sie echter als das Original? Wer und wo verblieb der Autor? Wo ist die künstlerischen Erfindung, wo das Künstlergenie? Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, zwischen „high art“ und „low art“ sowie zwischen massenkompatibler Werbe-Ikonographie und dem originären Kunstwerk befinden sich in einer Grauzone und sind nicht mehr klar zu definieren.

Durch die Aneignung der vorgefundenen Bildwelten sowie durch die Präsentation dieser Fotografien in Serien entlarvt Prince die Mythen des mittelständischen Amerika und zeigt dem Betrachter zugleich die Codierung dieser Mythen. Neben den Bildern aus der Werbung für Luxusartikel wie Uhren oder Kosmetik greift Prince vor allem das Bild des Cowboys aus der Marlboro-Werbung auf. Mit den Arbeiten in dieser Ausstellung zeigt Prince die Vision des „Lonesome Cowboy“, der in der weiten, atemberaubenden Landschaft von Nordamerika harte körperliche Arbeit verrichtet und gleichzeitig die raue Schönheit der Natur genießt und zugleich Traum kleiner Jungen und Sehnsucht im grauen Alltag gefangener Männer ist. Die inszenierten, grell kolorierten Bilder geben vor, das „real thing“ zu zeigen, das echte Leben, frei von den Fesseln des Alltags. Die Massenmedien funktionieren als Erzeuger von Wirklichkeit.

Auch die Desert Islands, die Cartoons aus Tageszeitungen, haben meist keinen nachweisbaren Autor und stellen eine vorgefundene Bildwelt dar, die von Prince in seine Arbeit übernommen wird. Auf dem fantastisch paradiesischen Hintergrund, den Prince von verschiedenen Reiseprospekten übernommen hat, sind ausgeschnittene Cartoons montiert, wobei diese Komposition erneut fotografiert ist. Prince schafft wieder Bildschicht über Bildschicht, so dass die klar definierten Grenzen des Bildes im Hinblick auf seine Definition diffus werden.

Inhaltlich thematisieren diese Witze die Klischees der Rollen von Mann und Frau, die in den dargestellten Situationen ins Extreme steigern: je ein Paar oder zwei Männer und eine Frau finden sich auf einer einsamen Insel wieder. Das Bild des perfekten Paradieses im Hintergrund kollidiert mit der Vorstellung, in die Einsamkeit verbannt zu sein, sowie mit den Klischees von Mann und Frau und den damit verbundenen Ängsten und Wünschen. Prince berührt Sehnsüchte und Ängste, Mythen und Klischees durch die Kombination vorgefundener Bildwelten und dem erneuten Ablichtungsvorgang.

In der Form der Gangs – ein Synonym für den Kontaktabzug sowie für eine subkulturelle Gruppe – findet die Idee der Serialität eine neue Ebene. Prince vergrößert den Kontaktabzug aus dem Fotolabor auf ein großes Format, wobei die Abstände zwischen den einzelnen Bildern durch das Labor, bzw. die Rahmen der Dias bestimmt werden. Hier wird nicht nur die Form der fotografischen Arbeit durch die Appropriation vorgefundener Gegebenheiten bestimmt, sondern zugleich herausgestellt, wie sehr die Reproduktion an sich zur Entstehung von Stereotypen beiträgt. Zudem zeigt sich für Prince die Gelegenheit auf, eine weitere Bildebene zu schaffen: „I realized I could have a whole show on one piece of paper, instead of nine or twelve pictures in one room, on different walls.“ (Prince).

Mit der Upstate Series fotografiert Prince nun die erlebte Realität: sein persönliches Umfeld in Upstate New York. Die Fotografien zeigen sein Haus, einen Basketballkorb auf einem Feld oder einen Baum, um den sich ein alter Autoreifen windet. Indem er nun diese Arbeiten in die Ausstellung integriert, schafft Prince eine Verflechtung der fiktiven Welt der Werbung, bzw. der Cartoons und der erlebten Welt des tatsächlichen Lebensraums des Künstlers. Diese Fotografien sind nun jedoch auch nur Bilder, bzw. eigenen Objekte, die vorgeben, Realität abzubilden.

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